Kapitel 19 [Marcus]

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„Marcus", brummte Jesse leise in meinen Armen, während ich Kreise auf seinem Rücken zeichnete. Momente wie diese waren einfach nur traumhaft.
„Hm?" Lächelnd blickte ich ihn an. Seine Augen waren geschlossen und hätte er nicht mit mir geredet, würde man denken, dass er schlief.
„Lass uns unsere Beziehung öffentlich machen."
Er sprach diese Worte mit so einer Leichtigkeit aus, dass ich mir erst nicht ganz sicher war, ob er es ernst meinte. Langsam setzte ich mich auf, wodurch er dann die Augen öffnete.
„Was hast du gerade gesagt?", fragte ich verblüfft nach.
„Dass wir unsere Beziehung öffentlich machen sollten. Ich will es deinen Eltern sagen und der ganzen Schule und...meinen Eltern." Zum Ende hin wurde er immer leiser, dann fing er wieder an zu reden: „Jeder soll wissen, dass du nur mir gehörst. Ich liebe dich, Beans."
Sanft strich ich ihm über die Wange. „Wenn du das wirklich willst, dann machen wir das."
Ich wollte es sowieso schon länger machen, aber hatte noch auf sein Einverständnis gewartet.

Jesse nickte hektisch und küsste mich dann kurz.
„Lass es uns jetzt sofort deinen Eltern sagen!" Übermotiviert sprang er aus meinem Bett auf, was mich zum Schmunzeln brachte.
„Ganz ruhig, Tiger. Warum so eilig?"
„Ich habe keine Lust mehr auf das Versteckspiel! Ich will jedem zeigen, dass ich dich liebe. Ich habe genug davon zu warten, bis wir in deinem Zimmer sind, um uns küssen zu können und so zu tun, als wären wir normale Freunde, wenn ich gefühlt jedes Wochenende hier verbringe. Marcus, ich will deine Hand halten. Ich will bei euren Spieleabenden dabei sein und mit euch lachen. Ich will zu deiner Familie gehören. Als dein fester Freund, später Verlobter und Ehemann und irgendwann als Vater unserer Kinder."
Gerührt von seinem kleinen Gefühlsausbruch stand ich auf und kam zu ihm.
„Das war unfassbar süß, Jess. Ich liebe dich", flüsterte ich sanft, während er seine Arme um meine Hüfte schlang.
„Ich liebe dich auch, Marcus."
Liebevoll verband ich unsere Lippen zu einem Kuss. Seit wir zusammen waren hatte sich Jesse sehr verändert. Er war um einiges besitzergreifender und gefühlsoffener als noch vor ein paar Wochen. Irgendeine Blockade, die ihm davor diese Emotionen abgestellt hatte, hatte sich gelöst. Jedes Mal, wenn er mich sah, freute er sich so unfassbar doll darüber, sodass seine Augen zu leuchten anfingen.

„Okay, dann lass es uns jetzt tun", murmelte ich und löste mich von ihm. Zusammen liefen wir die Treppe runter.
„Mum, Dad, Dane? Kommt ihr mal bitte?"
Nach ein paar Minuten hatten sie es tatsächlich geschafft alle ins Wohnzimmer zu kommen.
„Also, Jesse kennt ihr ja schon...wir sind zusammen seit ein paar Wochen", lächelte ich und verschränkte Jesses und meine Hand. Sofort drückte er sie fest. Wie süß, er war nervös. Ich wusste, dass meine Familie locker damit umgehen würde, immerhin hatten sie auch meine Beziehung mit Dele angenommen.
„Und dafür holst du mich? So unnötig." Dane verschwand wieder aus dem Raum.
„Freut mich für euch. Herzlich willkommen in der Familie, Jesse." Meine Mutter drückte ihn kurz fest an sich, was mich zum Lächeln brachte.
„Wenn du ihn betrügst, mache ich dich kalt", meinte mein Vater ernst.
„Ich werde Marcus nicht betrügen, das verspreche ich Ihnen." Jesse lächelte mich an und ich schmunzelte.
„Keine Sorge, Dad. Er ist anständig."
„Na dann ist ja alles gut. Wollen wir später zur Feier des Tages Pizza bestellen?"
„Klingt gut", lächelte ich.

- -

„Das war ja gar nicht so schwer", sagte Jesse glücklich, als wir wieder in meinem Zimmer waren und er sich aufs Bett fallen ließ. Ich setzte mich auf den Schreibtischstuhl und zog ein Bein an mich heran.
„Das war ja auch der leichteste Schritt. Meine Eltern wissen, dass ich eher an Jungs interessiert bin. Außerdem haben wir es noch nicht ganz geschafft."
„Was denn noch?"
„Mein Bruder, Dwaine. Wir müssen ihn anrufen", erklärte ich, während ich mein Handy zückte.
„Kommst du wenigstens ins Bett?", schmollte er. Ich stand auf und legte mich zu ihm, bevor ich Dwaine über FaceTime anrief.
Fast sofort ging er ran und ich konnte meine Nichte erkennen, welche auf seinem Bauch lag. Ich lächelte breit.
„Hey, Bro. Was gibt's?", fragte er.
„Hey. Erinnerst du dich noch an Jesse?"
„Klar. Das war der, der dir den Kopf verdreht und dein Herz gebrochen hat."
Verlegen räusperte ich, während Jesse mich entschuldigend anblickte.
„Ehm...ja. Wir sind zusammen und er liegt gerade neben mir", sagte ich leise und richtete die Kamera kurz auf meinen Freund, welcher brav winkte.
„Ohh....oh!", brachte Dwaine über die
Lippen. „Dann hoffe ich doch mal, dass er dir nicht nochmal das Herz bricht."
„Wird er nicht, er benimmt sich sehr gut." Ich lachte, während Jesse seinen Kopf auf meiner Brust ablegte. Kurz drückte ich ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ich wünsche euch nur das Beste! Ich muss Leyla jetzt ihr Fläschchen geben, wir reden wann anders weiter, Ja?"
„Ja. Bis dann!"
„Bis dann, Bro!" Und schon hatte er aufgelegt.
„Es tut mir wirklich Leid, wie ich dich behandelt habe", nuschelte Jesse sofort.
„Das ist doch schon fast ein Jahr her, alles gut."
Frustriert brummte er. „Wenn du meinst...mir tut es trotzdem Leid. Wir hätten schon viel früher zusammenkommen können, dann wäre Dele nie geschehen."
„Ich will nicht über Dele reden, er ist Geschichte. Es gibt nur noch dich und mich."
Er nickte und küsste meine Wange. „Und das ist auch gut so."

- -

„Hey, kann ich mich heute zu dir setzen?"
„Ja...klar. Was ist los?" Besorgt blickte ich Jesse an, welcher vor meinem Tisch stand.
„Nichts, ich bin nur ein wenig nervös." Er ließ sich neben mich fallen und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass er acht Minuten vor Unterrichtsbeginn da war, das war er nie. Er kam eigentlich immer auf die Minute genau oder zu spät.
„Warum?", fragte ich und versuchte meine Sachen rauszuholen, ohne, dass sein Kopf von meiner Schulter rutschte. Leichter gesagt als getan...
„Na warum wohl?", brummte er.
„Wir müssen das nicht machen", flüsterte ich leise. „Wenn du doch nicht dazu bereit bist, dann machen wir es wann anders."
„Du bist zu gut für diese Welt." Er griff unter dem Tisch nach meiner Hand und drückte sie. „Wir machen es heute."
„Okay."

- -

„Hey, könnte ich mal bitte eure Aufmerksamkeit haben?" Jesse stellte sich auf einen Tisch in der Mensa, weswegen sofort alle zu ihm schauten.
„Oh mein Gott", flüsterte ich und erhob mich, um ihn da wieder runterzuholen. Was tat er denn da?
„Marcus! Bleib sitzen!", zischte Lucy. „Das ist spannend, bitte hol ihn da nicht wieder runter."
„Ich weiß aber, was er sagen will und wenn er es so macht, wird es mega peinlich."
„Danke!", rief dann Jesse wieder und ich drehte mich zurück zu ihm. „Ich stehe hier oben, weil ich euch etwas sagen will. Ich bin schwul, also so stockschwul. Obwohl, keine Ahnung. Eigentlich habe ich bisher nur einen Typen geliebt und ich glaube nicht, dass sich das jemals ändern wird."
Mein Gesicht wurde heiß, während ich mich setzte und es in meinen Händen vergrub.
„Von wem redet er?", fragte Paul neben mir.
„Na von wem wohl?", zischte ich zurück.
„Und der Typ ist Marcus. Wir sind zusammen seit ein paar Wochen. Falls jemand ein Problem damit hat, kann er es jetzt sagen. Ansonsten haltet bitte alle eure Klappen. Danke für eure Aufmerksamkeit." Er sprang wieder vom Tisch und kam grinsend auf mich zu.
„So war das nicht geplant!", bemerkte ich streng.
„Hat es dir nicht gefallen?"
„Mir hätte es besser gefallen, wenn du mich vorgewarnt hättest! Das war unangenehm für mich."
„Ich fand's süß", meinte Lucy und ich lächelte ironisch.
„Ja, mega süß."
„Jetzt motz mich nicht dafür an." Jesse setzte sich neben mich und legte einen Arm um meine Schulter.
„Tut mir Leid, es kam nur etwas unerwartet", nuschelte ich, während ich ihn anschaute.
„Und mir tut es Leid, falls es dich überfordert hat." Sanft küsste er meine Schläfe, dann meine Wange. Ich lächelte leicht.
„Oh mein Gott! Ich hätte nie erwartet, dass ich das jemals sagen werde, aber endlich seid ihr zusammen", meinte Andreas. „Ihr seht so glücklich aus."
„Oh ja! Viel Glück euch beiden", stimmte ihm Lucy zu.
Einzig und allein Paul sagte nichts. Unsicher schaute ich meinen besten Freund an.
„Ja, ich wünsche euch auch nur das beste", sagte er dann schließlich. „Aber ich schwöre dir, Jesse. Wenn du ihn verletzt, dann haben wir beide Stress."
Jesse nickte. „Ich weiß."

„Jesse, können wir reden?", fragte plötzlich Jesses bester Freund, David.
„Klar." Der Angesprochene schaute ihn an.
„Alleine...Bitte."
Seufzend stand Jesse auf und drückte mir einen Kuss auf, bevor er David folgte. Zusammen verschwanden sie aus der Mensa.

- -

„Was wollte David vorhin eigentlich?", fragte ich, als ich meine Arme um Jesses Oberkörper schlang und meinen Kopf auf seiner Brust ablegte. Er ließ seinen Kopf auf meinen sinken.
„Nur reden...über dich und mich."
„Alles okay?"
„Ja, halt mich bitte nur kurz fest", flüsterte er. Anscheinend hatten es seine Freunde nicht wirklich gut aufgenommen.
„Willst du darüber reden?"
„Alles gut, sie haben es gut aufgenommen", flüsterte er und hielt mich weiter nah bei sich.
„Warum bist du dann so aufgelöst?"
„Ich bin nur mit meinen Nerven am Ende."
„Dann lass uns zu mir fahren und uns ausruhen", schlug ich vorsichtig vor.
„Klingt gut." Widerstrebig ließ Jesse mich los und ich nahm seine Hand, um mit ihm zu seinem Motorrad zu gehen.
„Beans?"
Kaum hatte ich ihn angeschaut, küsste er mich verlangend. Zufrieden erwiderte ich, jedoch löste er sich schon wieder.
„Was war das denn?", verlangte ich zu wissen.
„Das war mein neues Instagrambild." Grinsend zeigte er mir sein Handy, auf welchem er den Kuss fotografiert hatte. Es war zwar etwas verschwommen, aber trotzdem gefiel es mir.
„Reizend."
„Weil du drauf bist", schleimte er sich ein und ich lachte.
„Du bist ein Idiot."
„Du liebst mich."
Genau die gleichen Worte hatten wir vor knapp einem Monat auch gesagt, nur war es damals unangenehm geworden. Jetzt lächelte ich bloß.

„Und wie ich das tue."

High School Love [Lingard x Rashford]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt