Verrat ist immer eine Frage der Definition.
-Charles-Maurice de Talleyrand (Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, französischer Bischof, Staatsmann und Außenminister)
»Nur um klar zu stellen. Es werden nur fünf von uns zum Kranichrudel aufbrechen und der Rest wird nachher folgen? Die Zwillinge, North, Sergio und Heath werden vorgehen und der Rest folgt, alle von uns?«, erkundigt Casper sich als er sich zurück in die Kissen fallen lässt. Seine Perlgrauen Augen sehen enttäuscht in Lians Richtung. Er kann nicht verstehen, wieso er nicht zur ersten Truppe gehört. Aber er darf gerne meinen Platz einnehmen. Ich muss nicht unbedingt zur ersten Truppe gehören, ich muss eigentlich zur gar keiner Truppe gehören.
»Ich dachte du traust dem Kranichrudel nicht? Wieso gehen dann nur fünf von uns dahin?«, hinterfragt Finn. Es sind wohl eher vier und ein halber Krieger. Soviel werde ich nicht ausrichten können. Ich bin weder so stark noch habe ich die Kondition. Nutzlos, ich bin für diese Mission einfach nur nutzlos. Ich bin für solche Aufträge nicht geeignet, ich bin für dieses Rudel nicht geeignet. Vielleicht hätte ich zusammen mit der Pantherin, Joana fliehen sollen. Es wäre ein einfacheres leben gewesen als das, was ich jetzt führe. Es wäre bestimmt ein erfüllteres Leben gewesen als das hier.
»Das Kranichrudel muss nicht wissen, dass wir sie verdächtigen. Außerdem will ich mich in deren Gebiet umsehen. Es gibt seit langem Gerüchte über das Rudel, gutes wie schlechtes wird gemunkelt und wir sollten die meisten hinterfragen.«
»Und wieso Heath?«
»Das ist doch logisch«, meint Lian seriös als er lächelnd in die Runde schaut. Ich trinke einen Schluck von meinen Kaffee und schüttel den Kopf. Das ergibt einfach keinen Sinn. Ich bin keine Logische Wahl. Ich kann doch gar nichts ausrichten. »Heath, sie werden dich unterschätzen und das ist unser Vorteil. Du bist neu und sie wissen nichts über dich, wir haben nur durch sickern lassen, dass es dich gibt. Sie werden glauben, dass du nur mitgehst um Erfahrung zu sammeln. Deswegen bist gerade du unsere Trumpfkarte. In deiner Nähe werden sie nicht so geheimnisvoll tun als halte bitte deine Ohren und Augen auf. Und bitte tu mir den Gefallen und sammele keine Gestaltwandler auf.«
»Eine Frage noch, wer leitet den Auftrag?«, erkundigt Luca sich, sein Kopf hat er in Keiths schoss gebettet während seine Füße über die Lehne der Couch hängen. Die beiden haben eine innige Beziehung. Sie weichen einander nicht von der Seite.
»Packt eure Taschen ihr geht in drei Stunden.«, weist Lian uns an und beendet damit die Diskussion.
Ich stehe sofort auf. Das lange still sitzen nervt, ich fühle mich gefangen, aber anders als bei den Ärzten. Zum Glück liegt mein Zimmer auf der Zweiten Etage und ist die Tür abschließbar. Es ist nicht so als müsste ich drei Stunden meine Tasche packen, dafür besitze ich nicht genug. Nicht, dass ich sonst mehr als Kleidung mitnehmen würde.
Ich frage mich wie das Rudel ist und von welchen Gerüchten Lian gesprochen hat. Ob deren Territorium kleiner ist als das vom Kriegsrudel? Gibt es dort andere Kreaturen? Vielleicht sollte ich auf Lian hören? Von Joana war er nicht gerade begeistert, aber ich habe ihre Nähe genossen. Mein ganzes Zimmer riecht noch nach Ihr. Der Geruch von Katzenminze hängt noch an meiner Decke, an meinem Kissen.
»Heath?«, klopft Sergio und betritt direkt mein Zimmer. Wieso klopft er dann überhaupt? Da hätte er auch einfach direkt die Tür öffnen können. Privatsphäre wird hier klein geschrieben, sehr klein. »Wir gehen jetzt also komm.«
Ich sehe in seine Saphirblauen Augen, die mir nichts verraten. Er sieht sich einige Sekunden um und nimmt mein Schweigen als Zustimmung. Meine Tasche ist gepackt, aber ich frage mich immer noch was ich auf dieser Mission soll.
»Heath, wir fahren mit Zwei Autos. Sergios Skoda, das Blaue Auto und einen der Gelben Audis.«, ruft Keith mir entgegen. Er sieht mit der Hüfte gelehnt an Sergios wagen und deutet mit dem Finger darauf.
»Den linken der beiden.«, fügt Luca zu Keiths Aussage hinzu. Ich lege meine Tasche in Sergios Skoda und lehne mich neben Keith gegen den Blauen Skoda. Die Gelben Audis die Keith erwähnt hat sind die Autos der Zwillinge. Sie haben sich das gleiche Auto ausgesucht in der gleichen, grässlichen Gelben Farbe.
»Steig ein, wir gehen.«, meint Sergio zu Keith und mir während er auf die Beifahrerseite deutet. »Die Zwillinge fahren zusammen.«
Es ist kein Wunder das Serigos Auto so sauber von innen ist. So wie ich ihn bisher kenne, ist eher sehr organisiert. Vielleicht saugt er sein Auto ja jede Woche und essen ist in seinem Wagen verboten.
»Endlich, hat aber auch gedauert.«, kommentiert der Beta das Erscheinen von North als dieser die Beifahrertür hinten links öffnet. Er nimmt Platz und schließt die Tür, ohne auf die Bemerkung von Sergio einzugehen.
Ich hoffe wir fahren nicht zu lange. Das Auto ist wie ein Zelle, eine fahrende Zelle. Ich habe nie verstanden wieso Theresa keine Klaustrophobie hat. Roscoe hilft ihr natürlich auch sehr, er muntert sie auf und zeigt ihr die Welt. Es gibt bei den beiden kein Wochenende, was sie nicht irgendwo anders verbringen. Die stille trägt zu dem Gefühl der Gefangenschaft bei, eingeschlossen zu sein, in einem Auto. Ich kann nur unseren Herzschlag und das summen des Motors hören. Es ist eine Zelle.
Die Fenster.
»Sergio öffne die Fenster«, flüstre ich panisch. Es ist warm hier und es wird immer wärmer im Auto. Wieso wird es in dem Wagen wärmer? Ich kriege keine Luft. Bewegen sich die Fenster auf mich zu?
»Heath? Was ist los?«
»Die Fenster.«, stammele ich atemlos und reibe meine Schweiß getränkten Hände an meiner Hose ab. Es ist warm und ich kriege kaum Luft. Wieso wird das Auto kleiner? Das Auto kann doch nicht kleiner werden. Das sollte nicht möglich sein. Ich höre das metallische Zischen von den Fenstern bevor ich die kalte Fahrtwind spüre. Luft. Ich kann einatmen. Das Auto wird nicht mehr kleiner. Meine Panik verebbt langsam. Wie ein wahnsinniger lehne ich mich aus dem Fenster und schnappe nach Luft.
Ein und Aus.
Ein und Aus.
»Heath? Heath verstehst du mich?«, erkundigt Sergio sich während eine Hand meine Schulter berührt. Erschrocken fahre ich zusammen und nicke einmal. Ich höre nicht auf die Luft in meine Lunge zu saugen, dafür aber lehne ich mich zurück ins Auto und sehe den Bäumen dabei zu wie sie verschmelzen. Sollte ich doch die Augen schließen? Nein. Dann bin ich wieder zurück in meiner Zelle. Wenn ich die Bäume sehe, kann ich nicht in meiner Zelle sein. In meiner Zelle gab es keine Bäume.
»Heath, ich habe Schlaftabletten in die Flasche getan. Nimm einen Schluck, das wird dir gut tun.«, murrt North als er mich von hinten an den Schultern packt und mich in meinen Sitzt zurückzieht.
Sergio hält mir eine Flasche an den Lippen. Instinktive öffne ich den Mund und trinke gierig das Wasser. Wie lange dauert es bevor die Tabletten wirken? Ich spüre den Unterschied noch nicht. Autofahren ist keine gute Idee gewesen. Wieso bin ich heute Morgen nicht in Panik verfallen?
Natürlich, ich habe mich auf Joana konzentriert. Ihre Gegenwart hat mich irgendwie beruhigt. Ich habe mich auf ihren Geruch nach Katzenminze konzentriert, die Smaragdgrünen Augen, das hell braune Haar und ihre Panther Gestalt.
»Wirken die Tabletten schon?«, fragt North leise während er meine Schulter langsam loslässt. Aus meinen Augenwinkeln kann ich sehen, dass Sergio mich beobachtet. Ich nicke. Mir ist nicht mehr warm und ich schwitze nicht mehr wie ein Schwein. Ich schließe meine Augen und atme langsam tief ein.
»Schlaf, Heath. Wir werden dafür sorgen, dass du erst wach wirst, wenn wir das Territorium vom Kranichrudel betreten. Bis dahin passen wir auf dich auf.«, verspricht Sergio mit fester Stimme.
Eure Linkszanne
Montag, der 5 April 2021
(Donnerstag, der 3 Oktober 2019)
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Rudelkrieger
Hombres LoboSie ist vor Ihrem Clan geflüchtet. Er ist neu im Kriegsrudel. Sie seit Jahren in der Wildernis. Er genießt seine neu erlangente Freiheit. Beide sind überwältigt von Ihrem neuem Leben. Buch 4, liest zuerst Rudelblut. Diese Geschichte ist Überarb...