Nur ein Brief

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Onda

Seufzend schaute ich aus dem Fenster auf die Berge.

Wo war Mia nur abgeblieben? Ich war schon längst mit dem Waschen ihrer Kleider fertig.

Aber ich konnte sie auch nicht suchen gehen, da das erstens unhöflich wäre und ich zweitens nicht wusste, ob meine Kräfte ausreichend sein würden, um so unnötig weit zu laufen, wenn ich auch einfach hier in Ruhe warten könnte.

Draußen hatte es gestern Mittag angefangen zu schneien, und jetzt lag alles unter einer dicken, weiß-glitzernden Decke, die durch das Licht der Dämmerung rosa zu sein schien. Genau wie meine Haare.

Missmutig trat ich vom Fensterbrett zurück. Wann würde diese anstrengende Zeit endlich enden? Sie brachte mich ans Ende meiner Kräfte.

Und Mia brachte mich ans Ende meiner Geduld.
Was konnte sie nur so lange beschäftigen?
Außerdem war sie doch die Kronprinzessin, also warum beauftragte sie nicht einfach jemanden, um es für sie zu machen?

Unschlüssig schaute ich mich im Raum um. Ich könnte solange ihr Bett machen. Da wir heute morgen so hastig gehen mussten war es noch ganz unordentlich.
Als ich die Decke auf die Matratze legte, fiel mir auf, wie weich das Bett eigentlich war. Als ich mich zusätzlich auch noch probeweise darauf setzte kam mir mein eigenes dagegen ganz schön unbequem und hart wie ein Stein vor.

Das hieß es also Prinzessin zu sein: man schlief jede Nacht wie auf Wolken.

Kein Wunder, dass die adeligen Leute viel Länger lebten als ihre Bediensteten, denn wenn sich alle ihre Betten so anfühlten würden sie niemals Rückenschmerzen bekommen. Ich stand auf und legte noch eins der vielen Zierkissen aus silberner Seide auf die schwarze Bettwäsche und zog den fliederfarbenen Vorhang zu. Das Bett passte zur restlichen Einrichtung und fügte sich perfekt in den Raum ein. Alles hier sollte an die Nacht, den Winter und den Mond erinnern und deshalb sah man hier im Zimmer sowie im ganzen restlichen Palast un den wenigen anderen Häusern keine anderen Farben als Silber, Schwarz, Grau, Weiß und hundert verschiedene Schattierungen von Blau und Lila.

Sogar ihre Lebensmittel hatten sie farblich abgestimmt: Pflaumen, Brombeeren und  viel Milch , um nur ein paar zu nennen .

Tock Tock. Jemand klopfte an der Tür.
Ich warf noch einen Blick in den Spiegel, um meine Frisur zu richten. Die Wachen hielten mich schon so für verkorkst genug, da musste ich ihnen nicht unbedingt wie ein gerupftes Huhn gegenüber treten.

Was sie wohl von mir wollten? Vielleicht suchten sie die Prinzessin und wollte mich fragen, ob ich wusste, wo sie war. Wieder klopfte es. Ich stöhnte genervt auf.
Immer waren sie alle in Eile.

Schnell, wir müssen noch dies und das erledigen und bla bla bla. Bevor sie noch ungeduldiger werden konnten und eventuell die Tür eintreten würden, bemühte ich mich um einen freundlichen Gesichtsausdruck und öffnete nun endlich die Tür.

Hinter ihr auf dem Flur stand jedoch gar keine Wache, sondern ein Briefträger. Er schaute von seinem Blatt auf. »Sind Sie Onda?«

Ich nickte. Innerlich grinste ich schadenfroh. Egal für wie verrückt sie mich alle hielten, da ich die Beraterin der Prinzessin war stand ich über ihnen und somit mussten sie mich siezen.

Er hielt mir einen rosafarbenen Umschlag entgegen. »Der ist für Sie.« Für mich? »Wissen Sie , von wem er ist?« wollte ich wissen. Er verdrehte die Augen. »Nein, zufälligerweise nicht. Er lag heute morgen im Briefkasten. Aber wegen der Farbe würde ich jetzt mal auf einen heimlichen Verehrer tippen.« Er schnaubte verächtlich.

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