Beep. Beep. Beep.
Mein Wecker zwang mich dazu aufzustehen, obwohl es gerade mal 6:15 Uhr war. Als ich dann bemerkte welcher Tag heute war, wäre ich am liebsten direkt wieder nach hinten ins Bett gefallen.
„Oh nein! Heute ist Donnerstag!" sagte ich zu mir selber.
Donnerstag klingt zwar erst nicht so spektakulär, aber heute starteten meine schlimmsten zwei Tage in meinem Leben.
„Heute und morgen ist der Erste Hilfe Kurs!" murmelte ich voller Angst.
Ich putzte erst meine Zähne und machte mir dann meine Haare zu einem Haarknäuel in meinem Nacken. Danach zog ich mir eine dunkelblaue Jeans und ein langes, dunkelrotes, lockeres Shirt an.
Dann war es Zeit fürs Frühstück, wo sich die meisten im Internat, Brote für die Schule machten und ein kleinen Snack aßen, wenn sie es, von der Zeit her, noch schafften.
Ich stiefelte, ohne Schuhe, das Internat entlang in die Cafeteria und nahm mir etwas vom Buffet. Ich matschte alles zusammen und lief wieder hoch, denn Hunger hatte ich gar nicht. Ich zog mir meine Sneakers an und schulterte meinen Rucksack und lief in Richtung Bushaltestelle.
Nach ein paar Minuten stand ich dann an der Bushaltestelle und wartete. Nach Ewigkeiten schaute ich nochmal auf die Uhr um zu gucken, ob ich nicht zu früh war, doch das war ich nicht, denn der Bus war zu spät.
‚Das ist doch nicht wahr! Einmal im Leben möchte ich unbedingt pünktlich sein und jetzt kommt der Bus nicht!'
Aufmerksamkeit auf mich zu lenken war das einzige, was ich heute auf gar keinen Fall wollte, doch wenn ich dann zu spät in den Raum platze wird das sicherlich passieren.
Nach weiteren zehn Minuten kam dann tatsächlich der Bus und ich stieg ein.Zitternd stand ich vor der Tür und klopfte.
„Herein!" hörte ich eine vertraute Stimme. Ich öffnete die Tür.
„Es tut mir leid, dass ich zu spät kam. Der Bus hatte zwanzig Minuten Verspätung." antwortete ich mit zittriger Stimme. Ich schaute in die Runde und sah schon vier Leute vom Rettungsdienst.
„Alles gut. Setz dich!" antwortete meine Klassenlehrerin. Ich lief um die Tische, die wie in einer U - Form gestellt waren.
„Könntest du uns deinen Namen verraten?" fragte jemand von vorne. Ich erschrak und drehte mich nach vorne.
"Ich?" Ich zeigte auf mich selber. Eine Frau vom Rettungsdienst nickte.
"Chayenne, mein Name." sagte ich und wollte mich für diesen Satz eigentlich selber schlagen.
'Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?'
"Schöner Name." sagte die Frau. Ich nickte nur zustimmend und ging weiter zu meinem Platz. Neben mir saß meine beste Freundin Helene. Diese machte sich bereits über meine Aussage lustig. Ich setzte mich nieder und umarmte Helene.
"Man heute so förmlich!" lachte sie. „Na klar. Wieso nicht?" kam von mir die Antwort. Mittlerweile fand ich es auch mehr lustig als peinlich, also lachte ich mit ihr.
„Chayenne?" fragte mich meine Lehrerin.
"Ja?" fragte ich erschrocken und mit großen Augen.
"Hast du den Zettel dabei?"
'Oh Gott! Welchen Zettel? Was habe ich jetzt schon wieder verpasst?' fragte ich mich selber.
"Welchen Zettel?" fragte ich unwissend.
"Den ihr, alle, zu heute mitbringen solltet, für den Erste Hilfe Kurs." sagte sie auffordernd.
"Ach der!" sagte ich laut „Klar. Den habe ich dabei, wenn ich nur wüsste wo." lachte ich.
„Wenn du ihn gefunden hast, bringst du mir den bitte." befahl mir meine Lehrerin. Ich nickte und packte meine Tasche aus. In der Zwischenzeit fing der Rettungsdienst an sich vorzustellen.
„Habe wirklich nicht viel verpasst, oder?" fragte ich, Helene.
„Ne, absolut nicht nur Brigitte hatte was gesagt." antwortete sie.
„Achso. Was Brigitte sagt ist eh meistens unwichtig!" lachte ich.
Brigitte ist der Vornamen unserer Lehrerin. Wir dürfen sie zwar nicht so nennen, aber wir nehmen, das als Schlüsselwort für sie.
Ich warf meinen karierten Block schwungvoll auf den Tisch, sodass es laut knallte.
"Ups." flüsterte ich leise.
Danach flog meine Federtasche und dann mein Hausaufgabenheft auf den Tisch. Ich durchsuchte zuerst mein Hausaufgabenheft und fand nichts.
"Also ich bin Paula Martinson. Ich bin Notärztin. Das sind meine Kollegen Alexander Hetkamp, er ist ebenfalls Notarzt. Das ist Franco Fabiano." Sie zeigte auf einen attraktiven Mann den ich Mitte dreißig schätzte. "Er ist Rettungssanitäter. Und zu guter letzt Florian Wehr. Er ist ebenfalls Rettungssanitäter." beendete Dr. Martinson die Vorstellungsrunde. Ich kramte weiterhin nach meinem Zettel und fand ihn schlussendlich in meinem Block.
"Hab ihn!" sagte ich leise.
"Sogar ausgefüllt. Ich bin stolz auf dich!" sagte Helene.
"Ha. Ha. Hast du deinen ausgefüllt und abgegeben?" fragte ich.
"Klaro. Habe sogar 'ja' angekreuzt, das heißt sie dürfen an mir auch was zeigen und du?"
"Uhhh..." sagte ich voller Ironie. "Was für eine Ehre. Ich habe 'Nein' angekreuzt." beantwortete ich ihre Frage.
"Warum?" fragte sie mich erschrocken.
"Bist du blöde?" fragte ich sie.
"Ach stimmt. Sorry." kam die Antwort von Helene.
Dann ging ich nach vorne und gab den Zettel Brigitte ab.
"Den kannst du gleich Franco geben." sagte sie.
"Okidokey." antwortete ich ihr und gab den Zettel Franco. "Bitteschön." sagte ich ironisch. Als er sah, was ich angekreuzt hatte guckte er verwirrt hoch und sagte Danke. Ich ging wieder zu meinem Platz.
„Also in den ersten zwei Stunden kommt erstmal Theorie dran." sagte Dr. Hetkamp. Ein Stöhnen ging durch die Reihen.
Ein gemurmeltes „Ach du scheiße." hörte ich von Helene.
„Das heißt viel schreiben." sagte Herr Wehr.
„Oh ne." kam von der Masse.
„Alter! So eine Höchstleistung, um diese Uhrzeit abzuverlangen, geht ja mal gar nicht!" sagte Helene sehr laut. Ich brach in lautes Lachen aus.
„Wer war das?" fragte Dr. Hetkamp. Lachend hebte Helene den Arm. „Ich war das!" lachte sie jetzt noch mehr.
„Ich kann dir sagen, das ist noch das einfachste von heute." sagte er.
„Ach du scheiße. Dann geh ich gleich ins Sekretariat und meld mich krank!" entgegnete sie, ihm. Ich hatte mittlerweile schon Bauchschmerzen vom Lachen.
„Na dann kann ich dich ja vorher untersuchen!" sagte er mit ernsten Unterton.
„Bitte nicht." sagte Helene lachend. Die ganze Klasse brach in Gelächter aus.
„Oh man. Deine Namen wissen die, aber auch wieder als erstes!" sagte ich immer noch lachend.
„Stimmt gar nicht!"
„Oh doch!"
„Ok, stimmt schon, hast recht." stimmte sie mir zu und lachte.
Nach weiteren zehn Minuten machte dann Herr Fabiano eine PowerPoint an.
„So, das solltet ihr euch auf jeden Fall notieren." sagte Herr Wehr. Es waren locker zwölf lange Stichpunkte.
„Alter! So viel auch noch!" kam wieder von Helene.
„Ja! Helene, ich kann dir auch sagen, es wird nicht weniger." sagte Dr. Hetkamp.
„Alter Schwede." kam nur noch von Helene. Mittlerweile guckte uns Brigitte schon mit einen warnenden Blick an, sodass ich mir ein grinsen nicht unterdrücken konnte. Helene war schon immer so selbstbewusst gewesen, deshalb bewundere ich sie auch so sehr und bin froh sie als Freundin zu haben, denn ich bin das Ganze Gegenteil, obwohl sich, das auch schon verbessert hat, durch die Hilfe von Helene. Sonst sind wir uns, aber sehr ähnlich, außer bei der Angst vor Ärzten. Sie hatte zwar auch eine Angst vor Spinnen, aber das ist nicht annähernd das Selbe. Trotzdem verstand sie mich und versuchte mich so gut wie es geht zu unterstützen, wie auch in den nächsten Tagen.
Nach weiteren Minuten waren wir beide kaum noch anwesend, was so viel bedeutet wie, dass wir nicht mehr aufpassten und die ganze Zeit quatschten.
Nach dem ersten Block hatten wir dann geschlagene drei volle A4 Seiten geschrieben und wir hatten von dem vielleicht 15% mitbekommen. Gott sei Dank, kam ich bis jetzt gut mit meiner Angst zurecht und konnte mich sehr gut konzentrieren.
75% der Klasse verließen für die zwanzig Minuten Pause den Raum, außer Helene, ich und ein paar andere. Wir aßen alle genüsslich unser Essen. Helene und ich guckten uns wieder Verblödungs - TV auf YouTube an.
Auf einmal kam einer der Notärzte näher. Ich sah, dass es Dr. Martinson war. Sie tippte mir auf die Schulter und ich schrak komplett zusammen.
„Mano Meter." sagte ich total aus der Puste.
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken." sagte sie „Ich wollte dich nur etwas fragen, wenn es in Ordnung für dich wäre." Ich stöpselte den einen Kopfhörer aus und fragte mich was sie jetzt von mir möchte, also stieg Panik in mir auf, doch noch konnte ich meine Angst überspielen.
„Mhh..." War meine knappe Antwort.
„Ich wollte dich fragen, warum du bei dem Zettel ‚Nein' angekreuzt hast? Hat das für dich einen speziellen Grund, den du mir sagen möchtest? Denn kein Anderer hat 'Nein' angekreuzt." fragte sie mich.
,Oh Gott.' Ich merkte, wie die Panik in mir hoch kam und ich eigentlich nur auf's Klo rennen wollte, doch ich riss mich zusammen.
"Es tut mir leid, aber ich werde Ihnen diesen Grund nicht sagen, da er mir zu privat ist." legte ich mir ein bisschen zurecht. Es war ja theoretisch schon die Wahrheit, bloß dass es nicht privat war, sondern nur was mit Ärzten und alles was dazu gehört, zu tun hatte.
"Du kannst ruhig sagen, wenn du einfach keine Lust drauf hast!" sagte sie jetzt freundlich.
"Ne. Das sicherlich nicht, das würde meine Mom schon nicht machen!" versuchte ich noch nett zusagen, obwohl ich keine Lust auf ein längeres Gespräch hatte. "Ich kann Ihnen eines sagen, dass alles was ich mache, einen triftigen Grund hat! So, hat auch dieses Kreuz einen sehr triftigen Grund, das können Sie mir glauben." sagte ich als Abschlusssatz.
"Danke. Ich verstehe es, wenn du es mir nicht sagen möchtest, aber wenn du deine Meinung doch ändern möchtest, kannst du gerne kommen." sagte Sie und ging wieder.
"Gut gemacht." sagte Helene lobend.
"War doch gar nicht so schwer oder?"
"Naja ging, aber hier bin ich bei dir! Hier weiß ich, dass du mir den Rücken stärkst, aber was ist mit Freitag im Internat, da bin ich Ihnen hilflos ausgeliefert!" sagte ich traurig und hoffnungslos.
"Ach Quatsch! Ich bin immer in Gedanken bei dir, das wird dich stärken! Du musst nur dran glauben." sagte sie einfühlend.
"Danke dir." sagte ich und umarmte sie.
"Warum das auch beides an den selben Tagen sein muss!" sagte ich sauer.
"Besser so, als jetzt und dann nochmal nächste Woche. Dann hast du es hinter dir." sagte sie aufmunternd.
"Hast du auch recht."
"Ich habe sehr oft und gerne recht." sagte Helene lachend, um vom Thema wegzukommen.
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Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
FanfictionChayenne ist ein lebensfrohe und humorvolle Person, die ihr Leben liebt und nichts verändern möchte, doch dann kommt einer ihrer schlimmsten Tage in ihrem Leben. Ein Rettungsteam, um Notärzten, Ärzten, Sanitätern und Krankenschwestern, besuchen sie...