Eine Geschichte

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Ich erzähle euch eine Geschichte über ein kleines Mädchen:

Sie lebte mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrem Kater zusammen in einer kleinen Wohnung. Sie und ihr Stiefvater stritten jeden Tag. Ohne Ausnahme. Er fand immer einen Grund, sie schlecht darzustellen oder abfällig über sie zu reden. Ihre Mutter bekam davon nie was mit.

Sie war erst sieben Jahre alt. Sie ging in die erste Klasse. Eigentlich freute sie sich auf die Schule aber sie hätte nicht gedacht, dass die Schule so grausam sein kann. Ihre Klasse akzeptierte sie nicht. Ihre damalige Freundin, aus dem Kindergarten, war in der Schule auch gegen sie. Nach der Schule waren sie wieder 'beste Freunde'. Doch sie hielt nichts von Freundschaften. Sie lernte sehr früh auf Freunde zu verzichten und sich keinem anzuvertrauen, ihren Eltern vertraute sie noch nie. Sie hatten nie Zeit für Sie. Die Arbeit ist schließlich wichtiger. So oft versuchte sie die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu bekommen, doch egal was sie machte, ihre Eltern interessierte es nicht. Und das sie jeden Tag in der Schule aus dem Fenster springen wollte, damit sie nicht mehr leben muss, wissen sie bis heute nicht. In dieser Zeit ist auch ihr Kater gestorben. Viel hatte sie mit ihm nicht zu tun aber er war der Einzige, der sie nicht fertig machte. Der mal zum Kuscheln kam und die Nacht bei ihr blieb. Er war der Einzige der ihr Liebe und Zuneigung gab. Sie konnte den Stress mit ihrem Stiefvater oft ausblenden und nicht mehr daran denken, aber den Tod ihres Katers nicht. Den konnte sie nicht so einfach ausblenden und wegstecken. Sie weiß noch ganz genau wie er auf dem Balkon lag. Platt und leblos. Es sah aus als würde er schlafen, doch sie wusste es besser. Und als sie mit tränenden Augen mehrere Male bat, ihn zu begraben, sagten ihre Eltern immer wieder sie hätten keine Zeit dafür. Sie wollte sich von ihm verabschieden, aber das akzeptierten ihre Eltern nicht als Grund. Sie weinte viele Nächte und ihre Eltern bekamen es nie mit. Nach außen wirkte sie fröhlich wie ein normales Kind, trotz alledem.
Einmal war ihre Mutter über das Wochenende weg und sie war ganz alleine mit ihrem verhassten Stiefvater. Als sie ihr Zimmer aufräumte, eskalierte die Situation und sie wollte abhauen. Mitten im Streit zog sie sich die Schuhe an. Ihr Stiefvater schloss die Wohnungstür zu. Dann ging sie in die Küche, holte ein Messer aus der Schublade und wollte sich umbringen. Hätte ihr Stiefvater ihr das Messer nicht aus der Hand gerissen, wäre es vorbei mit dir. Ihre Eltern sahen es als Ausrutscher und die Sache war erledigt. Ihr beschissenes Leben ging weiter.
In der zweiten Klasse kam jemand zu ihnen in die Klasse. Er war auch ein Außenseiter. Die beiden verstanden sich sehr gut und manchmal wenn er kurz vorm austicken war, weil ihn alle mobbten, nahm sie ihn in den Arm. Er war der Einzige, den sie wirklich als Freund sah. Aber seine Mutter zog wieder um und die beiden wurden getrennt. Sie ließ sich ihre Trauer nicht anmerken. Nie hat jemand ihre Trauer gesehen. Man hätte sie noch so sehr runter machen können, sie würde sich nie was anmerken lassen.
Am Ende der zweiten Klasse zogen sie um. Sie wollte nochmal von vorne anfangen. Neue Freunde, neue Klasse, ihr altes Leben hinter sich lassen und neu anfangen. Aber auch Ihre neue Klasse war nicht wirklich besser und ihre Klassenlehrerin erzählte nur Lügen über sie. Sowie einmal in der dritten Klasse wo sie ihr Sportzeug vergaß und ihre Lehrerin Zuhause anrief. Ihre Mutter schnauzte sie an, warum sie ihr Sportzeug mit Absicht zu Hause lassen würde und dann noch über die anderen Schüler lästerte. Sie versuchte ihrer Mutter zu erklären, dass Sie wirklich ihr Sportzeug vergaß und kein bisschen über die anderen gelästert hat. Aber ihre Mutter glaubte ihr nicht. Egal ob die eigene Tochter deswegen schon weint und sich ungerecht behandelt fühlt oder nicht. Sie hat mit Tränen weiter versucht die Situation zu erklären aber sie bekam von ihrer Mutter eine geknallt und ihre Mutter ging einfach aus ihrem Zimmer. Sie war es nicht anders gewohnt. Ihre Eltern glaube ihr nie, trotzdem traf sie das sehr stark.
Sie hat in der Zeit nur eine aus der Klasse mit der sie sich halbwegs verstand. Für diese Person war allerdings ihre kleine Schwester interessanter und sie fühlte sich noch nutzloser.
In der vierten Klasse hatte sie niemanden mehr außer ihre Katzen. Ihr Stiefvater schlug sie oft und schrie sie ständig an. Sie konnte machen was sie wollte, trotzdem war sie wieder schuld. Er bezeichnete sie immer als dumm und inkompetent.
Für sie war das normal. Sie kannte es nicht anders von ihm. Seit er in die Familie kam, war das so. Aber daran ging sie kaputt. Einen Montag wollte sie wieder abhauen. Sie hat ihre Sachen gepackt: Kuscheltiere, Bilderrahmen mit schönen Erinnerungen und ein paar Kleinigkeiten. Ohne sich zu verabschieden ging sie heulend aus der Wohnung. Ihre Mutter rief aus dem Fenster sie solle zurück kommen aber nach paar Minuten hat sie's aufgegeben und das Fenster geschlossen. Der einzige Grund warum sie umkehrte waren die Katzen. Sie wollte bzw konnte die Katzen nicht alleine lassen. Nach dem Abendbrot motzte ihre Mutter sie an, was das am Nachmittag war. Paar Tage später wusste die restliche Familie auch Bescheid, obwohl ihre Mutter versprochen hatte es keinem zu sagen. So oft missbrauchte ihre Mutter das Vertrauen der Kleinen. Trotz dessen hoffte sie immer wieder auf das Vertrauen ihrer Mutter. Und jedes verdammte Mal wurde die Hoffnung kleiner bis sie ganz verschwand. Sie stumpfte immer mehr ab und wurde kaltherzig.
In der fünften Klasse kam sie auf eine andere Schule. Dort wurde sie auch nur gemobbt. Doch sie ließ sich nichts anmerken. Sie fing an sich zu ritzen. Und nur wegen ihr fingen ihre beiden "Freunde", die eigentlich auch keine Freunde waren, an sich zu ritzen. Sie wusste nicht mal was Freundschaft bedeutet. Sie hatte keine Ahnung wie es ist akzeptiert zu werden. Und sie versteht bis heute nicht, warum diese beiden den Kontakt zu ihr aufrecht halten.
In der sechsten Klasse bekamen die Lehrer mit, dass es ihr immer schlechter ging und darauf folgte ein Gespräch. Sie wollte nicht dass sich was ändert. Sie lebte schon so lange mit dem Scheiß. Für sie war das Alltag. Doch die Lehrerin führte daraufhin Elterngespräche, die nichts gebracht haben. Nichts hat sich geändert.
Dann kam sie siebte Klasse auf ein Gymnasium. Obwohl sie schlechte Noten hatte, wollten ihre Lehrer sie auf ein Gymnasium schicken. Die Klasse war die erste die sie tolerierte und in der sie sich nicht komplett ausgeschlossen fühlte. Es ist bis jetzt ihre beste Klasse aber zu Hause war immer noch alles scheiße.
Anfang Mai hatte sie einen Nervenzusammenbruch. Ihre Eltern waren nicht da und sie kam auf ihre Gedanken nicht klar. Laute Musik half auch nicht. Als ihre Eltern wieder kamen saß sie mit geschwollenen Augen am Fenster. Sie wusste wenn sie nicht auf ihr Hochbett gehen würde, bemerken ihre Eltern die Tränen. Aber ihr fehlte die Kraft um aufzustehen. Paar Tage später versuchte sie sich umzubringen. Sie kramte alle Tabletten raus aber keine waren nützlich. Dann kam sie auf die Idee sich in der Badewanne zu ertränken. Aber nach paar Versuchen gab sie es auf.
Von alldem bekamen ihre Eltern nichts mit. Und als sie paar Wochen später in den Urlaub fuhren, haben ihre Eltern durch eine Verräterin herausgefunden, dass sie sich nach dem Urlaub umbringen wollte. Sie hatte sich nachts einen Wecker gestellt doch sie überhörte ihn. Den Tag darauf brachten ihre Eltern sie zur Schule und holten sie auch wieder ab. Danach ging es zu einem Psychologen, der führte mit ihr ein Gespräch, bevor sie noch am gleichen Tag eingewiesen wurde. Dort fühlte sie sich auch nicht verstanden. Sie log die ganze Zeit und sagte es ginge ihr gut. Die Ärzte glaubten ihr und nach 3 Wochen wurde sie wieder entlassen. In der Zeit baute ihr Stiefvater seinen ersten Unfall. Auch wenn zum Glück nichts Schlimmes passierte, gab sie sich die Schuld. Ihre Mutter konnte sich auf ihrer Arbeit nicht konzentrieren und die Nächte nicht schlafen. Für sie war jede Hilfe zu spät. Niemand konnte ihr noch helfen. Hätte jemand vor 8 Jahren ihr geholfen und sie auf den richtigen Weg gebracht, würde sie jetzt ganz anders denken. Hätte sie vielleicht noch eine Chance in ihrem leben klar zu kommen. Denn eigentlich ist ihr Leben nicht schlecht. Ihre Eltern geben sich mühe und auch finanziell geht’s ihr relativ gut. Auf ihrer jetzigen Schule hat sie auch Freunde und eigentlich könnte sie ein gutes Leben führen. Aber ihre Gedanken lassen sie nicht in Ruhe. Ihr leben könnte so perfekt sein, aber sie ist die einzige, die das nicht so sieht. Und es ist zu spät um ihre Gedanken zu stoppen. Jetzt sitzt sie auf ihre Bett schreibt, diesen Text und sieht wie sehr ihr Leben in  die falsche Richtung ging. aus dem starken Mädchen, was nichts und niemand stoppen konnte, wurde ein schwaches kleines Mädchen ohne Träume und Hoffnung. 

Meine GedankenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt