Dein Lächeln verdrängt den Schmerz.

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Kapitel 5
Dein Lächeln verdrängt den Schmerz.


Taehyung

Ich war schon unzählige Male neben Jungkook aufgewacht und doch war dieser Morgen etwas völlig anderes. Auch wenn sich noch immer dunkle Schatten unter seinen Augen abzeichneten, war er für mich trotzdem wunderschön. Gleichmäßig hob und senkte sich sein Brustkorb, während ich mich im Anblick seiner entspannten Gesichtszüge verlor.
Gerade erinnerte nichts mehr an den verzweifelten Mann, der sich das Leben hatte nehmen wollen. Friedlich schlafend, war er mein Freund, der mich mit seinem niedlichen Lächeln all meine Sorgen vergessen lassen konnte.

Unglaublich gern wäre ich jeden Tag neben ihm aufgewacht, doch die Zeit saß mir im Nacken. Ich wollte noch so viel mit ihm erleben und unternehmen, doch würde ich niemals alles in die Tat umsetzen können. Leise seufzend hob ich meine Hand und auch wenn die Gefahr bestand, dass ich ihn damit wecken konnte, legte ich sie auf seine Brust. Seine Körperwärme ließ meine Fingerspitzen kribbeln und zusammen mit seinem kräftig schlagenden Herz, verdrängte es meine innere Trauer. Brummend rekelte sich Jungkook unter meiner Berührung, bevor er seine Augen langsam öffnete. Blinzelnd sah er zu mir, woraufhin sich seine Lippen zu einem liebevollem Lächeln verzogen.
„Hey", hauchte er, drehte sich zu mir und legte seine Lippen auf meine. Träge erwiderte ich seinen zärtlichen Kuss und seufzte zufrieden, als ich seine Hand an meiner Wange spüren konnte.
„Hi", wisperte ich gegen seine Lippen und lehnte meine Stirn gegen seine. „Ich bin froh, dass du hier bist."
Zärtlich fuhr ich mit meinen Fingerspitzen über seine Wangenknochen, seine Nase und blieb schließlich an seinen Lippen hängen. Unter halb geschlossenen Lidern sah er mich an und küsste meine Fingerspitze, was mir eine angenehme Gänsehaut bescherte.
„Ich kann noch nicht wirklich glauben, dass du wieder bei mir bist", flüsterte er und unwillkürlich erinnerte ich mich wieder daran, was ich ihm angetan hatte. Selbsthass machte sich in mir breit und als hätte Jungkook es bemerkt, griff er nach meiner Hand und hauchte einen Kuss auf meine Knöchel. „Denk nicht daran", meinte er leise und lächelte mich aufmunternd an. „Es ist okay."
„Nichts ist okay", presste ich hervor. „Ich bin Schuld, dass du..."
Ein Schluchzen meinerseits unterbrach mich und ich kniff die Augen zu, als ich Jungkooks Lippen auf meinen Wangen spüren konnte. Sanft küsste er die wenigen Tränen weg und zog meinen Kopf dann an seine Brust. Wimmernd krallte ich meine Finger in den Stoff seines Shirts und verlor mich in Jungkooks beschützender und warmer Umarmung.

„Du musst dir wirkliche keine Gedanken machen", begann Jungkook zu sprechen und ließ seine Finger in meinen Nacken wandern. „Natürlich habe ich Fragen. Sehr viele sogar. Diese Ungewissheit macht mir, um ehrlich zu sein, eine scheiß Angst."
Gebannt lauschte ich seinen Worten und holte stockend Luft.
„Aber ich bin nicht auf dich sauer oder so. Ich war einfach nur unglaublich enttäuscht."
„Es tut mir-."
„Hör auf dich zu entschuldigen", unterbrach er mich harsch und schlug mir sachte gegen den Hinterkopf. „Bitte, Tae. Zeig mir einfach nur dein wunderschönes Lächeln."
„Ich kann es versuchen", nuschelte ich und löste mich von ihm, um mich aufzusetzen. Zögernd drehte ich meinen Kopf in seine Richtung und versuchte ihn möglichst überzeugend anzulächeln.
„Danke", flüsterte er und erwiderte mein Lächeln, auch wenn es den traurigen Ausdruck in seinen Augen nicht verdrängen konnte. Es fiel mir schwer das Thema nicht wieder anzusprechen, aber ich wollte auch nicht mehr mit ihm streiten. Viel lieber wollte ich die zarte Annäherung zwischen uns genießen.

„Wollen wir frühstücken?", wechselte ich das Thema und räusperte mich verlegen.
„Ich würde vorher gerne duschen gehen", erwiderte Jungkook und schwang seine Beine über die Bettkante. Nur in Boxershorts und einem Shirt gekleidet stand er auf und lief zu meinem Kleiderschrank hinüber. „Ich nehme mir ein paar Klamotten von dir", teilte er mir mit, was ein warmes Gefühl in mir auslöste.
„Klar", murmelte ich und konnte meine Augen nicht von seinen muskulösen Beinen und seinem breiten Rücken nehmen. Ich hatte mich schon damals, als wir nur beste Freunde gewesen waren, nicht dafür geschämt, dass ich ihn attraktiv fand.
„Bis gleich", riss mich Jungkooks Stimme aus meinen Beobachtungen und als er mir zuzwinkerte, wendete ich errötend den Blick ab. Mit klopfendem Herzen stand ich ebenfalls auf, schlüpfte in eine bequeme Hose und verließ dann mein Schlafzimmer.
Auf dem Flur hörte das Rauschen von fließendem Wasser, ehe ich die Küche betrat und mich um ein kleines Frühstück kümmerte.

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