Deine Umarmung ist mein Zuhause.

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Kapitel 4
Deine Umarmung ist mein Zuhause.


Taehyung

Meine Augen lagen unentwegt auf Jungkook, der zusammengerollt auf meiner Couch lag und vor wenigen Minuten vor Erschöpfung eingeschlafen war. Unruhig wand er sich unter meiner Decke, die ich fürsorglich über ihn gelegt hatte und murmelte unverständliche Dinge.
Es tat mir in der Seele weh, ihn so zu sehen und am liebsten hätte ich ihm alle Sorgen und Ängste genommen. Mir war klar, dass es unmöglich war und das ich allein an seinem Zustand Schuld war.
Seufzend wendete ich mich von ihm ab und verließ so leise wie möglich das Wohnzimmer.

Grübelnd betrat ich das Badezimmer und spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor ich einen Blick in den Spiegel wagte. Meine geröteten Augen starrten mir traurig entgegen und als ich versuchte zu lächeln, erschrak ich mich beinah vor meinem gequälten Gesichtsausdruck.
Hastig wendete ich meinen Blick ab, öffnete den Schrank neben dem Spiegel und nahm die runde, weiße Dose in die Hand. Missmutig registrierte ich, dass sie nicht mal mehr bis zur Hälfte mit Tabletten gefüllt war und ich somit demnächst schon wieder Neue holen musste. Kurz spielte ich mit dem Gedanken eine zu nehmen, erinnerte mich dann aber auch an die Warnung meines Arztes, dass ich sie nur im Notfall nehmen sollte. Ausatmend stellte ich die Dose wieder an ihren angestammten Platz zurück und hoffte inständig, dass ich meine Anfälle weiterhin vor Jungkook geheim halten konnte. Es sollte sich um mich keine Sorgen machen, denn noch war ich nicht bereit ihm die Wahrheit zu sagen.

„Taehyung?", vernahm ich Jungkooks heisere Stimme und zuckte zusammen, als ich kurz darauf Schritte im Flur hören konnte.
„Hier", nuschelte ich und verließ das Badezimmer, um Jungkook auf mich zukommen zusehen. „Alles gut?", fragte ich ihn und musterte ihn eingehend. Obwohl er geschlafen hatte, sah er noch immer ziemlich erschöpft aus.
„Nicht wirklich", antwortete er leise und stolperte leicht, als er herzhaft gähnte.
„Du hättest dich nicht selbst entlassen sollen", erwiderte ich vorsichtig und rechnete damit, dass er sauer werden würde. Stattdessen lächelte er nur müde und schüttelte den Kopf. „Ich habe es da nicht mehr ausgehalten."
„Dann tu mir den Gefallen und leg dich wieder hin", bat ich ihn und wollte nach seinen Arm greifen, als Jungkooks Hand plötzlich nach vorne schoss. Für seinen Zustand überraschend stark, schlangen sich seine kalten Finger um mein Handgelenk, während er mir unentwegt in die Augen sah.
„Was?", fragte ich überrumpelt, versuchte mich aus seinem Griff zu lösen und stolperte leicht, als er mich ruckartig zu sich zog. Sein typischer Geruch stieg mir in die Nase und mein Herzschlag verdoppelte sich, als er meinen Arm umdrehte. Siedend heiß fiel mir das Pflaster wieder ein, welches Jungkook gerade vorsichtig, mit den Fingerspitzen seiner anderen Hand, berührte. „Alles gut?", fragte er leise und sah mir dabei unentwegt in die Augen. „Bist du krank?"
„Nein, war nur eine normale Untersuchung", antwortete ich und konnte nicht verhindern, dass meine Stimme ein wenig zitterte. Ganz kurz huschte ein undefinierbarer Ausdruck über Jungkooks Gesicht, bevor er unmerklich nickte. „Gut. Dann muss ich mir ja keine Sorgen machen", sagte er daraufhin und löste seine Finger von meinem Handgelenk, um mir den Rücken zuzudrehen. Nicht in der Lage mich zu bewegen, sah ich ihm hinterher, wie er sich an der Wand abstützend zurück zum Wohnzimmer kämpfte. Unaufhörlich presste ich meine Kiefer aufeinander und ballte meine Hand zur Faust, mit dem Bedürfnis auf etwas einzuschlagen. Ich war der schlechteste Freund auf der ganzen Welt, denn anscheinend reichte es mir nicht, ihn beinah in den Tod zu treiben, sondern musste ihn auch noch schamlos anlügen.
Vor Wut zitternd, riss ich das Pflaster mit einer ruckartigen Bewegung ab und verzog kurz das Gesicht, als der Schmerz Sekunden später zu mir durchdrang. Mit den Fingerspitzen berührte ich den kleinen roten Punkt, bevor ich das Pflaster in den kleinen Mülleimer unter dem Waschbecken warf und das Badezimmer verließ.

Innerlich aufgewühlt, versuchte ich mir äußerlich nichts anmerken zu lassen und blieb in der geöffneten Wohnzimmertür stehen. Zusammen gesunken saß Jungkook auf der Couch und drehte seinen Kopf träge in meine Richtung, als ich mich leise räusperte.
„Möchtest du etwas essen oder trinken?", fragte ich ihn und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter.
„Wasser reicht. Ich habe keinen Hunger", antwortete er und lächelte mich müde an. Es gefiel mir nicht, dass er nichts essen wollte, dabei war ich nicht viel besser. Meine letzte richtige Mahlzeit lag auch schon einige Tage zurück und sobald ich jetzt an etwas zu essen dachte, wurde mir sofort schlecht. Für einen Moment beobachtete ich Jungkook noch, wie er seinen Kopf seufzend gegen die Polster lehnte und dabei so unglaublich zerbrechlich aussah.
Verbittert wendete ich mich schließlich ab und ignorierte meine innere Stimme, die meine Schuldgefühle nur noch verschlimmerte. Schlecht gelaunt betrat ich die Küche, nahm zwei Flaschen aus dem Kühlschrank und atmete nochmal tief durch, bevor ich wieder zu Jungkook zurückging.
Schweigend setzte ich mich neben ihn und reichte ihm eine der Flaschen, aus der er sofort einen kleinen Schluck trank.

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