Kapitel 6
Verdrängt, aber nicht vergessen.
Taehyung
Mit einem unangenehmen Gefühl, bahnten sich die drei kleinen, weißen Tabletten ihren Weg durch meine Speiseröhre. Schwankend verlor ich den Halt am Waschbecken und ließ mich kraftlos an der Wand zu Boden sinken. Keuchend presste ich meine Wange an die kühlen Fliesen und schloss die Augen. Der Schmerz pochte durch meinen gesamten Körper und ich spürte bereits die erlösende Dunkelheit nach mir greifen. Vehement wehrte ich mich dagegen, wollte nicht bewusstlos werden und womöglich das Treffen mit Jungkook verpassen.
Die letzten Tage hatte ich mit ihm an meiner Seite, all meine Sorgen verdrängen können, doch heute wurde ich besonders schmerzhaft daran erinnert.
Seit heute Mittag hatte ich mich mehrmals übergeben und auch wenn ich Jungkook vermisste, war ich unglaublich froh, dass er heute nicht bei mir übernachtet hatte. Meine Anfälle übermannten mich immer häufiger und von Mal zu Mal wurde der Schmerz immer unerträglicher.
Im Einklang mit meinem Herzschlag pulsierte der Schmerz durch meinen Körper und machte mir ein normales Denken beinah unmöglich. Verzweifelt versuchte ich mich auf Jungkook zu konzentrieren, rief mir sein Lächeln und seine strahlenden Augen ins Gedächtnis.Es half nur bedingt und unter Aufbietung meiner verbliebenen Kraft, kämpfte ich mich auf die Beine. Mit zitternden Fingern entledigte ich mich meiner Klamotten, ließ sie zu einem unordentlichen Haufen zu meinen Füßen liegen und betrat die kleine Duschkabine. Mit einem erschrockenen Keuchen stolperte ich gegen die Fliesen, als das eiskalte Wasser auf meinen Körper traf. Ich zwang mich dazu unter dem Strahl stehen zu bleiben und biss die Zähne zusammen, als die einzelnen Wassertropfen, wie feine Nadelstiche, auf meine Haut prasselten.
Erst als ich kein Gefühl mehr in meinen Fingerspitzen hatte, stellte ich das Wasser aus und trat aus der Dusche. Unablässig tropfte das Wasser von meinen Haaren auf meine Brust, als ich mich mit einem großen Handtuch fahrig abtrocknete. Abwesend starrte ich vor mich hin, ließ das nasse Handtuch einfach zu Boden fallen und warf einen flüchtigen Blick in die Spiegel.
Ich sah beschissen aus.
Anders konnte man es einfach nicht benennen. Völlig benebelt durch die Tabletten, verselbstständigten sich meine Gedanken und ich fragte mich wie schon so oft, was Jungkook an mir mochte.
Warum hatte er sich gerade in mich verliebt? Während er in meinen Augen einfach nur perfekt war, empfand ich mich selbst nur als durchschnittlich. Es war schwachsinnig sich darüber Gedanken zu machen, denn Jungkook war überhaupt nicht oberflächlich. Seufzend wendete ich den Blick ab und schlich nackt in mein Schlafzimmer. Die Vorhänge waren zugezogen und sperrten die grellen Sonnenstrahlen aus, die den pochenden Schmerz hinter meinen Schläfen nur noch verstärkt hätten.Ausatmend und kraftlos rutschte ich unter meine Decke, spürte die kühlen Laken nicht mal wirklich auf meiner Haut und schloss die Augen. Ich wollte mir nur ein paar Minuten Entspannung gönnen und stöhnte genervt auf, als mein Smartphone kurz vibrierte.
Blinzelnd sah ich zu meinem Nachttisch hinüber und streckte mich umständlich, um das kleine Gerät mit meinen Fingern zu greifen.
Jeglicher Schmerz war vergessen, als ich Jungkooks Namen auf dem Display erkennen konnte und mit zitternden Fingern seine Nachrichten öffnete.
Freue mich auf heute Abend.
Kann es nicht erwarten, wieder bei dir zu sein.
Kookie
Seitdem wir entschieden hatten unsere Probleme auf unbestimmte Zeit zu verdrängen, war Jungkook noch glücklicher als ohnehin schon. Er verhielt sich vor mir, als würde ich ihm nichts verheimlichen und als hätte es seinen Selbstmordversuch niemals gegeben. Ich war nicht mehr in der Lage zu erkennen, ob es ihn störte oder nicht. Wann immer er bei mir war, lächelte er unentwegt, suchte meine Nähe und sah mich unglaublich liebevoll an.
Einerseits freute ich mich ihn so unbeschwert zu sehen, andererseits quälte mich noch immer mein schlechtes Gewissen. Denn so leicht wie Jungkook all unsere Probleme ignorieren konnte, fiel es mir leider nicht.
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Schicksal ✔
FanficDas Schicksal lässt sich nicht ändern. Taehyung weiß das nur zu gut. Er hat akzeptiert, dass ihm die Zeit davonläuft. Jungkook, seinem besten Freund und seiner großen Liebe, verheimlicht er es allerdings. Mit allen Mitteln versucht er Jungkook auf A...