"Wo bin ich?", fragt Jaron. Er schlägt müde seine Augen auf. Das erste was er sieht, sind diese eisblauen Augen. Jaron ist zwar noch etwas benommen. Doch es fällt ihm bei diesem Anblick sofort wieder die Begegnung am Schlossfenster ein. Diese eiskalten Augen, die ihn einfach weggeschickt haben.
Und nun liegt er auf einer Couch. In eine flauschig weiche Decke gehüllt. Es ist schön, dass er nicht mehr frieren muss. Fragend sieht er nun den hellblonden Jungen an.
"Warum hast du mich gerettet?"
"Uhuja hat so schrecklich geheult. Und außerdem: hätte ich dich erfrieren lassen sollen?"
"Uhuja?"
"Ja die Schneeeule. Sie gehört zu mir."
"Und sonst bist du ganz alleine hier?"
"Ja, seit vielen Jahren. Es verirrt sich selten jemand hierher. Und außerdem ... Ach lassen wir das. Hier, ich habe dir einen heißen Tee gemacht."
"Danke!"
Nickend wendet sich der Junge von Jaron wieder ab. Jaron schaut ihm nach und grübelt. "Seit vielen Jahren", geht ihm seine Antwort durch den Kopf. Wie kann das sein? Er ist doch höchstens 20. Und nach seinem Namen hat er auch nicht gefragt. Trotzdem spürt er ein Gefühl der Geborgenheit unter dieser flauschigen Decke. Und der Tee schmeckt auch ganz besonders, so winterlich. Was da wohl so drin ist? Plötzlich realisiert er, dass er nur in Shorts unter der Decke liegt. Der Fremde muss ihn ausgezogen haben. Das ist Jaron furchtbar unangenehm. Obwohl er sich für seinen Körper bestimmt nicht schämen muss.
Wieder geht die Tür zu dem kleinen Raum auf. "Hier, deine Sachen. Ich hab sie über den Ofen gehängt. Sie sind wieder trocken. Du kannst gehen", ruft ihm der Junge zu. Jaron schreckt hoch. Eigentlich fühlt er sich hier ganz wohl. Er will noch nicht gehen. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals, als er schließlich zu fragen traut: "Kann... kann ich nicht noch etwas bleiben. Bitte." Die eisblauen Augen scheinen etwas sanfter zu blicken, dennoch schüttelt der Junge den Kopf und sagt: "Nein, es ist besser für dich, wenn du jetzt gehst."
Jaron fällt es schwer, doch er akzeptiert die Abfuhr. Langsam zieht er sich seine Sachen an. Es ist schade. Das Schloss wirkt so friedlich, so vertraut. Er steht traurig an der Pforte. Unvermittelt ergreift er die Hand des Fremden, um sich zu verabschieden. Er zuckt sofort wieder zurück, denn die Hand ist eiskalt. Verwundert sieht Jaron den anderen Jungen an und sieht plötzlich eine Träne in dessen eisblauen Augen stehen. "Ich sagte dir ja, es ist besser, wenn du gehst", hört er den Jungen sagen. Jaron nickt. Vielleicht ist es besser. Seine Eltern vermissen ihn bestimmt auch schon. Er wird den Weg zurück schon finden. Doch kaum öffnet sich die schwere Pforte, hören die beiden einen unheimlichen Wind und aufgebrachtes Heulen von Uhuja. Ein heftiger Schneesturm tobt. Ängstlich und flehend sieht Jaron den Jungen an. Der zögert, sagt dann aber doch: "Ich bin kein Unmens. Du kannst bleiben, bis der Sturm vorüber ist." Jaron ist erleichtert. "Quirin", sagt der Junge schließlich. "Kwi-was?", stottert Jaron. Etwas genervt antwortet der andere: "Quirin. Das ist mein Name. Wenn wir es hier nun schon zusammen aushalten müssen, sollst du wenigstens wissen, wie ich heiße."
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Schneeflockenprinzen
RomanceFür den 17jährigen Jaron bricht eine Welt zusammen. Denn sein erster Freund hat sich von ihm getrennt. Nun steht er einsam am See als die erste Schneeflocke fällt. Ein mysteriöses und romantisches Abenteuer im nahegelegen Schloss beginnt.