Nach dreizehn Stufen hatten sie das Ende der Treppe erreicht und fanden sich in einem quadratischen Raum ohne Türen wieder. Fai, der vorne weg gegangen war, hatte noch rechtzeitig angehalten, bevor er über einen umgefallenen Stuhl gestolpert wäre. Der Rest des Raumes war nicht weniger chaotisch: Scherben verstreut auf dem gesamten Boden, geöffnete Schränke, deren Inhalte zum Teil rausgefallen waren, und eine Werkbank, auf der sich umgeschüttete Glasbehälter und Papierfetzen stapelten, ohne eine freie Fläche der Platte übrig zu lassen. Ansonsten lagen noch diverse Werkzeuge herum, von Schraubenschlüsseln bis hin zu Schleifgeräten, und in einer Ecke der Raumes waren Maschinen aufgestellt. Eine davon war eine Tischkreissäge, bei den Restlichen fehlte Jean das Verständnis für Handwerkskunst, um sie zu identifizieren.
"Welch ein Chaos...", kommentierte Fai mit rerümpfter Nase und stieg vorsichtig über den Stuhl.
Indessen suchte Felicia die Wand nahe der Treppe ab und wurde fündig, als sie ein weißes Rechteck erblickte, gegen das sie ihre Hand presste. Ein leises Klacken ertönte und über ihnen schaltete sich eine Glühbirne ohne Abschirmung an, die den Raum mit einem schwachen Licht erhellte. Besonders viel brachte sie nicht, außer noch mehr Spinnennetze zum Vorschein zu bringen und sie auf weiteres Gerümpel aufmerksam zu machen.
"Was ist das für ein komischer Ort? Ist hier eine Bombe eingeschlagen?", wunderte sich Felicia und hob ein Metallrohr vom Boden auf, das sie skeptisch betrachtete. Da sie damit nichts anfangen konnte, schob sie es sacht gegen Jeans Rücken. Im Unklaren darüber, was sie mit dieser Aktion bezwecken wollte, entfernte er sich geschwind von ihr und steuerte auf die unordentliche Werkbank zu. Wenn sie nur hier war, um dämliche Spielchen zu treiben, konnte sie verschwinden. Jean hatte hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen und keine Zeit für diese Dummheiten.
"Keine Reaktion? Wie langweilig.", meinte sie enttäuscht. Dann warf sie das Rohr lieblos in die nächste Ecke.
Tief ausatmend entgegnete er: "Such lieber nach etwas Nützlichem, statt mich mit Rohren zu piesacken."
"Hey, ich hab immerhin schon den Lichtschalter gefunden!"
Würde diese Glühbirne nicht wirken, als schlüge jeden Augenblick ihr letztes Stündlein, hätte er sie jetzt gelobt, aber bei diesem flackerndem Ding war er nicht einmal sicher, ob sie nicht gleich explodieren würde.
Bisher hatten Felicia und Jean nichts Brauchbares entdeckt, doch sie waren glücklicherweise zu dritt. Ihr pflichtbewusster Vorgesetzter hatte die Zeit im Gegensatz zu ihnen effizient genutzt und einen zerknüllten Zettel, tief vergraben im oberen Fach eines Schranks, gefunden. Mittlerweile auseinander gefaltet legte er ihn vor Jean auf die Bank und deutete mit seinem Finger auf eine Bleistiftskizze. "Rate mal, was das ist."
"Was...?" Jeans Technikverständnis war rudimentär vorhanden. Komplexe Bauanleitungen verstand er nicht bis ins kleinste Detail, aber er konnte zumindest ablesen, was diese Zeichnung darstellte. "Das ist ein Maschinengewehr! Das bedeutet dann ja..." Er schaute mit aufgerissenem Mund über seine linke Schulter zu Fai und wartete auf seine Zustimmung.
Seine Mutmaßung bestätigend, nickte er. Zusätzlich bildete sich ein schmales Lächeln auf seinen Lippen. "Das Glück war auf unserer Seite. Wir haben seinen Unterschlupf gefunden. Vorausgesetzt, in diesem Wald haben nicht noch andere Tüftler ihre Werkstatt. Doch die Wahrscheinlichkeit dafür dürfte ziemlich gering sein."
Nun kam auch Felicia zu ihnen gelaufen und schaute das Blatt mit weit geöffneten Augen an. Ihre zögerlichen Fingerspitzen, die das Papier nur an den Rändern streiften, und ihr kräftiges Schlucken wiesen darauf hin, dass sie es noch nicht richtig glauben konnte.
"Das... sind wirklich die Pläne... für Waffen gegen Crepus...?", fragte sie. Aus ihrem Gesichtsausdruck ließ sich nicht feststellen, ob sie wütend oder froh war. Ihre Überwältigung beherrschte jede ihrer anderen Emotion und machte aus ihr eine regungslose Puppe, die nur perplex nach unten starrte.
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Vertrag mit der Anderswelt: Sekte
ParanormalVor 100 Jahren wurde die Welt Zaphylis von sogenannten "Crepus" heimgesucht. Was sich hinter ihnen verbirgt, ist bis heute nicht bekannt. Einige beten sie wie Götter an, andere sehen in ihnen Dämonen, die Unheil über die Welt bringen. Einzig darin s...