Chapter 2

203 10 4
                                    

,,Wie spät ist es?", rufe ich, als ich vom Sonnenschein geweckt werde und schlagartig aus dem Bett springe.
7:15 Uhr. Oh, Mist. Ich komme noch zu spät zur Schule!
Schnell packe ich meine Sachen zusammen und putze mir in Windeseile die Zähne. Schnappe mir im Vorbeigehen zwei schon geschmierte Brote und eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und ziehe mich um.

Als ich fertig bin, verschwinde ich schnell mit der Tasche über dem Arm und dem Autoschlüssel in der Hand aus dem Haus und rase schon fast zur Schule. Ein Glück habe ich es ja nicht so weit und komme so doch noch recht pünktlich zur ersten Stunde an.
Amanda und Alice warten noch auf mich und wir rennen in die Sporthalle. In der ersten Stunde Sport zu haben, ist manchmal wirklich eine Qual, aber ich tanze leidenschaftlich gerne und viel, das ist ja auch Sport, deswegen macht es mir meistens nicht viel aus.

Wir haben gerade Badminton als Thema, das konnte ich von Anfang an, weil Mum und ich das in jüngeren Jahren mal zwischendurch gespielt hatten. Mrs. Cooper, die Sportlehrerin kontrolliert wer da ist und dann fangen wir auch an. Amanda hat überhaupt keine Lust zu Sport. Sie hasst das Fach. Alice hingegen spielt gerne mit mir. Außerschulisch spielt sie Tennis im Verein, neben dem Tanzen. Sie ist also wirklich sehr sportlich, das sieht man auch ziemlich an ihrer nahezu perfekten Figur.
,,Ist schon gut, Alice. Gehen wir eben ein anderes Mal...", sage ich und versuche ein überzeugendes Lächeln auszusetzen, während ich eigentlich ein wenig enttäuscht bin. Aber sie kann eben nichts dafür, ihr Vater ist immer so spontan. Dann muss Alice immer gleich alles absagen und mit ihrer Familie, bestehend aus ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder, mitfahren. Familie geht eben vor, wäre aber bei mir auch so...

Also gehe ich nach der 6. Stunde mit Amanda und Alice zum Auto, verabschiede mich von beiden und fahre nach Hause. Zuhause angekommen habe ich echt keinen Plan, was ich stattdessen tun soll. Na ja Musik geht immer. Anschließend esse ich ein Toast mit Marmelade und lege mich mit Kopfhörern in mein Bett.
Nach einiger Zeit höre ich durch meine Musik irgendwelche lauten Geräusche von draußen. Ich gehe also ans Fenster um mir genauer anzusehen was dort draußen so laut rumst. Da stehen zwei LKW's und ein Auto. Ein schlichter Sportwagen. Die LKW'S waren Umzugswagen, das muss also ja heißen, dass wieder jemand bei uns einziehen wird!
Voller Vorfreude auf die neuen Nachbarn gehe ich raus, um mir anzusehen, wer da neben uns einzieht. Auf einmal kommt jemand aus dem Haus heraus. Eine blonde Frau mit einem blonden Mann. Beide strahlen von Ohr zu Ohr.
Plötzlich spricht mich jemand von hinten an: ,,Hallo. Darf ich mich vorstellen? Dein neuer Nachbar!" Ich drehe mich langsam und ruhig um, denn die Stimme kenne ich, weiß nur noch nicht wem sie gehört.
Ich glaube meinen Augen nicht zu trauen, als ich in wunderschöne, braune Augen blicke. Sofort weiß ich, wer er ist. Er streckt mir seine große Männerhand entgegen, während er sagt: ,,Ich bin Tyler, und du?" Unfähig zu sprechen, starre ich ihn ohne jede Art von Bewegung an und werde knallrot. Allmählich realisiere ich wie blöd ich mich anstelle und schüttele daraufhin schnell seine Hand. ,,Äh, ich äh, ich heiße Jess. Ähm Jessica, meine ich...", stammele ich ein bisschen unverständlich vor mich hin. An seiner eindeutig belustigter Miene, sehe ich, dass er es doch verstanden hatte. ,,Gut, darf ich denn trotzdem Jess zu dir sagen?", sagt er mit breitem Lächeln. ,,Ähm, ja klar...", antworte ich ihm. Daraufhin sagte er: ,,Moment mal, kennen wir uns nicht? Warst du nicht die, der ihr Ballkleid so gut steht?" ,,Woher weißt du, dass es mrin Ballkleid war?", frage ich unnötiger Weise und völlig irritiert von der Situation, diesem merkwürdigen, bizarren Zufall.
,,Na ja, bald ist hier doch der Frühjahrsball, und da dachte ich..." ,,Äh, ja klar! Und nochmal danke für das Kompliment!", lächele ich. ,,Aber gerne doch!", lächelt er zurück. ,,Dann sehen wir uns jetzt öfter, stimmt's?", frage ich völlig überstürzt und merke erst, als ich es ausgesprochen habe, wie begierig ich mich anhöre. ,,Ja, ich denke schon. Hast du da ein Problem mit?" Er zieht eine Augenbraue hoch. ,,Nein! Nein, natürlich nicht!" Entgegne ich ihm versichert.
,,Okay, gut, denn ich wollte gerade fragen, ob du Samstag vielleicht Zeit hättest?" Er grinst. ,,Wofür denn?" ,,Wie du siehst ziehen wir hier jetzt ein und meine Mum wollte eine kleine Einweihungsparty machen, also nicht richtig Party, mehr so Kaffeekränzchen mit den Nachbarn. Und deine Eltern sind natürlich auch eingeladen, um die geht's ja auch. Und wenn es uns zu langweilig wird, weil meine Mutter wie ein Wasserfall redet, können wir bestimmt auch früher gehen und was anderes machen, einen Spaziergang oder sowas... Weil ich nicht denke, dass mein Zimmer Samstag schon komplett fertig sein wird. Aber alles natürlich nur wenn du kommen willst...", sagt er freundlich und lächelt mich nach wie vor an.
Und sein Lächeln ist mit Abstand das schönste was ich in letzter Zeit gesehen habe.
,,Also was hälst du davon?" ,,Äh ja, ich glaube da hab ich Zeit, klar, ich komme! Wann denn am Samstag?", frage ich neugierig. ,,Das sage ich dir dann noch im Laufe der Woche, okay?" ,,Ja, komm einfach nach der Schule. Ach, du weißt gar nicht wann das ist, hm?" Ich komme mir reichlich blöd vor.
,,Auf welche Schule gehst du denn?" ,,Auf die Jackson - High, und du?" ,,Hey, ich auch. Ist ja praktisch, schon jemanden dort zu kennen!", sagt Tyler sichtlich erfreut. ,,Ja, stimmt, dann weißt du die Zeiten ja bestimmt.", füge ich hinzu. ,,Jep! Und wie wär's, wenn ich dich morgen früh abhole, dir die Zeit für Samstag sage und uns zur Schule fahre? Ich weiß auch schon wo die ist, also keine Sorge!", fragt er und strahlt aufgeregt.
Er überrumpelt mich echt ein wenig mit seinen ganzen Fragen, aber ich war zu begeistert von ihm, um ihm abzusagen.
,,Gut, freut mich, ich bin dann so um zwanzig vor Acht bei dir, okay?" Er neigt den Kopf zur Seite und schaut mich gespannt an, als ob ich ihm gerade, die allerneuesten Ereignisse in der Promiwelt berichten würde, dabei ignoriere ich diese Spannung in seiner Miene, nicke und lächele. Er lächelt zurück, fährt sich einmal durch sie Haare, dreht sich zu seinem neuem Zuhause um uns sagt nur schnell: ,,Ich glaube, ich sollte mal wieder rein gehen und mithelfen, war schön dich kennengelernt zu haben, Jess! Dann sehen wir uns morgen früh!" ,,Ja.", sage ich leise und bin immer noch überwältigt von der Situation. Er zwinkert mir zu, schüttelt nochmal die Hand in der Luft, verabschiedet sich so von mir und sprintet fast ins Haus. Ich winke nur zurück und bleibe steif stehen, kann es immer noch nicht richtig begreifen, was hier eben vor sich ging. Aufgeregt und ein bisschen irritiert gehe ich auch ins Haus. Er sieht so unglaublich gut aus! Mit etwas zitternden Händen wähle ich Am's Nummer auf meinem Telefon.
,,Am? Am?" ,,Ja süße, was ist denn?", sagt sie. ,,Oh mein Gott, Am! Weißt du was?" ,,Nein, weiß ich nicht, ich weiß zwar viel, aber das bestimmt nicht. Aber da ich dich sehr gut kenne, wirst du es mir jetzt sagen, also hau raus!" Sie lacht. Zum Beispiel deswegen ist sie meine beste Freundin.
Sie ist einfach unverwechselbar und vor allem nicht zu ersetzen. Sie ist die witzigste Person die ich kenne und sie hat wirklich immer einen coolen Spruch auf Lager. So wie jetzt eben. ,,Am, du glaubst es nicht! Der Typ, den wir im Kleiderladen gesehen haben, weißt du? Der mir gesagt hat, dass mir mein Kleid steht, jedenfalls, weißt du wen ich meine?", frage ich hastig. ,,Ja ja, was ist denn mit dem?", drängt sie, sie kann es genauso wenig abwarten wie ich. ,,Er zieht neben uns ein, NEBEN UNS! Ich habe ihn eben gesehen, oder eher hat er mich gesehen und gleich angesprochen. Und hat sich mir gleich vorgestellt. Er heißt Tyler. Und jetzt kommt's: wir haben uns für Samstag sozusagen verabredet! Und, und, und er fährt uns morgen zur Schule!" Ich schreie schon ins Telefon, als wenn sie schwerhörig wäre. Ich kann's einfach noch nicht glauben.
,,Ehrlich jetzt? Ernsthaft? Jess, hallo? Das ist ja fantastisch! Und ihr seid so richtig verabredet? So ein richtiges Date? Ich kann es gar nicht glauben, nicht von dir, Jess!" Sie lacht und ist ebenso sprachlos wie ich, wie ich das nur gemacht haben kann. Nur bin ich direkt ja gar nicht Schuld daran, er hat ja gefragt, ob ich Samstag Zeit habe, wenn's auch nur für kurz und für ein Kaffeeklatsch ist, aber immerhin.
Genau das sage ich ihr. ,,Ich hab doch gesagt, dass du mir nicht glauben wirst!" Ich lache herzhaft und bin mit guter Laune erfüllt. ,,Jess, bist du es wirklich? Hört sich ja gar nicht nach dir an!"
Amanda lacht ebenfalls und fügt noch hinzu: ,,Aber im Ernst, Jess. Das ist echt toll! Ein voller Erfolg! Ich freue mich so für dich, ehrlich!", sagt sie aufgeregt. ,,Allerdings hörst du dich auch ziemlich verknallt an!" Sie lacht erneut und ich überlege. ,,So ein Schwachsinn! Und wenn, dann nur ein ganz, ganz kleines Bisschen! Ich meine, ich kenne gerade mal seinen Namen und er meinen, und durch einen komischen Zufall weiß ich auch wo er wohnt..." ,,Ach komm, das sieht ja jeder Blinde mit 'nem Krückstock, dass du verliebt bist, gib's zu!" Und da hat sie ins Schwarze getroffen. Zwar nicht tief aber trotzdem. Sie hat mich wirklich enttarnt. Ich wollte das eigentlich noch nicht jetzt. Das komische ist jedoch, dass ich das selbst nicht von mir gedacht hätte, dass ich mich so schnell umstimmen lasse. Aber was soll's, Amanda ist eben meine beste Freundin, sie weiß was gut für mich ist und sie kennt mich zu gut um mich nicht zu durchschauen. Also gebe ich mich geschlagen und nicke. Als ich abermals merke, dass ich ja telefoniere, und sie mein Nicken gar nicht sehen kann, sage ich hastig: ,,Okay, erwischt..." ,,Ha! Ich wusste es doch! Oh Jess, meine verliebte Jess. Hey, ich muss leider Schluss machen, Mum und ich gehen einkaufen. Wir sehen uns morgen, ja?" ,,Alles klar, bis dann und viel Spaß!", sage ich schnell bevor sie auflegt.

the neighborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt