Punkt 6 Uhr stehe ich auf. Extra ein bisschen früher als sonst, ich will ja nicht zu spät sein, wenn Tyler nachher hier aufkreuzt. Ich ziehe mir mein Lieblingsshirt an, das ist weiß hat und etwas Spitze am Rücken, dazu eine enge, schwarze Hose. Ich kämme meine Haare zigmal durch, bis wirklich kein einziger Knoten vorhanden ist und schminke mich dann. Wimperntusche, ein ganz schmalen Lidstrich mit dem Eyeliner und ein wenig Puder auftragen, das genügt, aber ist dennoch nicht zu viel, finde ich. Dann esse ich ein Toast und trinke ein Glas frischgepressten Orangensaft, bevor ich mir gründlich, wie immer, die Zähne putze. Und dann bin ich auch schon fertig und das viel zu früh. Denn es war gerade mal kurz nach sieben. Ich setze mich also in die Küche und schaue in den Vorgarten und auf die Veranda, sodass ich Tyler auch bloß nicht verpasse. Ich hatte nur einen Kopfhörer im Ohr um die Klingel besser hören zu können. Ich hab sogar meine Tasche schon fertig gepackt, also bin ich mit allem fertig und habe nichts mehr zu tun. Meine Eltern schlafen noch tief und so sitze ich einfach nur regungslos in der Küche herum und starre aus dem Fenster. Auf einmal fällt mir ein, dass ich gestern bei den Hausaufgaben, meinen Block liegen gelassen habe, ich renne also schnell aber trotzdem leise nach oben in mein Zimmer und hole ihn. Gerade als ich wieder nach unten komme und auf die Küche zu laufe, klingelt es.
Ich schaue schnell auf die digitale Küchenuhr und bemerke, dass es punkt zwanzig vor Acht ist, genau wie er es gesagt hatte. Ich öffne, mit einem süßen Lächeln und meiner Tasche über der Schulter, die Tür und sehe einen komplett gestylten Tyler vor mir stehen. ,,Hi!" Er hebt seine Hand hoch und nimmt sie so schnell wieder runter, wie sie hoch gekommen ist. ,,Hey.", antworte ich. Er sieht mal wieder atemberaubend gut aus. Ein dunkelblaues Shirt mit V- Ausschnitt (man sah seine breiten Arme), eine helle Jeans und schwarze Chucks von Converse, die ich heute zufällig auch anhabe. Hinter ihm sehe ich einen silbernen Audi stehen, wohl sein Auto... ,,Ähm ja, bist du fertig?", fragt er vorsichtig. ,,Ja." ,,Okay... wollen wir dann los?" ,,Ja!", ich nicke und folge ihm ins Auto. Ich schließe nur schnell noch meine Tür ab und als ich mich wieder umdrehe und aufschaue, sehe ich dass er mir lächelnd die Beifahrertür aufhält. Hastig stecke ich meinen Schlüssel in die Tasche und gehe zu ihm. ,,Madame?", sagt er freundlich und weist mir mit offener Handbewegung ins Auto. ,,Danke!", stammele ich ein wenig verwundert. Er ist der erste, der mir je eine Tür aufgehalten hat. Als er auch sitzt, frage ich: ,,Und, wann ist das Samstag bei euch?" ,,Um halb Drei, also wenn ihr könnt..." ,,Ja, ich hab meine Eltern schon gefragt, sie haben nicht gesagt, dass sie was vorhaben, also ja!",sage ich viel zu schnell, sodass es rüber kommt, als würde ich nichts lieber machen, als das.Na ja, es ist ja auch eigentlich so. Aber dennoch sollte er es mir nicht so anmerken. Ich meine, wir kennen und gerade mal ein paar Stunden, da sollte ich nicht zu begierig erscheinen. Er nickt. ,,Freut mich wirklich sehr, dass ihr kommen könnt. Wenn's dann irgendwann zu langweilig für uns wird, können wir ja raus, denn du bist sowieso interessanter als das was meine Mutter sagt. Wir können ja die eine Stunde oder so da bleiben, dann freut sich meine Mum und danach wird sie verstehen, dass es uns zwischen den ganzen Leuten, die ja nicht ganz in unserem Alter sind, langweilig wird.", sagt er amüsiert. Okay, dass er so direkt darüber spricht, unbedingt was alleine mit mir zu machen, ist wirklich schön, versteht mich nicht falsch, aber etwas komisch ist es doch schon, oder? Wir kennen uns nicht lange und schon will er mich sofort kennenlernen... Ach, was rede ich da eigentlich? Jedes andere Mädchen würde sich einfach nur freuen, sich mit so jemandem wie Tyler zu treffen und ich habe nichts besseres zu tun, als darüber zu überlegen, warum er was tut? Nur bin ich nicht wie jedes andere Mädchen. ,,Jess?" Das muss ich mir echt mal abgewöhnen. Wenn ich so in Gedanken bin, muss ich trotzdem zuhören können, das wird sonst immer peinlicher. ,,Äh, was? Ja. Ja, klar können wir das machen, gute Idee!" Er sieht mich an. ,,Hast du überhaupt Lust, etwas mit mir zu unternehmen?" Ob er wohl spürt, das ich so verstört bin? ,,Na klar! Natürlich! Ja, ich glaube, du hast völlig Recht. Das kann auf Dauer langweilig werden. Aber dann musst du mir aber auch alles über dich erzählen, okay?", frage ich mal wieder total überstürzt. Ich sehe nur seinen belustigten Gesichtsausdruck Richtung Straße und möchte am liebsten im Boden verschwinden, nachdem ich das gesagt habe. ,,Alles klar, mach ich doch gerne! Aber nur wenn du das auch machst." Er lacht laut auf. ,,Abgemacht...", sage ich ein bisschen zu leise, aber ich bin doch etwas erleichtert, dass er nicht irgendwas blödes dazu gesagt hat, wo ich mich noch mehr hätte schämen müssen. ,,Du siehst heute übrigens echt gut aus, gestern natürlich auch, aber heute irgendwie anders, aber positiv!", sagt Tyler und schaut mich abermals an. ,,Äh danke..." Ich weiß nicht recht, wie ich damit umgehen soll, wenn er weiterhin so ist. Ich meine, ich fühle mich geehrt, sehr geehrt sogar, dass mir jemand erst die Tür aufhält, unbedingt was mit mir machen will, alleine! Und mir ein Kompliment macht, wie gut ich heute aussehe. Das ist doch schmeichelnd. Also lächele ich lieber, bevor er sich es anders überlegt. ,,Gerne!" ,,Äh, du, äh, aber auch.", murmele ich. ,,Auch danke!", antwortet er locker und völlig ruhig, als würde man ihm das jeden Tag sagen. Na ja, vielleicht ist das bei ihm ja so? Er sieht ja nun wirklich sehr gut aus und es gibt bestimmt eine Menge Mädchen, die ihn die ganze Zeit über, hübsch oder ähnliches nennen. Ich bin nicht so ein Mädchen. Ich behalte meine Gedanken lieber für mich.
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the neighbor
Teen FictionJess ist soweit glücklich mit ihrem Leben, sie ist 17 Jahre alt, als sie auf den "Neuen" trifft. Tyler. Kurzerhand zieht er erstaunlicherweise genau neben ihr ein und sie lernen sich kennen. Die Romanze beginnt, doch irgendwas ist merkwürdig an Tyl...