Mondgesang

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Alles ist still.
Ich bin allein.
Die Gedanken drücken auf meinen Kopf.
Alles ist schwer, so schwer.
Eigentlich sollte ich nach Hause gehen, doch das ertrage ich jetzt nicht.
Es ist Vollmond.
Die einsamen Laternen erhellen mir den Weg am Pier entlang.
‚Ich liebe dich.'
‚Ich liebe dich.'
‚Ich liebe dich.'
Das sind die Worte die in meinem Kopf widerhallen.
„Sei still!", rufe ich verzweifelt in die Leere hinein. Um mich herum bildet sich das Echo meiner Worte:
„Sei still!"
Ich will und kann es nicht mehr hören.
Die Worte klingen brüchig, kaputt. Würde ich mich nicht kennen, würde ich sagen die Person die das schreit, ist am Ende angekommen.
Doch leider kenne ich mich. Und so muss ich mit diesen Worten leben.
Der Steg knarzt unter meinen Schritten.
Mein Ziel ist die Bank am Ende des Stegs. Obwohl das Meer, das dunkle, kalte und wilde Meer auch sehr verlockend aussieht.
Doch ich bin zu schwach für Selbstmord.
Es scheint, als wollen die Wellen sich den großen, hellen Mond reißen.
Keine Sterne, und kein Wind.
Es muss für September angenehm warm sein, doch ich fühle nur die Kälte in meinem Inneren, die sich langsam den Weg nach Draußen bahnt.
‚Ich liebe dich.'
„Ahhh!", stoße ich den Verzweiflungslaut aus meiner Kehle, und lasse mich erschöpft auf die Bank fallen.
Der kalte, widerliche Klang dieser Worte geht nicht aus meinem Kopf.
Ich beginne zu schluchzen. Ohne Tränen.
Tränen hinterlassen Spuren, die man sehen kann.

Plötzlich fühle ich mich so schmutzig, so benutzt, und weggeworfen.
Ich habe das große Bedürfnis, mich zu reinigen, den ganzen Schmutz und die ganze Last von mir zu spülen.
Wieder gleitet das Meer in mein Blickfeld.
Langsam stehe ich auf und gehe mit schweren Schritten den Steg entlang, bis ich am Strand angekommen bin.
Stück für Stück ziehe ich mir die schwersten Kleidungsstücke aus.
Schuhe.
Hose.
Pullover.
Ich spüre den Sand zwischen den Zehen, und die Wellen die schon gierig nach mir greifen.
Der Wind kommt auf, und die Wellen werden größer.

‚Ich liebe dich.'
Kalte Worte die mir einen Schauer durch den Körper jagen.
Worte die ich mir abwaschen will.
Ich drehe meinen Körper Richtung Meer.
Meine schwarzen Haare schlagen wild um mich, und ich sehe die Gänsehaut auf meinem Körper. Jedoch fühle ich sie nicht.
Ich fühle gar nichts.
Ich sehe gar nichts.
Ich höre gar nichts.
Nur den widerlichen Klang der Worte, und die Gefühle die sie mit sich bringen.

Das ist das Signal.
Ich wate ins Wasser, werde von den Wellen gierig in ihre Fänge genommen.
Mein Körper kommt nicht mit der Kälte klar, denn obwohl ich nichts fühle, wird mir langsam Schwarz vor Augen.
Ich spüre weiterhin nichts, bis ich einzig und allein die Schwärze sehe.



Krankheiten der Seele können den Tod nach sich ziehen und das kann Selbstmord werden.

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