Endgegner der Überraschung

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Mich konnte nichts schocken, also fast nichts. Das meiste habe ich schon erlebt und war gut abgehärtet, dennoch gab es immer wieder irgendwen der es versucht und daran scheitert. Langweilig.
Eigentlich hatte ich mich daran gewöhnt, doch ausgerechnet dieser schwer erziehbare Kerl haut mich aus meinen Schuhen. "Bitte... WAS?!" schrie ich fast und im nächsten Moment drückt mir Max blitzschnell die Hand auf meinen Mund, damit ich die anderen nicht verstöre. Wohl angemerkt das ich beim Schreien wie eine Figur aus einem Horrorfilm klinge. Mit einem mal spüre ich den Drucker im Rücken und Max der mir so unfassbar nah ist:"Shh! Musst du gleich so aufschreien vor Freude?" Zischt er und schaut sich kurz verstohlen um, dann betrachtet er mich ganz genau. Sofort verschwindet mein genervter Ausdruck, durch seinen gezischten Kommentar, und mir läuft ein wohliger Schauer über den Rücken. Sein Körper ist plötzlich so groß und nimmt mich regelrecht ein, seine Augen können nicht von mir lassen und dann bemerke ich im Augenwinkel wie er seine andere, freie Hand hebt. Zaghaft berührt er eine meiner losen Strähnen und lächelt nun ganz sanft, während er mir die Strähne hinter mein Ohr steckt:"Ich mag diesen Anblick." Seine Stimme wirkt so anders mit einem Mal, doch er seufzt nur und lässt ganz schnell von mir ab um zu verschwinden.

Endlich kann ich wieder etwas klarer denken. Meine Beine sind nun ganz weich und ich halte mich krampfhaft am Drucker fest:"Was?" Hauche ich und schüttle dann kichernd den Kopf:"Was für ein seltsamer Kerl." Und was für ein echt seltsamer Moment...

Zögernd greife ich nach den Kopien und versuche einen Fuß vor den anderen zu setzen, dabei richte ich meine Brille und strecke meine Schultern durch:"Idiot! So kannst du nicht mit mir spielen!" Ich knurre leicht und sehe ihn im Augenwinkel schon durch den Flur huschen, sobald ich den Raum verlassen habe. Er hat seinen ersten Angriff gestartet und will mich aus der Deckung locken! Glaubst du ich lasse dich gewinnen?! Grinsend lege ich meiner Kollegin die Papiere hin und habe einen bösen Ausdruck aufgesetzt:"Das wird ein Date das du nie vergessen wirst!" Sofort weichen mir alle aus, die meine rachsüchtige Aura verspüren und sind schlagartig aufgeschreckt wie kleine Tiere.

So schnell wie meine Euphorie kam ist sie auch schon wieder verflogen und nach der Arbeit sitze ich völlig fertig in der Wohnung. "Das kann doch nicht wahr sein! Ich ich... ahhh..." verzweifelt starre ich auf mein Display und überlege angestrengt was ich jetzt tun  oder was ich gar denken soll. Das war so dumm von mir! Irgendwie hab ich da zugestimmt und er hat mir wirklich geschrieben, dass er HEUTE Abend etwas vor hat mit mir. Ich verfluche mich und versuche mich an den Gedanken zu gewöhnen das Grächslichste in meinem Schrank anzuziehen, doch mein Magen rebelliert da sehr stark. Warum kann mir denn einfach niemand helfen!? Langsam stehe ich auf und atme heftig durch, rücke meine Brille gerade und schlurfe ins Badezimmer.

Im Spiegel betrachte ich mich dann für einen sehr langen Augenblick. Mein Haar ist immer geflochten oder hochgesteckt und mein Gesicht nie geschminkt... ich sehe keinen Sinn darin, aber vielleicht wird es mal Zeit dafür oder? Vollkommen frustriert haue ich meinen Kopf gegen die Wand und brumme:"Wieso kann ich nicht normal sein? Wieso kenne ich mich mit jedem verdammten Spiel aus, aber mit Schminke und Mädchenkram nicht??" Eigentlich geht es mir um etwas ganz anderes und ich weiß sehr wohl was es ist. Nachdenklich drehe ich mich um und drücke mich mit dem Rücken an die kalte Wand des kleinen Raumes, dabei schlingen ich die Arme fest um meinen Körper. Es ist ewig her, dass ich auf einem Date war und es ist noch länger her das ich mich allein mit einem Kerl rausgetraut habe. Dieser eine Tag hat es mir damals sehr versaut... wieso muss ich jetzt daran denken?

Mit einer Hand streiche ich mir über mein tränendes Auge, dann ziehe ich meine Brille von meiner Nase und öffne meine Haare. Die glatten Strähnen fallen über meine Schultern und ich sehe das Mädchen im Spiegel noch genauer an, auch wenn ich ohne Brille nicht viel sehe. Das wenige Make-up das ich besitze trage ich auf meiner Haut auf und summe dabei eine alte Melodie, dennoch schweifen meine Gedanken sehr weit ab und ich sehe vor mir das große Monster. Der Endgegner steht mir gegenüber, hat die Zähne gebleckt und grinst mich böse an. Es ist gewaltig und dieses Mal bin ich statt mit meinem Zauberstab mit einem Pinsel bewaffnet und meine mächtigen Zauberkarten mit den Drachen sind zu kleinen Kuscheltieren geworden. Die ersten Schläge wurden getan und ein akzeptables Gesicht klimpern mich an. "Damit kann man arbeiten!" Murmle ich und setze meine Brille auf, danach stapfen ich in mein Zimmer und öffne die Schranktür. Der schwere Teil kommt jetzt... was ziehe ich an?

Zwischen Jeggins, Nerdshirts und bunten Froschsocken krame ich umher und zweifle mehr als alles andere an meiner Existenz. Was habe ich die letzten Jahre meines Lebens nur getan?! Traurig und ängstlich trommöe ich gegen die Wand und erst ein lautes Schellen der Haustür bringt mich zurück in die Realität. Wer ist das denn? Ich habe dafür doch jetzt gar keinen Nerv!

"Hi, kleines." Plötzlich steht Nico vor mir und scharrt mit einem Fuß über die Fußmatte. Ich hatte ihn erst als meinen persönlichen Masseur genutzt und steht er vor mir in seiner vollen Pracht, mit diesem unwiderstehlich schönen Gesichtsausdruck. Was soll das nun?
"Hey..." hauche ich leise und versuche meine Überraschung zu verstecken, doch damit habe ich einfach nicht gerechnet. Nervös fährt er sich durch den Nacken und lehnt sich mit einer Schulter an den Türrahmen und lächelt mich zögerlich und verschmitzt an. "Du siehst wirklich hübsch aus. Es tut mir leid, wenn ich störe... hast du Zeit für eine Runde Mario Kart? Oder was anderes?" Wie von selbst gehe ich einen Schritt zurück und er kommt rein, schließt die Tür hinter sich und bleibt reglos  vor mir stehen. Ich fühle seinen warmen Atem auf meiner Haut und sehe ein Funkeln in seinen Augen.

Game Over, Maike.
Endboss setzt Verwirrung und Gefühlschaos ein... es war sehr effektiv.

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