Kapitel 8: Eine blöde Idee
Sicht von Kagome:
Ich steckte den Zettel schnell weg, als sich die Tür öffnete.
Teiko trat ein und ging zielstrebig zu meinem Schrank, holte meinen Koffer hinaus und packte meine Sachen. Ich sah sie ungläubig an.
»Was wird das denn jetzt?«, fragte ich sie unsicher?
Sie sah mich nicht an, jedoch antwortete sie: »Hier ist es nicht mehr sicher, wir werden das Krankenhaus heute noch verlassen.«
»Wohin werden wir dann gehen?«
»In eine Gegend, wo sie Euch nicht erwarten.«
Ich nickte, mit ihr jetzt darüber zu streiten wäre jetzt fehl am Platz. Schnell huschte sie ins Badezimmer, mit meinen Hygieneartikel unter dem Arm und packte auch dies in die Tasche. Gleichzeitig trat ein Arzt ein, der mir meine Infusion abklemmte und die Nadel aus meinem Handrücken entfernte. Es ging alles so schnell, als würde jemand vorspulen in einem Film.
Teiko drückte mir ein Kleid in die Hand, eine Leggins und eine Jacke. Ich zog mich um, dabei drückte ich jedoch kurz ihre Hand. Nun sah sie mich endlich an.
»Wie geht es ihm?« Meine Stimme brach am Ende ab.
»Er wird noch operiert, ich habe keine neuen Informationen.«
»Sagen Sie mir dann Bescheid?«
Kurz schien sie zu zögern, aber dann nickte sie und packte dann weiter meine Kleidung ein.
Vor dem Krankenhaus stand schon ein schwarzer Combi, dessen Motor schon gestartet wurde.
Ich stieg flott ein, mit einem kurzen Blick auf die Klinik. Ich flehte innerlich einfach nur, dass Mr. Perfekt überlebte. Nachdem Teiko neben mir Platz nahm, fuhr der Fahrer los.
Wir kamen in einem Nebenbezirk von Tokyo zum stehen und nun stand ich vor einem riesigen Wohnblock. Teiko zögerte nicht, schloss die Tür auf und mithilfe eines Fahrstuhls fuhren wir in den zwölften Stock. Ich starrte die gute Frau mit einem fragenden Blick an. Ich wollte endlich Antworten, wieso verstand mich denn niemand? Ich konnte doch nicht einfach jedem Befehl Folge leisten, ohne zu wissen was hier geplant wurde.
Oben in der Wohnung angekommen wurde ich erst einmal geblendet. Alles war in einem klinischem weiß gehalten. Der Fußboden, die Möbel, die Wände – einfach alles. Schweigend folgte ich Teiko weiterhin, bis ich einen Mann im Ärztekittel sah. Er stand neben einem ebenfalls weißen Bett und schien eine Infusion fertig zu machen. Ich beäugte skeptisch wie Teiko den Mann begrüßte und meine Taschen abstellte.
»Da Ihre Behandlung noch nicht abgeschlossen ist, habe ich einen Arzt organisiert, der Sie hier behandeln wird«, erklärte sie mir. War ich jetzt in einer Art Zeugenschutzprogramm? Was für ein kranker Film spielte sich gerade in meinem Leben ab?
»Wem gehört diese Wohnung?«, hakte ich nach.
»Eine von vielen Wohnungen unserer Security-Firma.« Ich glaubte ihr und ließ mich danach von ihr zum Bett schieben.
Der Arzt fragte nach meinem Wohlergehen, legte einen weiteren Zugang und klemmte das Schmerzmittel an die Nadel.
Ich legte mich aufs Bett und nachdem der Mann das Zimmer verließ, sah ich Teiko an. »Ist die Polizei informiert?« Mit dieser Frage brachte ich sie kurz aus der Fassung. »Nein.« Erleichterung durchströmte mich.
»Aber es ist nicht richtig. Wir sollten uns Unterstützung holen«, fing sie an zu erklären. Ich schüttelte schnell den Kopf.
»Das geht wirklich nicht! Der Brunnen...«
»Ich weiß. Mein Kollege hat mich ausreichend informiert, dennoch bleibe ich bei meinem Standpunkt«, fiel sie mir ins Wort, »Vergessen Sie bitte nicht, dass hier viele Leben in Gefahr sind, wenn wir es mit der Yakuza zu tun haben. Das ist sehr gefährlich.«
Ich sah bedrückt auf meinen Schoß. Wieder dieses ungerechte Gefühl, dass mir klar war, dass sie recht hatte. Ich sollte ihr auch von diesem Zettel berichten, aber...
War es richtig?
»Frau Takasuzu, ich muss Ihnen etwas erzählen!« Sie drehte sich zu mir, sah meinen ernsten Blick, ließ meine Kleidung fallen und kam zu mir auf das Bett.
Wortlos reichte ich ihr den Zettel und als sie ihn las, riss sie ihre Augen weit auf.
»Woher haben Sie ihn?«
»Das hat mir einer der Ärzte gegeben«, antwortete ich ehrlich. Teiko nickte.
»Ich, also als ich verschwunden war, war ich im Untergrund Tokyos unterwegs. Dort hat man mich irgendwann gefunden und ... so zugerichtet«, erzählte ich, »Man sagte mir, dass der Herr mich später sehen wolle und ich deshalb noch nicht sterben durfte.«
Sie hörte mir aufmerksam zu und notierte sich einige Sachen auf ihrem Schreibblock.
»Warum erzählen Sie mir erst jetzt davon?« Bei dieser Frage verzog ich das Gesicht. Was sollte ich darauf sagen?
»Ich hatte Angst.« Teiko nickte.
»Das ist auch eine gefährliche Situation für Sie.«
»Nein, das ist es nicht!«
»Was denn dann?«
»Ich hatte Angst noch mehr Menschen mit hineinzuziehen.«
Danach wurde es still. Keine von uns wollte etwas sagen, als sie jedoch meine Schulter berührte und mich aufmunternd streichelte, hätte ich schwören können sogar ein Lächeln gesehen zu haben.
»Wir schaffen das! Danke, dass Sie mir dies erzählt haben«, sagte sie und stand kurz darauf auf.
Ich legte mich etwas hin, erschöpft von den letzten Tagen sah ich zur Seite, die Schmerzmittel schienen nun langsam zu wirken und ich driftete in einen traumlosen Schlaf.
Als ich wieder wach wurde war es draußen komplett dunkel. Hatte ich so lange geschlafen?
Ich schaute hinauf zur Infusion und der Beutel schien auch ausgewechselt worden zu sein. Meine Uhr auf dem Handy zeigte mir zwei Uhr an. Panisch schreckte ich hoch, hatte jemand überhaupt auf der Arbeit Bescheid gegeben? Nicht das ich gekündigt wurde...
Ein Klopfen riss mich plötzlich aus meinen Gedanken.
Teiko kam mit einem Tablett voller Essen und einem Glas Wasser an.
»Ihr solltet etwas essen.« Neben mir stellte sie es ab.
»Wurde auf meiner Arbeit Bescheid gegeben?« Teiko lachte kurz auf.
»Ja, Herr Satoshi hatte dort angerufen als Ihr ins Krankenhaus eingeliefert wurdet«, erklärte sie mir beruhigend. Ich seufzte erleichtert auf und widmete mich dann meinem Essen zu.
»Ach Übrigens, ich habe einen Anruf erhalten, dass mein Kollege das Schlimmste überstanden hat. Er liegt noch im Koma, jedoch ist er stabil«, erzählte sie mir. Ich jubelte und klatschte in meine Hände. »Welch ein Glück!« Mein Grinsen konnte gar nicht aufhören. Teiko wurde komischerweise rot und murmelte leise, was für ein Glück das wirklich sei. Das war der Moment, wo ich mich fragte ob die Gute vielleicht...
Nein, quatsch. Niemals. In meinem Kopf ermahnte ich mich selbst, mich dort nicht einzumischen. Selbst wenn es so wäre, würde mich das nichts angehen. Aber süß wäre es schon.
Ich aß ordnungsgemäß auf und fragte Teiko danach, was wir wegen dem Zettel machen wollten.
»Ich weiß es noch nicht. Ich weiß nicht einmal wann Sie geholt werden sollen. Vor allem wo?« Irgendwie hatte ich eine Antwort auf die letzte Frage im Kopf.
»In meiner Wohnung.«
»Sind Sie sich sicher? Woher wollen Sie das denn wissen?«, fragte sie. Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist so ein Gefühl.« Dieses Mal lachte Teiko und wuschelte durch mein Haar.
»Wieder so eine Ahnung, ja?« Ich grinste sie nur an. Die Nachricht, dass es Mr. Perfekt besser ging erheiterte unsere Launen, sodass ich beinahe das Gefühl bekam, wir würden miteinander klar kommen.
»Ich werde jetzt in das Nebenzimmer gehen und weiter arbeiten«, beschloss sie. Ich sah sie fragend an.
»Was ist denn nun mit unserem Plan?«, fragte ich, »Ich habe solch eine Angst das die Drohung wahr gemacht wird.«
Teiko wurde nun wieder ernst.
»Ich werde mir etwas einfallen lassen, aber bitte versprecht mir, dass Ihr keine Alleingänge plant. Wir werden Euch nicht ausliefern.«
Ich zögerte, dennoch hatte ich mir vorgenommen nicht mehr so leichtsinnig zu handeln.
»Ja.«
Damit schien sie zufrieden zu sein und kurz danach ließ sie mich wieder allein.
Ich legte mich zurück und sah wieder in die Dunkelheit. Hier aus dem zwölften Stock hatte man eine sehr gute Aussicht, aber die Stille der Nacht machte mir Angst.
Möglicherweise war das alles die Ruhe vor dem Sturm.
Der Tag, an dem ich abgeholt werden sollte, brach früher an als gedacht. Der Arzt gab mir nun nur noch Schmerzmittel durch Tabletten, keine direkte Verbindung mehr mit meinen Venen.
Ich saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und blickte wieder aus dem Fenster.
Teiko wollte sich als mich ausgeben, um im Notfall handeln zu können. Da sie auch einen Waffenschein besaß, versteckte sie eine Pistole in ihrer Hose, besorgte sich eine Perücke und zog meine Kleidung an. Ich wollte sie davon abhalten, jedoch ließ sie keinerlei Widerspruch zu.
Ich hatte ihr auch erklärt, dass es Dämonen seien, die sie schon am Geruch erkennen würden, doch ihre einzige Antwort war, dass es das Risiko wert wäre.
Ein dümmerer Plan hätte ihnen echt nicht einfallen können, meiner Meinung nach, aber diese zählte hier ja sowieso nicht.
Ungeduldig schmiss ich die Mode-Zeitschrift auf den Couchtisch und seufzte. So ein Mist, fluchte ich. Wenn dieser Plan scheitern würde und das wird er definitiv, dann wäre nicht nur Teikos Leben in Gefahr, sondern auch Mama, Opa und Souta. Naoki und sein Vater... alle! Nicht auszudenken was passieren würde, ich wollte und konnte einfach nicht daran denken.
»Und, wie sehe ich aus?«
Teiko betrat gerade den Raum und drehte sich um ihre eigene Achse. Ich verzog das Gesicht. Um ehrlich zu sein, hatte sie schon eine gewisse Ähnlichkeit mit mir, aber ich war weder so blass wie sie, noch hatten wir dieselben Gesichtszüge.
»Ich weiß das Ihr nicht einverstanden seid, aber bitte versteht doch, es ist mein Job Euch zu schützen, da kann ich Euch nicht einfach dahin schicken.« Wieder rollte ich meine Augen nach oben. Es war belastend. Diese ganze Situation brachte einfach nichts! Es war zum Scheitern verurteilt.
»Gut seht Ihr aus, es wird dennoch nicht funktionieren.«
»Das wird es.« Ich stand auf, ignorierte noch den Schmerz und stemmte die Hände in die Hüften.
»Ich war jahrelang mit einem Dämonen unterwegs und weiß, wie stark dessen Nasen sein können. Sie werden Euch Kilometer weit riechen können«, warnte ich sie.
Teiko platzierte ihre Hände auf meinen Schultern.
»Wer weiß ob sie einen Youkai zu Euch schicken.«
»Nehmt mich bitte mit!«, flehte ich regelrecht. Aber auch das wurde einfach ignoriert.
»Ich werde jetzt gehen.«
Mit diesen Worten verschwand sie aus der Wohnung und ich war mir sicher, sie ein letztes Mal gesehen zu haben, denn diesen Kampf würde sie niemals gewinnen.
Damit hatte ich das Todesurteil für meine Liebsten und Teiko unterschrieben.
Dabei wollte ich dieses Mal alles richtig machen... Sie alle beschützen und raus halten.
Erneut hatte Kagome Higurashi es geschafft, alles und jeden in Lebensgefahr zu bringen!
Ich setzte mich mit diesem Gedanken auf das Sofa, zog die Knie an mich heran und versuchte meinen Kummer zu unterdrücken. Bald wäre ich allein – so einsam wie ich es verdiente.
»Kagome-chan.« Wer rief hier nach mir?
»Wir, Kagome-sama.«
»Kagome, mach deine Augen auf!«
Was war hier los?
Langsam öffnete ich die Augen und vor mir saßen Sango, Miroku und Shippo.
Meine ehemalige beste Freundin lächelte mich sanft an, ihr zukünftiger Mann grinste und der kleine Fuchs sprang auf meinen Schoß.
»Was ist denn mit dir los, Kagome?« Die Frage von dem Kleinen verstand ich nicht richtig.
Wir saßen hier, auf einer strahlenden Blumenwiese und aßen leckere Reisbällchen.
»Genau das ist das Problem – wir sind nicht echt.« Spielte das etwa in meinen Gedanken ab? »Genau, Kagome-sama.«
»Was tut ihr hier?«, fragte ich sie.
Sango nahm meine Hand und drückte sie: »Wir fragen uns, was du dort draußen tust. Seit wann lässt du zu, dass deinen Liebsten etwas geschieht?« Diese Frage traf voll ins Schwarze. Ich wusste worauf sie hinaus wollte.
»Du bist doch sonst immer so stark«, ergänzte Shippo. Ich war stark?
»Ich musste das Richtige tun!«
»Ja, aber jetzt rennst du davon«, erklärte Miroku. Ich schüttelte schnell den Kopf.
»Nein! Ich will doch nur nicht mehr, dass Menschen verletzt werden. Deshalb wollte ich richtig handeln und entscheiden«, rechtfertigte ich mich.
»Und nun? Läuft Teiko in ihr Ende und deine Familie ist eigentlich schon tot. Das sind Dämonen, Kagome. Die werden sie sofort enttarnen«, sagte Sango. Ihre Worte taten weh, dennoch gab ich ihr recht, dass musste ich zugeben. Herr Satoshi jedoch...
»Es war deine Entscheidung im Untergrund zu recherchieren, aber es war auch die Entscheidung von ihm, sich so in Gefahr zu bringen. Dafür trägst du keine Schuld!«
»Sango...«
Plötzlich traten Tränen in meine Augen und sie liefen ununterbrochen an meiner Wange hinab.
»Wie lange hast du jetzt gelitten? Nie eine Träne vergossen und alles in dich hinein gefressen?
Das ist nicht gut! Das würde Inuyasha auch nicht wollen.« Sein Name brannte auf meinen Poren, das Loch in meinem Herzen, dass provisorisch gestopft wurde, riss sofort wieder auf und ich schrie meinen Kummer hinaus, direkt in den Arm meiner besten Freundin.
Ich wurde wach, saß allein auf dem Sofa, aber mein Entschluss war gefasst.
Ich war Kagome – ich ließ niemals zu das meinen Liebsten etwas geschah. Leichtinn hin oder her. Ich würde Teiko nicht einfach in ihren Tod laufen lassen! Niemals.
Schnell zog ich mich an, trickste den Wachmann vor der Haustür aus und während ich mich fertig machte, rief ich Naoki an, der schon mit seinem Wagen vor meiner Tür stand.
Er fuhr mich an mein Ziel – meine Wohnung.
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Yakuza Hakase
FanfictionKagome kehrte der Vergangenheit den Rücken zu und fing an Medizin zu studieren. Der Verlauf des Studiums verlief leider nicht so, wie die langsam erwachsene Frau sich das erhofft hatte und deshalb war sie bis zum nächsten Jahr gezwungen, in einer Ba...