Kapitel 7

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Kapitel 7: Vorahnung

Sicht von Kagome:

Was für ein Schreck! Mein Herz setzte für einen Moment aus, als sich jemand neben meinem Bett befand und mir die Hand auf den Mund legte. Es war mitten in der Nacht und natürlich ließ mich das nicht kalt, wenn da eine fremde Person stand.
»Bitte bleiben Sie ruhig, Miss Kagome.« Eine weibliche Stimme versuchte mich zu beruhigen und erhöhte den Druck. Sie klang ziemlich streng.
Ich zählte bis drei und am Ende nickte ich ihr zu, als Zeichen das mit mir wieder alles in Ordnung war.
Sie nahm ihre Hand aus meinem Gesicht und knipste das Licht an der Wand an.
Im ersten Moment erkannte ich gar nichts. Das Licht blendete mich so stark, dass ich die Augen zukneifen musste. Erst nach wenigen Sekunden gewöhnte ich mich an die Helligkeit und setzte mich unter Schmerzen auf.
»Es war nicht meine Absicht Euch zu wecken, Miss«, erzählte sie mir ruhig. Ich schüttelte nur den Kopf, das war einfach ein blödes Missverständnis.
»Schon okay, es war ein doofer Moment. Aber verraten Sie mir Ihren Namen?« Die Frau bewegte ihren Kopf so graziös zur Seite, sodass ihre Haare aus dem Gesicht verschwanden und sie hatte nun wieder freie Sicht. Mit wenigen Schritten war sie wieder bei mir und zog etwas kleines, rechteckiges aus der Innentasche ihrer Anzugsjacke.
»Teiko Takasuzu.« Wow. Was für eine Antwort. Mit hochgezogenen Augenbrauchen betrachtete ich die gute Frau etwas genauer. Ihr rotbraunes Haar war aalglatt und schulterlang. Sie trug ein Jackett, darunter eine schwarze Bluse und eine dunkle Hose. Sie war sehr blass und das war schon ein starker Kontrast zu ihrer dunklen Kleidung.
»Und was suchen Sie hier, mitten in der Nacht? Wo ist eigentlich Mr. Per... ich meine Herr Satoshi?« Um ein Haar hätte ich mich verplappert. Nur er wusste, dass ich ihn so nannte. Nach einer längeren Diskussion akzeptierte er es auch.
Teiko verzog keine Miene sondern starrte mir einfach in die Augen.
»Mein Kollege hat gerade etwas anderes zu tun, weshalb ich Sie beschützen werde.« Mit solch einer Antwort hatte ich nicht gerechnet. Schockiert sah ich sie an.
»Was hat er denn zu tun?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen, Miss.«
Mit einem hörbaren unzufriedenen Seufzer nahm ich das Gesagte so hin und legte mich wieder auf das platt gedrückte Krankenhauskissen.
»Weiß meine Familie das ich hier bin?«
»Nein, Herr Satoshi wollte sie nicht beunruhigen und erwähnte nur, dass das in Ihrem Sinne wäre. Was ich überhaupt nicht für gut heißen kann.«
Erleichtert sah ich weiterhin zur Zimmerdecke. Mr. Perfekt kannte mich doch etwas besser als ich dachte.
»Es ist besser so«, erwiderte ich leise. Mein Gemurmel blieb ihr jedoch nicht verborgen.
»Was soll denn daran gut sein? Ihre Aktion war leichtsinnig und kindisch, nun liegen Sie hier mit etlichen Verletzungen und die Familie soll nicht kontaktiert werden?«

Ich wusste sie hatte recht...!
Ich wusste das war nicht richtig...!
Ich wusste, dass mein Ausflug naiv war...!

Die Erinnerung, wie ich damals in einer Höhle saß, er Kikyou retten wollte und sie mich Närrin nannte, brannte sich in mein Gedächtnis.

Anscheinend war ich das wirklich. Naiv. Kindisch. Leichtsinnig und trotzig. Was sollte ich jedoch tun? Hier sitzen, zulassen das mein Großvater Unmengen an eine Sicherheitsfirma zahlte und die Dämonen irgendwann den Schrein überrannten? Aktuell konnten wir die Monster noch aufhalten, aber wie lange würde das ausreichen? Wir brauchten das Schwert und ich hatte nun mehrere Hinweise – diese Menschen im Tunnelgewölbe unter der Stadt hatten das Schwert. Ob Sesshoumaru nun etwas damit zu tun hatte, konnte ich jetzt nicht mehr garantieren.
»Wir können das auch morgen besprechen, Sie sollten sich nun weiterhin auskurieren«, befahl mir Teiko und ich nahm den strengen Ton nicht sonderlich ernst. Nun drehte ich mich erst einmal um, zog die Decke bis zu meinem Kinn und schloss die Augen.
Dass ich auch diese Nacht von den alten Alpträumen heimgesucht wurde, hätte ich nicht gedacht.

Am nächsten Morgen wachte ich schweißgebadet auf und war gezwungen mich erneut zu orientieren. Als mir wieder klar war, wo ich mich befand atmete ich erleichtert auf. Nach einem Augenblick schlug ich die Decke weg, schwang meine Beine von der Bettkante und setzte mich auf. Meine Rippen schmerzten, ich hing auch noch am Tropf, dessen Flasche ich mittlerweile geleert hatte. Genervt verzog ich das Gesicht und hievte mich an der Stange hoch. Mir war etwas schummrig vor den Augen, jedoch war ich eine Meisterin darin, so etwas zu ignorieren.
»Guten Morgen, Miss.« Zur Begrüßung nickte ich einfach in ihre Richtung, denn nach dem Gespräch letzte Nacht wusste ich noch nicht genau, wie ich mit ihr umgehen sollte. Auch hing mir noch mein Traum in den Knochen, die ich vor einigen Monaten eigentlich dachte los zu sein.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verzog ich mich ins Badezimmer und begann mit meiner morgendlichen Routine.
Als ich gerade meine Zähne putzte, hörte ich ein Telefonklingeln. Ignorierend spülte ich meinen Mund aus und trocknete mein Gesicht ab.
Ich öffnete gerade meine Tür, als Teiko aufgeregt das Telefongespräch beendete und ihr Smartphone in die Hosentasche steckte. Sie schien aufgebracht.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich sie höflich. Sie sah zu mir und nun wurde auch mir etwas komisch.
In ihrem Gesicht war die Panik regelrecht eingemeißelt. Dafür, dass sie letzte Nacht so kalt war, schien sie nun ziemlich viele Emotionen Preis zu geben.
»Ja«, log sie offensichtlich. Ich humpelte zu ihr, sah ihr fest in die Augen und wiederholte meine Frage. »Wirklich?« Damit schien sie unsicher zu werden.
»Ja, Miss. Machen Sie sich keine Sorgen oder Umstände. Ich werde nun gehen, denn es ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen. Ein Kollege wird draußen auf Sie Acht geben und meinen Platz einnehmen.« Mit diesen Worten drehte sie sich um, verließ das Zimmer und ich stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Irgendetwas Aufregendes musste sie jetzt erfahren haben, sonst hätte sie doch niemals so reagiert, oder? Ich dachte weiter darüber nach, bis eine Schwester mein Zimmer betrat und nach dem Rechten sehen wollte. Sie wechselte meinen Verband, gab mir neues Schmerzmittel über eine weitere Infusion und bat mich, mich wieder ins Bett zu legen. Ich folgte ihrer Bitte, aber als ich weiterhin über das eigenartige Verhalten von meiner neuen Beschützerin nachdachte, fiel mir etwas ein. Was wäre, wenn Mr. Perfekt bei seiner anderen Tätigkeit verletzt wurde? Schnell schreckte ich hoch, was ich im nächsten Moment auch wieder bereute. Der Schmerz durchzog sich durch jeden einzelnen Muskel in meinem Körper und ließ mich kurz aufschreien. Verdammt, warum dachte ich manchmal nicht nach bevor ich handelte?
Aber meine Verletzung nun beiseite geschoben, was würde ich wirklich tun, wenn sich Herr Satoshi wegen meiner Aktion verletzte?
Hektisch schob ich mich wieder vom Bett, zog meine Schuhe an und humpelte aus meinem Zimmer.

Draußen im Flur kam mir die Krankenschwester schon entgegen und bat mich wieder zurück ins Bett zu gehen, aber ich ignorierte sie dieses Mal.
Mein Bauchgefühl verriet mir, dass etwas Schlimmes passiert war.
Nicht umsonst würde der Ersatz für Mr. Perfekt so reagieren, oder?
Ich ging einfach weiter, verließ die Station, natürlich schob ich meinen Infusionsständer neben mir her und nahm den Fahrstuhl nach unten. Mein Gefühl wurde immer schlimmer.
Im Erdgeschoss angekommen folgte ich den Schildern Richtung Notaufnahme – meine Vorahnung wurde schlagartig bestätigt.
Gerade kamen die Rettungshelfer mit einer Trage an, darauf lag ein erwachsener Mensch. Dicht hinter ihnen rannte Teiko, die erneut am Telefon hing und nebenbei die Fragen eines Arztes beantwortete. Als der Name Satoshi an meine Ohren drang, wurde ich hellhörig. So schnell wie ich nur konnte, lief ich zu den Leuten hin und nun sah ich auch das entstellte Gesicht von Mr. Perfekt.
Er war übersät mit blauen Flecken, Blut klebte auf seinem Anzug und sein Kopf hatte mehrere Platzwunden. Er wurde definitiv zusammen geschlagen.
Schockiert hielt ich mir die Hand vor dem Mund. Teiko brauchte auch nicht lange bis sie mich entdeckte.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie mich, ihre Stimme klang wütend.
»Ich hatte da so eine Ahnung und ein merkwürdiges Gefühl.«, erklärte ich ehrlich.
Teiko seufzte, kratzte sich am Hinterkopf und sah mich immer noch böse an.
»Herr Satoshi hat Nachforschungen in Ihrem Fall betrieben und ist anscheinend auf eine heiße Spur geraten.« Wie bitte? Fassungslos sah ich die Frau vor mir an. War das gerade etwa relevant? Hier lag ihr Kollege in der Notaufnahme und das voller Verletzungen. Teiko nahm mich zur Seite und flüsterte: »Ihr Erbe scheint wohl wirklich von der Yakuza gestohlen worden zu sein, Herr Satoshi wurde bei der Ermittlung erwischt und von denen so zugerichtet.« Die reine Panik stieg in mir auf. Was würde denn noch passieren?
»Was sollen wir nur tun?«, fragte ich hektisch. Teiko schüttelte den Kopf und blickte mich streng an.
»Wir tun gar nichts. Halten Sie sich da bitte heraus und überlassen Sie uns die Arbeit. Sie müssen ab jetzt vierundzwanzig Stunden, sieben Tage die Woche beschützt werden.«
»Ich kann mich doch nicht einfach davon los reißen! Es ist doch meine Schuld!«, schrie ich schon fast.
Die Security-Mitarbeiterin lächelte gequält.
»Dafür werden wir bezahlt. Das was meinem Kollegen passiert ist, nennen wir Berufsrisiko.«
Mit diesem Satz rutschte sie in meinem Ansehen tiefer als ich es jemals für möglich gehalten hatte. Mein Verstand gab ihr Recht, doch mein Herz akzeptierte es nicht. In keinster Weise wollte ich das so etwas passiert. Mr. Perfekt hatte das nicht verdient.
»Tun Sie mir bitte den Gefallen und gehen Sie wieder auf Ihre Station!« Mit diesen Worten ging sie wieder von mir weg und nahm ein weiteres Telefongespräch entgegen. Ich nutzte die Möglichkeit und ging nochmals zu Herrn Satoshi. Er reagierte nicht, hing nun an einem Beatmungsgerät und die Ärzte liefen aufgeregt um ihn herum.
»Er muss sofort operiert werden, er verliert seinen Puls.«
»Er hat wahrscheinlich innere Blutungen«
»Wir müssen schnell handeln!«
All diese Sätze machten mir Angst – solch ein Gefühl kannte ich nur von damals.
Eine Person, ob Mann oder Frau merkte ich nicht einmal, kam auf mich zu und drückte mir etwas in die Hand.
»Das wurde in seiner Hand gefunden, es ist total zerknüllt«, sagte sie. Automatisch nahm ich es entgegen und steckte es in meinen Ärmel.
Tränen brannten in meinen Augen, da ich aber geübt darin war, sie nicht nach außen treten zu lassen, brach der Damm nicht und ich fochte mit mir einen Kampf der Erinnerungen aus.

Würde es genau wie damals sein?
Voller Gedanken und Angst ging ich zurück in mein Zimmer – Herr Satoshi würde es schaffen, oder etwa nicht?

Ich stand immer noch unter Schock, als ich wieder in meinem Bett saß. Das Gemecker der Stationsschwester bekam ich nur noch am Rande mit. Mein Kopf drehte sich um Mr. Perfekt.
Da fiel mir wieder der Zettel ein, den ich unten erhalten hatte.
Schnell kramte ich ihn hinaus und versuchte das Geschriebene zu entziffern.

In zwei Tagen wird dich jemand abholen – der Herr will dich sehen.

Solltest du dich weigern, wird das jedem geschehen der dir wichtig ist oder jemals wichtig war.


Ich brauchte nicht länger darüber nachdenken an wen diese Warnung gerichtet war – sie wollten mich.
Der unheimliche Typ, der mich schlug hatte etwas von einem Herrn erwähnt.
Mir wurde nun wieder schwarz auf weiß bewiesen, dass alles meine Schuld war. Alles.

Doch dieses Mal würde ich anders handeln, aus meinen Fehlern hatte ich nun schließlich gelernt.

Yakuza HakaseWhere stories live. Discover now