Kapitel 9: Der Anfang
Sicht von Kagome:
»Kagome?« Ich hörte seine Stimme, antwortete jedoch nicht. Nicht weil ich wollte, sondern weil ich nicht wusste was ich sagen sollte. Ich durfte ihm nicht die Wahrheit sagen – ihn noch mehr in Gefahr bringen. Je weniger er wusste, desto sicherer war er. Schluckend drehte ich meinen Kopf zur Seite und sah aus dem Beifahrerfenster. Naoki fuhr schneller als erlaubt durch die Straßen, ich konnte die Verkehrsschilder gar nicht mehr richtig verfolgen. Mein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass er nur wegen mir so durch die Stadt raste, da ich ihn darum angefleht hatte.
»Hallo? Rede doch endlich mal mit mir!« Ich schüttelte schnell den Kopf. Er aktivierte den Blinker des Wagens und fuhr im nächsten Moment rechts heran. Ich hielt die Luft an. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, denn ich wusste, dass er nicht weiterfuhr, wenn ich ihm jetzt nicht eine plausible Erklärung bieten würde. Was sollte ich ihm jetzt sagen? Ich wusste es nicht.
»Kagome Higurashi.« Ich schluckte.
»Wenn du mir jetzt nicht endlich erklärst, warum du dich so merkwürdig in den letzten Wochen verhalten hast und woher deine Verletzungen kommen, fahre ich keinen Meter weiter«, drohte er mir. Langsam bahnten sich Tränen in meinen Augen an, aber ich hielt sie zurück. Ich hatte kein Recht zu weinen – in keinerlei Hinsicht. Kurz wagte ich einen kleinen Blick zur Uhr – verdammt es waren schon zwanzig Minuten vergangen. Es wurde immer später!
Unsicher griff ich nach einer Haarsträhne, die mir ins Gesicht fiel, und legte sie hinter mein Ohr. Plötzlich griff Naoki nach meinem Handgelenk und legte meine Hand in seine.
»Bitte.« Nun erschrak ich. Seine Stimme klang gebrochen, als hätte ich sein Herz in Stücke gerissen.
Als ich im nächsten Moment seine Finger unter meinem Kinn wahrnahm, die meinen Kopf langsam in seine Richtung drehten, sodass ich nun gezwungen war, ihn anzusehen, durchzog mich ein Schauer. Gänsehaut wanderte über meine Arme und die Berührung seiner Hand brannte auf meiner Haut. Auf der einen Seite war es angenehmen, auf der Anderen aber beängstigend. Ich wollte mich nie wieder so fühlen, schon gar nicht bei Naoki. Er war ein Freund, wahrscheinlich mein einziger und bester.
»Hör bitte auf«, flehte ich leise. Ich verzog das Gesicht, es tat weh ihn so zu belügen und zu sehen.
»Womit soll ich aufhören? Mir Sorgen um dich zu machen? Kagome, dafür bist du mir viel zu wichtig!« Um seine Aussage zu untermalen, strich er mit seinem Daumen sanft unter meinen Lippen entlang. Ich wurde rot, wollte mich zurück ziehen, doch sein Griff wurde fester.
»Rede bitte mit mir.« Ich wich seinem Blick aus.
Anscheinend gefiel ihm das ganz und gar nicht, denn er kam näher, so hätten sich unsere Gesichter fast berührt.
»Schau mich an!«, forderte er. Ich war nun gezwungen ihm in die Augen zu sehen.
»Naoki, ich kann dir nicht sagen, was hier geschieht. Ich muss dich damit schützen! Bitte habe Verständnis dafür. Sollte alles vorbei sein, werde ich es dir erzählen.«
Würde er sich damit abfinden? Könnte er mich verstehen? Sein Blick durchbohrte mich, mir wurde schon etwas schummrig durch den Druck.
Es endete alles schneller als ich dachte. Er ließ von mir ab, setzte sich wieder richtig hin und fuhr wieder auf die Straße. Ich sah ihn perplex an, fragte mich was denn nun wieder los war.
»Naoki?«
»Du musst so schnell wie möglich in deine Wohnung, oder?« Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Ich atmete erleichtert aus und entspannte mich wieder ein wenig, er hatte Verständnis für mich und akzeptierte das Gesagte.
»Ja.« Mit diesen Worten heulte der Motor auf und wir ließen die anderen Verkehrsteilnehmer hinter uns zurück.
¸.•*' ♥ '*•.¸Naoki zog den Schlüssel aus der Zündung und wollte gerade die Tür öffnen, als ich ihn aufhielt und mich über die Mittelkonsole beugte, um ihn zu umarmen. Ich wusste nicht, ob ich den heutigen Tag überleben würde, ob ich diesen wundervollen Menschen wiedersehen könnte, deshalb sprang ich hier etwas über meinen Schatten und schenkte ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. Normalerweise wäre dies unter keinen Umständen möglich, aber zum Abschied machte ich eine Ausnahme.
»Bis dann Naoki – danke für alles.«
Kurz danach öffnete ich die Autotür und stieg aus ins Ungewisse.
Nach dem Öffnen der Haustür zum Treppenhaus, hörte ich einen markerschütternden Schrei. Schneller als ich es überhaupt für möglich hielt, sprintete ich die Stufen hinauf, meine Eingangstür stand offen. Ohne darüber nachzudenken trat ich ein, schnappte mir einen Hammer aus der Flurkommode und lief in mein Wohnzimmer.
»Teiko?« rief ich vorsichtig.
»Hi....lfe.« Im hinteren Teil des Zimmers wurde Teiko mit dem Rücken gegen das Fenster gedrückt. Ein schwarz gekleideter Mann würgte sie, als er mich jedoch entdeckte, grinste er gehässig. Ich stand da, wie ein begossener Pudel. Unsicher ob ich ihm den Hammer über den Kopf ziehen sollte, aber durch meine fehlende Kontrolle und mein ungeschicktes Verhalten überwog die Angst in mir, dass Teiko diesen abbekommen würde.
»Lass sie los!«, forderte ich. Als Antwort erhielt ich nur ein abfälliges Schnauben, dann drückte er fester zu, öffnete das Fenster mit seiner freien Hand und nun bog sich ihr Rücken in einer unnatürlichen Art und Weise nach hinten. Der schmerzerfüllte Schrei von Teiko ging mir durch Mark und Knochen. Ich musste handeln und das sofort!
Da ich eine Frau der Tat war, überlegte ich nicht schnell. Meine Beine trugen mich nach vorn, ich holte aus und rammte ihn mit voller Wucht. Er sollte Teiko los lassen. Wenn sie mich wollten, dann würden sie mich kriegen.
Der Mann mit den schmierigen Haaren drehte sich zu mir um, ließ die Kollegin von Mr. Perfekt los und schlug mir den Hammer aus der Hand.
Er fackelte nicht lange, drückte mich gegen die Wand und nagelte mich regelrecht fest.
»Da ist ja die Richtige.« Seine tiefe, raue Stimme erkannte ich jetzt sofort. Es war derselbe, der mich so zugerichtet hatte.
»Zu dumm, dass es nun zu spät ist.« Was sollte das heißen?
Er ließ mich im nächsten Moment los, ging zu der am Boden liegenden Teiko und hob sie am Hals hoch. Kurz danach drückte er sie erneut aus dem Fenster.
»Nein!« Ich schrie vor Angst, riss mich von der Wand los und rannte zu diesem Schwein. Warum taten sie mir das an?
»Ich mach alles was ihr wollt, aber lasst meine Freunde endlich in Ruhe!« Ich bereute diese Worte nicht – ich würde alles für meine Liebsten tun, einfach alles. Es schien auch zu funktionieren, denn er hielt inne und sah zu mir.
»Alles?« Ich schluckte.
»Alles.«
Ganz schnell beendete er diesen Alptraum, er ließ Teiko los und schnappte sich mich. So schnell konnte ich gar nicht bis drei zählen, da waren wir aus meiner Wohnung verschwunden. Es erfolgte ein Schlag auf den Hinterkopf und ich verfiel der Dunkelheit.
¸.•*' ♥ '*•.¸»Wach auf!« Ich öffnete nicht sofort die Augen, weshalb ich einen Tritt gegen mein Schienbein erhielt.
Ich schaute nun auf und entdeckte, dass ich auf einem Ledersofa lag. Dieser stand vor einem Kamin und wenn ich kurz durch den Raum blickte, empfand ich diesen als sehr dunkel eingerichtet mit einer finsteren Atmosphäre. Es erinnerte mich schon an die dunkle Seite in einem Burgschloss – die Kerker.
»Steh auf!« Der Typ von vorhin stand neben dem bequemen Möbelstück und sah böse auf mich hinab. Ich reagierte nicht gleich oder zu langsam für seinen Geschmack, weshalb er mich am Kragen packte und zu seiner Nasenspitze zog.
»Ich habe deinen jämmerlichen Versuch mich zu täuschen ungestraft gelassen, also wirst du dich an dein Wort halten und mir gehorchen. Uns allen. Hast du verstanden, Weib?« Er spuckte mir diese Worte mit solch einer Wucht des Hasses entgegen, dass mir übel wurde. Wie konnte man nur so sein? Ich wusste es nicht. Mehr als ein Nicken bekam der Mann nicht, doch das schien zu reichen. Er schmiss mich zurück auf das Sofa, da merkte ich sofort noch die Verletzungen an den Rippen. Ich seufzte kurz auf und hielt mir die Brust.
»Was passiert jetzt mit mir?«
»Der Herr wird entscheiden«, antworte er, während er sich ein Glas mit Alkohol füllte und es gierig leerte. War das Whiskey? Ich war mir nicht sicher. Viel wichtiger war jedoch, wer dieser Herr war. Langsam würde ich das gern wissen.
»Komm.« Da ich nicht wieder einen Schlag abbekommen wollte oder schlimmeres, folgte ich seinem Befehl und lief ihm hinterher.
Wir gingen durch dunkle, schmale und eiskalte Gänge. Ich hatte das blöde Gefühl, dass jeder Gang immer kühler wurde. Mein Herz pochte immer schneller hinter meinen angeschlagenen Rippen, das Adrenalin wurde durch meine Blutbahn geschossen, wie in einem Lauffeuer. Keuchend, aufgeregt und voller Frust setzte ich ein Bein vor dem Anderen. Was würde mich nur erwarten? Nervös fummelte ich am Saum meines Pullovers herum, die Haare fielen mir ins Gesicht, die Kälte erdrückte mich und suchte sich den Weg durch den Stoff meiner Kleidung, reizte meine Haut und dadurch fror ich wie verrückt. Aber ich blickte nach vorn. Sah das Ziel vor den Augen, denn das hier musste endlich enden. Ich wollte Frieden. Frieden für meine Freunde, meine Familie und für mich.
Irgendwann hielten wir an, direkt vor einer vergoldenden Tür. Dicke Balken verriegelten den Durchgang, die gerade von dem schwarz gekleideten Mann angehoben wurden.
Nun öffnete sich die Pforte – der Durchgang lag vor mir und ich trat durch die Tür.
Der Eingang in meine persönliche Hölle – der Ritt begann.
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Yakuza Hakase
FanfictionKagome kehrte der Vergangenheit den Rücken zu und fing an Medizin zu studieren. Der Verlauf des Studiums verlief leider nicht so, wie die langsam erwachsene Frau sich das erhofft hatte und deshalb war sie bis zum nächsten Jahr gezwungen, in einer Ba...