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So, endlich. Nachtschicht beendet. Hm komisch, es ist immer noch dunkel draußen... Winter halt. Die Nacht war anstrengend. Ich musste zehn Patienten gleichzeitig überwachen und wir bekamen zwei weitere dazu, die in eine Massencaramboulage verwickelt waren. Ich will nur noch nach Hause, in meine drei Zimmer Wohnung und nach einer Dose Ravioli schlafen gehen.

Gähnend verabschiede ich mich von Jimmy und Lissandra und begebe mich dann auf meinem Fahrrad zu meiner Wohnung. Der kalte Wind peitscht mir mit Schneeflocken vermischt ins Gesicht. Meine Nase wird schlagartig knallrot, dass kann ich spüren und sehen, wenn ich schiele. Ich ziehe mir meine dunkelgrüne Wollmütze tiefer ins Gesicht und versuche gegen die Naturgewalt anzutreten. Da ist sie! Meine Wohnung. Fröstelnd springe ich vom Fahrrad, welches geradeaus in eine Hecke rast. Egal. Die heiße Dusche und den Tee ist es Wert. Sorry Ravioli.

Nun ist die Tasse leer und mein Körper schreit nach Schlaf, also lege ich mich auf die nicht ausgezogene Couch und träume mal wieder nichts.

Als ich aufwache ist es schon achtzehn Uhr. Verdammt. Ich habe schon wieder nichts vom Tag. Das nervige Grummeln in meinem Magen lässt nicht nach, also stapfe ich in die Küche, oder wie man einen Herd, einen Kühlschrank und eine Mikrowelle aus dem 14. Jahrhundert nennen möchte, und mache mir einen abendlichen Tassenkuchen.

Nach Beruhigung meines Verdauungsorgans hüpfe ich noch schnell in die Dusche und föhne dann meine widerspenstigen Haare trocken.

Mein Handy klingelt. Tatiana. Och nein.
"Ja?", frage ich in den Hörer.
"Hey hier ist Tat. Wo bleibst du? Wir waren für achtzehn Uhr verabredet. Komm sofort in die große Galerie!"
Zack, aufgelegt. Okay... dann mal zügig los.

Ich springe förmlich in meine Jeans-Latzhose und entscheide mich für meine knallroten Halbstiefel. Zum Glück erwische ich die rappelvolle Bahn und komme sicher in der Galerie an. Tatiana entschuldigend umarmend, starte ich nun den heutigen Abend. Entspannt und ohne Arbeit.

Meine Schulfreundin erzählt mir von belanglosen Dingen wie Beziehungen, Stars und den verrückten Frisuren ihrer Exfreundin, aber ich höre zu, wie immer. Das bin ich ihr schuldig.
Vor zwei Jahren hat sie mich vor so einem ekligen Typen gerettet, der mir K.O. Tropfen in den Drink gemischt hatte, um mich willenlos zu machen. Tat hatte alles beobachtet und verpasste dem Kerl einen Tritt an eine sehr unangenehme Stelle, nachdem sie die Polizei alarmiert hatte. Er sitzt nun irgendwo ein und dieser Gedanke beruhigt mich immens. Ein Scheißkerl weniger.

"Alles okay bei dir?"

Dieser Satz reißt mich völlig aus meinen Gedanken.
"Äh klar. Musste nur an das vor zwei Jahren denken."
"Das... ja... hab gehört sie haben in der von ihm gemieteten Garage belastende Fotos und sogar Drogen gefunden. Dafür haben sie ihn für dreimal lebenslänglich verknackt. Muss ganz schön heftig gewesen sein was die da gefunden haben."
Mit einem Nicken zeige ich ihr, dass ich ihr folgen konnte.

Ist das meine Paranoia, oder verfolgt mich wer? Das Gefühl werde ich seit der Bahn nicht mehr los. Ich blicke mich um und stelle fest, dass hier viel zu viele Menschen sind, um eine bestimmte Person auszumachen, die mich beobachten könnte. Um mein Gegenüber nicht zu verunsichern, wende ich mich ihr wieder zu und lausche ihrer tiefen Stimme und konzentriere mich gleichzeitig darauf, wieder ruhig zu atmen.

Gesamt gefällt mir der Abend wie er gelaufen ist, nur ist meine Freundin sehr fürsorglich und besteht nun darauf, mich zu fahren. Nach ewigem hin und her gebe ich schließlich nach.
"Damit du nicht wieder an einen Spinner gerätst."
Ihr roter Mini Cooper fühlt sich tatsächlich sicherer als die dunkle U-Bahn an.
Bevor ich aussteigen kann, drückt sie mir noch einen Schmatzer auf die Wange und drückt mir ein kleines Päckchen in die Hand.
"Was ist das?"
"Badesalz."
"DROGEN!? Nicht schon wieder, Tat."
"Was nein! Das ist wirklich ein Badezusatz. Damit du mal wieder entspannen kannst, du Arbeitstier."
Ich strecke ihr die Zunge raus, bedanke mich dann aber doch und verlasse das Auto. Zum Abschied winke ich noch kurz und blicke dem abdüsenden Fahrzeug eine Weile hinterher bevor ich meinen Blick gehen Himmel richte und den Gürtel des Orion erblicke, welcher mein Lieblings-Sternenbild ist.

Auf einmal legen sich große, kräftige Hände von hinten um meinen Hals und drücken zu. Die Luft geht mir zuneige, doch schlage ich wie wild um mich. Vergebens. Schwarze Punkte steigen in mein Blickfeld und meine Beine werden zu Gummi. Das Letzte was ich spüre, sind die starken Arme eines Mannes, die meinen Sturz auffangen.

Red Curly HairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt