Wunderschön. Eine einzelne Locke kräuselt sich auf dem weißen Daunenkissen und bildet farblich eine schöne Gebung. Die rötlichen Wimpern liegen leicht auf dem unteren Augenlid auf und ihre Atmung ist ganz flach.
Ich muss echt aufhören, sie so oft zu beobachten. Sie gehört mir, klar, aber Privatsphäre sollte sie dennoch bekommen. Die steht ihr zu.
Meine Schöne, ich werde dich nun für einige Zeit verlassen. Es ist nicht von Dauer, höchstens zwei Tage. Viel zu lange wenn du mich fragst. Ich brauche deine Nähe. Die habe ich schon immer gebraucht.
Ich mache kehrt und verlasse ihr Zimmer durch den kleinen Geheimgang an der Seite, gehe in die Küche und lasse mir Proviant machen. Fliegend packe ich das Nötigste zusammen, nehme den Koffer mit und verlasse diesen Ort, der nun endlich das Wichtigste in meinem Leben beschützt. Nein, ich beschütze sie. Ich allein. Bei mir ist sie sicher. Nur bei mir.
Der Kies knirscht unter meinen Schuhen, als ich mich einmal um 180° drehe und zurückblicke.
Ich setze einen Fuß vor dem anderen ab.
Wird sie ausreichend beschützt?
Ein Schritt.
Kann ihr jemand was antun?
Noch ein Schritt.
Ist mein Personal vertrauenswürdig?
Noch einer.Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf und mein Herz wird komplett durchgeschüttelt.
Ich muss... ich muss gehen. Es tut mir leid.So verlasse ich nun gänzlich den Ort und vermisse sie mit Leib und Seele.
Immer, wenn eine Frau mich passiert, meine ich ihren Duft zu vernehmen. Das ist Folter.
Rote Haare lassen mich ganz durchdrehen, wenn es nicht ihre sind.
Sommersprossen lassen mich nach ihrer Haut sehnen und ich verspüre den Drang, erneut kehrt zu machen. Meine Mission hält mich ab.
Das hier ist wichtig... fast so wichtig wie sie es für mich ist.Ich gehe nun also in dieses verdammte Café und schmeiße meinen Koffer auf den Tisch.
"Hier ist das Geld", sage ich mürrisch und blicke mein Gegenüber an.
Das ist also Gregor... der mit Abstand skrupelloseste Gangster-Boss, den ich jemals gesehen habe. Die Narben auf seinen Wangen und über dem linken Auge zeugen von den schweren Straßenkämpfen, die er wohl erlebt haben muss. Gregor Iwanow kam als kleiner Junge aus Russland hier her und brachte schon mit 7 Jahren den ersten Mann um die Ecke. Er vergiftete sein Essen und sah ihm beim Sterben zu. Lachend. Jedenfalls hat mir das alles meine Haushälterin erzählt. Heute treffe ich ihn zum ersten Mal persönlich. Seine Aura würde wohl die Farbe rot tragen und sein Parfüm riecht stark nach Moschus.
"Ist das alles?", fragt er in einem stark russischen Akzent und zählt misstrauisch das Geld.
"Ja, das ist alles. Vertrauen Sie mir ruhig Herr Iwanow.
"Weißt du, ich werde oft beschissen, deswegen traue ich niemandem."
"Mein Wort haben Sie."
"Ich gebe einen Dreck auf dein Wort du kleiner Wurm."
Wohow, ich habe doch gar nichts gemacht. Ganz ruhig, nicht mit ihm anlegen. Er trägt eine Waffe. Ich würde verlieren und die Glock 17 in seinem Gürtel hat 6 Schuss. Noch dazu bin ich unbewaffnet und nicht auf einen Streit aus.
Also rede ich beruhigend auf ihn ein, doch er winkt nur genervt ab und ich verstumme.
"Jetzt musst du mir nur noch das Päckchen bringen", säuselt er und legt mir seine riesige Pranke auf die Schulter.
Ein kleines Nicken verkündet meine Zustimmung, als ich mich langsam erhebe und Richtung Ausgang gehe.
Das Gefühl von Iwanows schwerer Hand ruht immer noch auf meinem Schlüsselbein und mein Bauch beginnt zu grummeln. Schnell verdrücke ich meinen halben Proviant und suche mir dann ein billiges Hotel.Das bisschen Geld, das mir neben dem Kofferinhalt noch geblieben ist, geht nun also für ein Hotelzimmer drauf, das nach Katzenstreu, kaltem Zigarettenqualm und Tod riecht. Na lecker. Ein Würgereiz lässt sich nicht mehr zurückhalten, als ich eine tote Ratte im Bad unter dem Waschbecken finde.
Die Dame an der Rezeption will mir keinen neuen Raum geben und behält meine Kohle, also nutze ich die Personaltoilette als mein Badezimmer und schlafe lediglich in dem Sessel auf meinem Zimmer, da dieser nicht aussieht, als wäre er von einer Müllhalde geklaut worden. Im Gegensatz zu dem großen, löchrigen Doppelbett.Jedenfalls kann ich meine Augen nur halbwegs beruhigt schließen. Immer wieder kreisen meine Gedanken um sie. Meine große Liebe. Bitte ist ihr nichts passiert. Es sind schon 12 Stunden vergangen seit ich sie das letzte mal gesehen habe. Das ist ein grausames Gefühl, diese Ungewissheit. Ein Handy durfte ich ja nicht mitnehmen, das war Gregors Bitte. Er fühle sich sonst abgehört, meinte er zumindest. Idiot. Der weiß doch gar nicht was Liebe ist. Geschweige denn Sehnsucht.
Aufgrund der Anstrengungen des vergangenen Tages gebe ich mich dem traumlosen Schlaf geschlagen.

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Red Curly Hair
Misteri / ThrillerMan hört in den Nachrichten davon. Mädchen werden entführt und tauchen nie wieder auf. Als ich in einem kühlen Raum auf einem Untersuchungstisch aufwache, realisiere ich: Jetzt ist es mir passiert. Scheiße.