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Meine grünen Augen öffnen sich und meine tiefschwarze Pupille zieht sich rasch zusammen, als ich in das grelle weiße Licht blicke. Erinnert mich bisschen an einen OP-Saal. Auch liege ich auf einem Metalltisch. Scheiße, ich wurde von Hannibal Lecter gefangen genommen, nein, der hat mehr Stil. Das hier ist eher Ted Bundy auf Crack.

Ich schaue an mir nach unten und bemerke, dass ich wohl nackt, aber mit einer Decke zugedeckt bin. Jemand hatte mich ausgezogen, na super. Bitte bringt er es schnell zu Ende. Genervt verdrehe ich die Augen und will mich an meiner Nase kratzen, doch sind meine Hände mal wieder gefesselt. Was ein Scheiß.

Gerade als ich anfange That's how you know you're fucked up zu summen, betritt eine ältere Dame den Raum. Erinnert mich irgendwie an die typische Großmutter aus den Gebrüder Grimm Märchen. Während sie so auf mich zu geht, fängt mein Herz an etwas schneller zu schlagen. Sie geht um den Tisch herum und steht nun hinter meinem Kopf. Ihre faltigen Hände, die überraschend warm und weich sind, legen sich auf meine Wangen. Die kleinen, grauen Äuglein sehen mich von oben an.

"Du bist so ein hübsches Mädchen."

Äh danke... oder so. Ich weigere mich etwas zu sagen, das erscheint mir momentan etwas komisch und außerdem weiß ich eh nicht was ich sagen soll zu... sowas.

Behutsam setzt sie mich auf. Ich presse das weiße Laken an meinen Torso, damit es nicht verrutscht. Mit aller Zärtlichkeit dieser Welt kämmt sie mein Haar, respektiert meine Locken, legt mich danach wieder hin und wäscht meinen Körper mit einem nassen Schwamm. Hat ein bisschen was von den Vorbereitungen der Hungerspiele was? Tatsächlich macht sie mir Pedi- und Maniküre und lackiert meine 20 Nägel in einem schönen Ton, der ein wenig dunkler als mein Teint ist, was aber auch nicht schwer ist. Sogar Ed Sheeran und Eminem sind dunkler als ich. Mozzarella hingegen - nein Spaß, der war im Vergleich zu mir im Sonnenstudio. Egal, weiter zu der freundlichen Oma, die jetzt... aus dem Raum geht. Hä? Wieso das denn?

Verwirrt aber geduldig bleibe ich liegen, ca. 2 Minuten. Dann reicht es mir und ich stehe auf. Kann man hier auch mal Klamotten bekommen? Mir ist kalt. Sehr kalt sogar. Kein Wunder bei der Krematorium-Aura hier drin. Ich ziehe die Decke etwas enger um mich und laufe einmal um den Tisch herum. Ein ganz... normaler... Leichentisch... nichts Auffälliges. In jeder Ecke hängt eine kleine Kamera, groß genug, um zu sehen ob sie ranzoomt oder wegzoomt. Sind sie an? Vermutlich schon. Ja, ein roter Punkt leuchtet über der Linse. Pervers.

"Ich habe Hunger! Mir ist kalt!", schreie ich in eine der vier Kameras.

"HALLOOO!?"

Leicht panisch hebe ich meine Stimme immer mehr an.

"BITTE!"

Nichts tut sich.
Volle drei Stunden warte ich ungeduldig auf eine Art Antwort. Egal welche. Auch wenn nur die Kameras ausgehen würden, oder sich bewegen...

Irgendetwas.

Da! Der Knauf der sperrigen Tür dreht sich langsam. Mit Lichtgeschwindigkeit fliege ich auf den Tisch und lege mich hin, decke mich zu und tue so, als würde ich schlafen.
Die alte Dame wieder.
Diesmal hat sie ein Tablett dabei. Auf der einen Seite befindet sich ein Teller mit Essen und daneben liegt ein gefaltenes Stück Stoff und Schmuck. Das, was ich verlangt hatte.
Sie stellt alles neben mich auf den Tisch, streicht mir sanft über das Haar und flüstert sanft:

"Aufwachen."

Als hätte ich geschlafen, öffne ich die Augen und gähne ein wenig. Lieblich schaut sie mich an.

"Ich habe dir etwas essen und ein Kleid gebracht. Du solltest es anziehen. Soll ich dich alleine lassen?"

"Ja, wäre -"

Schon geht sie Richtung Tür.

"Warten Sie!"

"Ja?"

"Wieso sind Sie so nett zu mir?"

"Das ist mein Beruf."

"Ihr Beruf? Als was arbeiten Sie bitte?"

"Als Dienstmagd natürlich."

Hä? Jetzt bin ich komplett verwirrt.

"Ah... okay..."

"Und jetzt, iss etwas und zieh dich an."
Mit diesen Worten verlässt sie den, bis auf die grelle Lampe über dem Tisch, düsteren Raum.

Sofort schlinge ich alles, was auf dem Teller liegt, in mich rein. Ein halber Apfel, drei Trauben und ein paar Rosinen. Vorerst wird das mein heftiges Magenknurren beruhigen. Aber nicht lange, das steht fest. Ich sehe vier rote Punkte in den Ecken und starre eine der Kameras an.

"Ausmachen wenn ich mich anziehen soll!"

Rotes Licht.

"Aus damit."

Rotes Licht.

"SOFORT!"

Endlich. Schwärze.

Runter mit dem Laken und rein in das Kleid. Huch, das liegt aber eng an. Dann stecke ich mir die Ohrringe an.

"Hey Big Brother!", schreie ich.

"Na, wie sehe ich aus?"

Ich drehe mich ein paar Mal im Kreis und sehe die roten Punkte auf einmal aufleuchten. Grinsend stelle ich mich vor eine der Kameras.

"Kann ich jetzt raus? Ich brauche Tageslicht... Vitamin D und so. Außerdem müffelt es hier drinnen!"

Nach ehemalig ungewaschenem Körper und alter Oma. No offence.

Auf und ab. Auf und ab. Auf und - das sind meine "Runden" in meinem Verlies. Wann tut sich wieder was?

"Mister Entführer! Kommen Sie schon, ich habe auch keine Angst vor Ihnen!"

Oder sollte ich das haben?

Plötzlich wird die Tür aufgeschlagen und zwei bullige Typen ganz in schwarz treten ein. Einer packt meine Arme.

"HE! WAS SOLL DAS!?"

Der Andere greift sich meine Füße.
Wie ein erlegtes Wildschwein tragen sie mich in einen anderen Raum, wo sie mich anschließend auf einen Mahagoni-Stuhl fesseln.
Ich verliere meine Fassung und spucke den Größeren der beiden an.

"Arschloch", schimpfe ich.

Ohne Kommentar wischt er sich den Speichel ab und verbindet mir den Mund.
Das habe ich jetzt davon...
Nach unzähligen Versuchen mich zu befreien gebe ich schließlich auf.
Es hat keinen Sinn...

Red Curly HairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt