7. Kapitel

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Unterfordert

"Name?"

"Debbie Johnson."

"Alter?"

"Sie haben mich das alles schon gefragt, wieso zum Teufel fragen Sie nochmal!?" Genervt blies Debbie sich eine Haarsträhne aus der Stirn und überschlug ihre Beine auf dem schäbigen Sessel.

Sherlock zuckte nicht einmal mit einer Wimper und blickte Debbie weiterhin direkt in die Augen. "Alter?"

Debbie seufzte und schloss ihre Augen für einen Moment. "...Sechsundzwanzig."

"Beruf?"

"Eigenständige Autorin und Sängerin im Nachtclub. Ich verkaufe meine Werke auf Amazon."

"Akademische Abschlüsse?"

"Deutsche allgemeine Hochschulreife, Doktor in Teilchenphysik, Bachelor in Gentechnologie."

Watson zog seine Augenbrauen hoch. "Und mit solchen Abschlüssen arbeiten Sie in einem Nachtclub?"

Debbie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und richtete sich etwas weiter auf. "Nun ja, die Abschlüsse sind erstens alle Deutsch, weshalb ich Schwierigkeiten damit habe international akzeptiert zu werden, außerdem-"

"-hat Sie eine kleine Vorgeschichte bei der Polizei. Wer hat Ihnen die Phoenix Street vererbt?"

John zog erneut die Augenbrauen hoch und machte den Mund auf, als ob er irgendetwas sagen wollte, beschränkte sich dann jedoch auf einen sehr verwirrten Gesichtsausdruck und wippte auf seinen Füßen vor und zurück. Sherlock wiederum regte sich weiterhin keinen Millimeter.

Debbie funkelte Sherlock Holmes zornig an und verschränkte ihre Arme vor der Brust. "Sie hätten mich auch einfach nach diversen Vorstrafen fragen können anstatt in meiner Vergangenheit herumzuschnüffeln, wissen Sie?"

"Wer hat Ihnen die Phoenix Street vererbt?", fragte Sherlock erneut und starrte zurück.

"Das habe ich nie erfahren. Angeblich soll es eine gewisse Harriet Johnson gewesen sein. Der Nachname ist wahrscheinlich aus purem Zufall der gleiche. Das muss eine dieser zufällig-ausgesuchte-Erben-Geschichten sein. Und ich hatte das große Glück."

"Sie leben also seit drei Jahren hier in England. Wie alt waren Sie, als Sie Abitur gemacht haben?"

"Siebzehn. Wieso fragen Sie mich das alles eigentlich? Das steht doch sicher bis ins kleinste Detail in meiner Akte drin."

"Ich würde es nur gerne von Ihnen hören, Miss Johnson", sagte Sherlock ruhig und ein kleiner Funken leuchtete plötzlich in Debbies Augen auf. Dann fing sie laut an zu lachen. 

"Ach, so ist das also! Sie testen gerade meine Glaubwürdigkeit. Und, wie habe ich bis jetzt abgeschnitten?"

"Bisher decken sich alle mir bekannten Informationen mit Ihren Aussagen."

Debbie lächelte. "Das freut mich zu hören. Wollen Sie weitermachen?"

"Nein, denn da Sie jetzt den Sinn dieses Verhörs herausgefunden haben, wären alle weiterhin aufgenommenen Daten verfälscht. Sie wissen jetzt, dass Lügen ihnen keine Vorteile mehr einräumen würden. Nicht, dass das jemals der Fall gewesen wäre."

Das Lächeln auf Debbies Lippen wurde zu einem schiefen Grinsen. "Wie Recht Sie doch haben, Mister Holmes. Ich muss zugeben, Sie haben durchaus etwas beeindruckendes an sich."

"Sie auch", entgegnete Sherlock, und Watson riss überrascht die Augen auf. Ein Kompliment aus Sherlocks Mund? Da musste es doch einen Hacken geben.

"Etwas beeindruckend Nerviges."

Schallendes, klares Lache, erfüllte das Wohnzimmer der Baker-Street. Debbie konnte sich sichtlich kaum noch auf dem Sessel halten, während Watson ruhig da stand und sich fragte, was genau an der ganzen Sache so witzig war. Sherlock sah nicht wirklich anders aus.

"...Sie können für heute nach Hause gehen, Miss Johnson", entgegnete Sherlock leicht irritiert, stand auf und machte sich auf den Weg in die Küche. John stand weiterhin neben Sherlocks Sessel und blickte Debbie mit einer Mischung aus Verwirrung und Neugier an.

"Und, was haben Sie jetzt vor?", fragte er sie.

"Erstmal fahre ich zum Hotel, und dann zur Polizei. Immerhin sind Sie beiden nicht die einzigen, die mich verhören wollen", antwortete Debbie immernoch leicht lachend, wischte sich einige Lachtränen aus den Augenwinkeln und erhob sich aus dem Sessel. Sie hatte sich bereits wieder ihr Kostüm von gestern Abend angezogen, und ihre Regenmantel hängte ich auch schon von den Schultern. Suchend blickte Debbie sich im Wohnzimmer um.

"Ah, Sie suchen sicher Ihren Hut!", rief Watson aus und eilte mit großen Schritten in den Flur, um dann mit Debbies Hut in der Hand wieder zurück in den Raum zu treten. Freundlich lächelnd trat er auf sie zu und reichte ihn ihr.

"Bitte sehr. Da fällt mir ein, ich habe mich ihnen noch gar nicht richtig vorgestellt. Mein Name ist John Watson und ich bin Sherlocks Assistent und Arzt." 

"Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Doktor Watson", erwiderte Debbie freundlich, ebenfalls lächelnd, und nahm ihren Hut entgegen. 

"Ach was, lassen Sie den Titel fallen und nennen mich einfach John", lachte er. "Darf ich Sie dutzen?"

"Sehr gern! Immerhin sieht es so aus, als würden wir in Zukunft mehr Zeit miteinander verbringen." Debbie grinste breit und die beiden schüttelten sich die Hand. "Nun denn, ich gehe dann mal lieber. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. Bis bald!"

"Bis bald, Debbie!", verabschiedete John sich von ihr und winkte ihr zurück, bevor sie durch die Wohnzimmertür in den Flur verschwand und von Mrs. Hudson zur Haustür geleitet wurde. Lächelnd schaute er ihr hinterher. "Für eine Mörderin ist sie meiner Meinung nach viel zu nett", murmelte er. 

"Das eine schließt das andere nicht aus, John", entgegnete Sherlock kühl und trat mit einer Tasse Tee in der einen und einer Pistole in der anderen Hand ins Wohnzimmer. Als John die Pistole sah, zog er die Augenbrauen hoch. 

"Und was genau hast du jetzt damit v-"

Peng! Peng! Peng!

John schloss genervt die Augen und zuckte dreimal abrupt zusammen, während Sherlock es sich mit dem Tee auf dem Sofa bequem machte, die Pistole neben sich warf und irgendwas von Dampf ablassen murmelte. 

"...Ah ja. Klar doch." Missbilligend öffnete John seine Augen wieder und schüttelte den Kopf, bevor er selbst in der Küche verschwand, um sich ebenfalls einen Tee zu holen. Debbie war nach diesem aufrüttelndem Zeitvertreib Sherlocks bereits vergessen.

Zumindest vorerst.



Die DiebinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt