Rêveuse

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Ich begrüße euch zu einer neuen Geschichte, in der viel Arbeit, Liebe, Zeit und auch Hoffnung steckt. Ehrlich gesagt bin ich nervös. Ein Gefühl was ich nicht kenne. Vor allem nicht vor einer neuen Geschichte. Ich hoffe sie gefällt euch. Sie ist etwas anderes mal. Ich habe versucht sie so realistisch zu machen, wie es nur geht. Bedenkt trotzdem das es nur eine Geschichte ist. Es war für mich selbst ein großes Projekt. Ihr könnt euch auf tägliche Updates freuen und auf eine Menge Lesestoff. Viel Spaß beim Lesen.

Lg Krümmel - Hexe

Alexander

05. März 1935

Die Kirchenglocken, die pünktlich um sieben morgens schellen, wecken mich aus einem traumlosen Schlaf. Das Fenster was geöffnet ist, bringt die Frühlingsluft von draußen herein. Die weiße Gardine bewegt sich leicht mit dem Wind zusammen. Wie ein Tanz. Wobei der Wind die stärkere und führende Partei ist. Ich schüttle leicht den Kopf. Ich träume schon wieder viel zu viel.

Meine langen Beine berühren den kalten, bekannten Holzboden. Kurz knarrt er als ich mich erhebe. So wie jeden Morgen. Relativ schnell hatte ich meine Sachen zusammen gesucht. Ich öffnete meine dunkle Holztür, trat auf den nächsten Holzboden, der dieses mal kein knarren von sich gab. Der Flur war eng. Zwei Personen waren schon zu viel und so schlüpfte ich schnell in das mir gegenüberliegende Bad. Das Bad war mit weißen und hellblau gemusterten Fließen ausgelegt. Links in der Ecke fand man die Dusche. Rechts das weiße Klosett oder der neueste Begriff Toilette. Ein paar Meter gab es noch das Waschbecken. Schnell stieg ich unter die Dusche und machte mich innerlich auf das kalte Wasser bereit. Nachdem ich mit meiner Hygiene fertig war, schlüpfte ich zuerst in das Leinenhemd. Es lag ganz leicht auf meiner Haut. Ich spürte die Luft, die sich durch den Stoff schmuggelte. Ich mochte, wie es sich um meine Muskeln schlang. Die Hose war dunkelgrau und mit breiten Beinen. Sie war schwer. Trotzdem war der Stoff angenehm für die Haut. Bevor ich mein Jackett anzog, schlug ich mir den vorgegeben Hosenumschlag. So wie es momentan jeder trug. Meine dunklen Haare versuchte ich zu bändigen und zurück zu kämmen. Irgendwann gab ich es auf.

Fertig angezogen ging ich die schmale Holztreppe herunter. In der Küche war schon ein reges treiben. Während mein Vater, Robert Lightwood am Kopf des eckigen Tisches, zusammen mit meinem kleinen neunjährigen Bruder Maxwell, saß. Stand meine Mutter, Maryse an dem Ofen. Es war das typische Männer und Frauenbild.

Allerdings gab es nur eine Person die sich davon abwendete. Meine kleine Schwester, Isabelle, die mittlerweile auch schon zwanzig Jahre alt ist. Sie kämpfte für die Frauenrechte. Was wahrscheinlich auch daran lag, das sie zwei linke Hände in der Küche hatte. Sie ließ alles mögliche verbrennen. Ich unterstützte sie wo ich nur konnte. Wir zwei konnten unterschiedlicher nicht sein. Sie blickte jedem und alles in das Auge. Die Realität mochte sie nicht, dennoch befasste sie sich damit und war oft ungehalten. Sie war leidenschaftlich in den Sachen die sie anfing. Ich liebte sie für ihren Mut und dem vertrauen, was sie in sich selbst hatte.

Ich selbst war ein Träumer durch und durch. Ich wollte die Welt nicht so sehen wie sie war. Dafür wurden den kleinen Dingen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Isabelle beschrieb mich oft als stillen Romantiker. Ich verlor mich gerne in meinen Gedanken und hatte meinen eigenen Kopf. Dadurch eckte ich oft an, weil ich Dinge anders sah. Mit den Jahren wurde ich leiser und auch misstrauischer gegenüber anderen Menschen. Ich liebte die Sprachen und arbeitete deswegen auch als Übersetzer in einer Buch Firma.

"Ihr träumt wieder Bruderherz." flüstert eine lächelnde und sehr bekannte Stimme in mein Ohr. Ich trete mich zu ihr um. Sie trug ein hellblaues Reformkleid. Darin sah sie viel zu lieb aus. "Dafür seht ihr wieder sehr schön aus." Kurz machte sie einen Knicks. "Ich danke Ihnen." Ich verbeugte mich ebenfalls und reichte ihr so gleich meine Hand. "Darf ich Sie zu eurem Platz geleiten." Sanft legte sie ihre zarte Hand in meine. "Sehr gerne." Grinsend brachte ich sie zu dem Stuhl, neben unserer Mutter. "Das ihr euch beide immer über die Oberschicht lustig machen müsst." Isabelle und ich verfielen in ein lachen. Wir wussten das, das unsere Mutter nicht leiden konnte aber es machte einfach viel zu viel Spaß.

Recht schnell gab ich mich meinen Gedanken hin. Einmal würde ich gern in einem großen Saal tanzen, solange bis die Füße schmerzten und der Schweiß einem von der Stirn lief. Die Musik in meinem Ohr. Wie sie meinen Körper bewegt. Mit jemanden im Arm den man liebt. So wie man es von den Damen hört, die auf einem Ball getanzt haben.

Ein schnipsen brachte mich wieder in die Gegenwart. Ich sah in die belustigten Augen der Frauen. "Ach Alexander was soll man nur mit euch machen." Damit deutete meine Schwester auf unseren Vater. "Ihr wolltet etwas von mir?" frage ich. Sein Gesicht sagt mir deutlich das er genervt ist. "Die Branwell's haben zum Tee geladen. Du wirst hingehen. Ich selbst habe heute leider keine Zeit. Du wirst mich dort entschuldigen." Ich nicke. Heute war mein einziger freier Tag in der Woche. Sonst hätte ich ebenfalls nicht gehen können. "Und träum dort nicht so viel." Wieder nur ein nicken. Ich konnte eigentlich nichts dafür. Recht schnell hatte ich festgestellt, das es mir in meinem Kopf besser gefiel. In meiner eigenen Welt zu leben und sich dem hinzugeben, was sich Träume nennt oder Phantasien. Einfach nur für einen Augenblick, die Ängste und die Gesetze vergessen. Der Rauch von Zigaretten stieg mir in die Nase und brachte mich erneut zurück. Vater rauchte oft beim Frühstück. Der Geruch hielt mich in der Realität, denn ich mochte ihn nicht.

Bevor es zum Kaffee ging, zog ich mich erneut um. Eine neue Hose, mit einem weißem einreihig geknöpften Hemd, Weste und Jackett. Alles in indigoblau gehalten. Dazu nahm ich mir ein weißes Einstecktuch und eine ebenfalls indigoblaue Fliege. Zuletzt kamen die silbernen Manschettenknöpfe. Ich verabschiedete mich von meiner Schwester bevor ich auf die gepflasterte Straße trat. Vereinzelte Traction Avant's fuhren herum. Die Automobile hatte vor zwei Wochen vollkommen in Idris eingeschlagen. Ich fand sie seltsam und sie rochen etwas streng. Da hatte ich meinen Drahtesel doch viel lieber.

Heute würde ich allerdings zu Fuß gehen. Die Branwell's lebten nur ein paar Straßen weiter und die frische Luft war angenehm. Ab und zu grüßte ich die Leute, die ich kannte. Und während ich mich in meinen Gedanken fragte, wie es wohl wäre zu fliegen, kam ich am Jahrtausend Platz an. Dort fand man einen größeren, steinernen Springbrunnen. Rund herum fanden Blumen ihren Platz. Es gab eine kleine Fläche zum tanzen die abends von Lichtern beleuchtet wurde. Oft spielten hier Straßenmusiker. Ich kam gerne mit meiner Schwester hier her. Unbewusst blieb ich stehen, als mir der eine bestimmte Abend in den Sinn kam. Es waren mehr Leute da, viele hatten getanzt und die Stimmung war ausgelassen. Ich hatte selten so viel gelacht. Dieser Abend brachte Isabelle und mich auch etwas näher. Ich erinnerte mich gern an ihn zurück, auch wenn ich dies selten tat. Langsam und mit einem lächeln im Gesicht lief ich weiter.

Schneller als gedacht, kam ich pünktlich bei dem Wohngebäude an. Ich klopfte und fast sofort wurde mir die Tür von einer jungen, blonden Dame geöffnet. Sie lächelte ebenfalls als sie mich sah. "Alexander schön euch wieder zu sehen. Auch wenn ich euch nicht erwartet hätte. Eher ihren Vater." Ich mochte diese Dame. Auch wenn sie manchmal zu viel redete. "Er lässt sich entschuldigen." Sie nickt nur und bittet mich dann herein. "Es sind noch nicht alle da, deswegen sind viele nochmal in den Garten gegangen." Kurz zeigt sie mir die Richtung und ich bin etwas erleichtert als sie mir nicht folgt.

Der Garten ist wie jeder andere auch. Eine reine Grünfläche mit einem Baum. Abgegrenzt von Backsteinwänden. "Alexander?" Ich blicke nach rechts und sehe etwas abseits Kieran stehen. Seine Haare sind schwarz und er ist fast so groß wie . Die Augen sind fast genau so dunkel. Er hat ein kantiges aber dennoch sehr schönes Gesicht. Seit unseren ersten Begegnung finde ich, das er etwas majestätisches an sich hat. Er ist sozusagen ein Kollege. Auch wenn er nicht übersetzt, sortiert und dokumentiert er alles. Ich zähle ihn zu meinen Freunden, von denen ich nicht viele besitze. "Wurdest du auch von deinem Vater vorgeschickt?" Wir lassen die Höflichkeitsform schon seit langem weg. "Ja aber machen das nicht alle Väter so?" Er zuckt nur mit den Schultern. Ich mustere ihn genau. Seine Stirn die er sonst meistens runzelt ist glatt. Die Lippen sind zu einem Strich gezogen. "Ist alles in Ordnung bei dir?" frage ich als mir klar wird das mit ihm etwas nicht stimmt. "Ja alles gut." Noch einmal sieht er sich um bevor er mir seine vollkommene Aufmerksamkeit schenkt. "Wusstest du das der eine gekündigt..."

Eigentlich bin ich ein sehr höflicher Mensch und höre gerade bei meinen Freunden genau zu, was sie sagen. Wäre da nicht dieser Mann, der jetzt ebenfalls den Garten betritt, mir den Atem verschlägt und meine Mundwinkel ziehen sich leicht nach oben.

Rêveuse [französisch] - Träumer

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