Tu me fais rire

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Alexander

06. März 1935

Das Adrenalin was gestern noch in meinen Venen floss, war verschwunden. Trotz des Träumens war ich jetzt in der nahtlosen Realität angekommen.

Die Angst erwischt zu werden war groß. Hätte uns gestern schon jemand gesehen, dann würden Sie uns heute holen. Ein Handkuss war zu viel. Selbst die Blicke waren zu intensiv.

Doch trotz der Angst würde ich es immer wieder tun. Magnus hat mich auf eine andere Art träumen lassen. Es war anders. Träume die näher sind als das fliegen oder das tanzen wie ein König. Sie waren farbenfroher. Ja fast schon epischer. Gleichzeitig aber auch so fern.

Ich könnte nach ihnen, den Träumen greifen, wüsste allerdings das ich dann nichts als Luft in den Händen halten würde. Aber wenn ich ihn sah, seine Hand wieder in meiner halten würde, dann wäre der Traum die Wirklichkeit. Und zum ersten mal hatte ich Angst erst dann aufzuwachen, wenn es zu spät ist. Ich weiß nicht was es war. Er hat etwas ausgelöst in mir.

Tief verankerte Ruhe zusammen mit dem Parfüm, was mich hier hielt, in dieser Welt. Trotzdem gab es Momente wo mein Herz höher geschlagen hat verbunden mit dem Kribbeln. Ich habe ihn gesehen und wusste das er die Macht haben wird mich zu verletzen. Nur jetzt konnte ich noch entscheiden ob ich das zu lasse.

Ich sehe mich im Spiegel an und sehe mir dadurch zu, wie ich mit meinem Daumen über meine Lippen streife. Ich muss an sein lächeln denken und daran wie er meinen Namen ausspricht.

Heute würde ich ihn wieder sehen und allein das ließ meine Angst etwas schrumpfen. Ein Blick auf meine Uhr, mit dem dunkelbraunen Armband ließ mich vollkommen wach werden. Ich musste zur Arbeit.

Recht flott zog ich mir mein Leinenhemd und die dunkelgrau melierte Hose an. Ich war abgelenkt, von dem Druck pünktlich zu kommen. Denn wenn ich eins nicht mochte, dann war es zu spät kommen. Im Hinterkopf hatte ich allerdings auch den Namen 'Magnus' hausen, der mich immer wieder zum stocken brachte.

Erst auf Arbeit, die ich ebenfalls wieder zu Fuß erreichte, fiel mir ein, das ich die Brotbüchse vergessen hatte. Ich zuckte nur mit den Schultern.

Das Gebäude war etwas größer und ein Backsteinhaus. Innen drin war ein großer Raum. An den Seiten standen jeweils mehrere Regale, die mit den Schriften gefühlt waren, die übersetzt werden mussten. In der Mitte fand man neun einzelne Tische. Das war mein Arbeitsplatz. Ich saß links in der Mitte. Rechts neben mir, Kieran. Dieser war ebenfalls schon da.

Ich ging auf ihn zu und wartete eigentlich auf ein Kommentar, das ich für meine Verhältnisse viel zu spät war. Aber es kam nichts. Er sah mich einfach nur an und spielte mit dem Kohlestift, in seiner rechten Hand.

"Kieran? Alles in Ordnung?" Unmerklich schüttelte er mit dem Kopf. Ich wollte gerade tröstend meine Hand auf seine Schulter legen aber unser Chef unterbrach mein vorhaben.

"Lightwood legen sie endlich los." Ich nickte nur und ließ mich dann auf meinen Platz sinken. Vor mir lag ein Buch. Vom lateinischen ins französische. Es war ein Kinderspiel. Trotzdem brauchte ich bis zu meinen Feierabend, den ich zusammen mit Kieran antrat.

Als die wärmende Frühlingsluft uns um die Nase wehte und das helle blau des Himmels auf unsere Netzhaut traf, musste ich unwillkürlich wieder an Magnus denken, den ich beim übersetzen kurz nach hinten drängen konnte.

"Alexander?" Ich sah zu meiner rechten. Kieran blickte ernst nach vorn. "Was ist los?" Seine Augen schimmerten verdächtig. Ich machte mir wirklich sorgen um ihn. "Ich würde es dir so gerne erzählen. Aber ich kann nicht." seine Stimme war bedrückt und monoton. Nicht mehr belustigt und auch nicht mehr so stark. Eher dünn und zitternd. "Du kannst, du musst dich nur trauen." Er schüttelte mit den Kopf. "Bis morgen." Damit wendete er sich ab und ging.

Verzweifelt blickte ich ihm hinter her. Wenn er nur mit mir reden würde. Kieran war sicherlich kein Mensch, der sich jemand gern anvertraute. Er machte seine Probleme mit sich selbst aus und das war vollkommen ok, denn auch ich war so. Aber ihm schien ein Zentner auf den Schultern zu liegen. War es da nicht besser, doch mal zu reden.

Ich sah ihm noch lange hinter her und überlegte was er haben könnte. Doch mir viel nichts ein. Er lebte allein. Seine Familie war aus Idris weg gezogen und damit kam er sehr gut klar, denn das Verhältnis war schon immer schwierig.

"Alexander?" Die mir bekannte Stimme wehte mir sofort die gewisse Ruhe ein. Gleichzeitig floss das Adrenalin mit der Angst verbunden durch meinen Körper. Sie hatten sich wie Magneten verbunden und jagten so ein lauwarmen Schauer über meinen Rücken. Meine Wangen wurden heiß und meine Hände kalt zu gleich.

"Magnus." flüsterte ich, als ich ihn endlich sah. Da war es wieder. Dieser Raum in dem wir gefangen waren und auch nicht mehr heraus wollten. Es war der Bann, nur erschien er mir jetzt viel vertrauter.

"Ich war gerade auf dem Weg zum Jahrtausend Platz." teilt er mir mit und unwillkürlich muss ich lächeln. "Ich sozusagen auch."

Automatisch liefen wir, ohne die Luft zu brechen, los. Es tat gut in seiner Nähe zu sein. Dies dämmte die Angst auf ein Minimum. Auch wenn ich mich bei jeder Person, die wir sahen, fragte ob sie einen Verdacht schöpfte. Was vollkommener Unsinn war, denn jetzt in diesem Augenblick waren wir nur zwei Männer die, die Straßen von Idris entlang liefen.

Magnus und ich warfen uns immer wieder Seitenblicke zu. Seine lächelnden Augen, die mich immer wieder liebkosen. Und es ist nur für mich bestimmt.

Still liefen wir eine Weile nebeneinander her. Der Jahrtausend Platz lag schon lange hinter uns. Aber das bekamen wir nicht mit.

Irgendwann bleibt Magnus stehen. Er sah an mir vorbei und auch ich sah mich um. Dieser Stadtteil war mir weniger bekannt. Ich folgte seinem Blick. Da war eine Gasse. Sie war grau wie alle anderen. Sie war etwas breiter. Das unheimliche war eher, das der Schatten so groß war, das man sie kaum einsehen konnte. Magnus ging näher auf sie zu.

„Da leuchtet etwas." flüstert er eher mehr zu sich selbst. Ich sah näher hin und tatsächlich war an der rechten Wand ein kleiner gedämmter Schein. Gemeinsam gingen wir näher und näher.

Nach mehreren Metern sah ich hinter mich und erkannte sogleich nicht mehr viel von der Straße, auf der wir noch vor kurzem lang gelaufen sind. Wir fanden eine kleine, schon sehr gebrauchte Bank unter einer, an der Wand angebrachten, Laterne.

„Ich lag die ganze Nacht wach, Alexander." Seine samtige Stimme schickt wieder einen wohligen Schauer über meinen Rücken. Ich trat näher an ihn heran. „Eine Legende besagt, wenn du nachts nicht schlafen kannst, ist es weil du im Traum einer anderen Person wach bist."

Magnus sieht mich an und legt im nächsten Augenblick seine Hand an meine Wange. Ich lehne mich in diese sanfte und unbekannte Berührung. „Ich wünschte wir könnten uns näher kennen lernen." Genau jetzt wünschte ich mir wieder zu träumen. Einfach abzutauchen in eine andere Welt. „Aber Ihr wisst selbst das, das unmöglich ist. Nicht auf diese Weise."

Ich kannte diesen Mann nicht mal vierundzwanzig Stunden und trotzdem brachen mir diese Worte das Herz. „Bitte, Magnus. Ihr spürt das doch auch." Dabei lege ich meine Hand über die Stelle, wo sein eigenes Herz in einem ganz eigenen Rhythmus pocht.

Traurig lächelt er mich an. „Das ändert nichts daran." Magnus zieht seine Hand weg und entfernt sich mehrere Schritte. Noch einmal sehen wir uns an bevor er sich abwendet und geht.

Damit lässt er mich allein mit dem Durst ihn kennen zu lernen und der Frage, ob wir nicht doch eine Chance gehabt hätten. Die Traurigkeit war laut zu hören.

Tu me fais rire [französische] - du bringst mich zum Lachen

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