06 'Schweißgeruch im Ranzlokal

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Jeanne'
Ich renne über die Straße, doch die Bustür knallt direkt vor meiner Nase zu und meine Mitfahrgelegenheit düst davon. Na ganz doll.
Genervt lehne ich mich gegen die Haltestelle.
Da hat man einmal früher Feierabend und dann sowas.

Seufzend krame ich mein Handy aus der Tasche, um mir die Zeit wenigstens ein bisschen zu vertreiben.
Mittlerweile sind zwei Wochen vergangen, ohne dass Blaine bei mir aufgeschlagen ist. Wer weiß, ob er sich überhaupt nochmal blicken lässt. Ich sehe auf, als der nächste Bus vorfährt und steige ein. Nach Laufen ist mir heute wirklich nicht zumute. Also setze ich mich in die hinterste Reihe, um die anderen Mitfahrer zu beobachten. Einer unzufriedener als der Andere.

Station für Station wird es im Bus immer voller. Genauso wie die Innenstadt mit jedem Tag immer weniger Platz bietet. Die Leute flüchten sich ins Innere, das weiß ich. Es ist offensichtlich.
Doch in den Nachrichten wird nicht darüber berichtet. Menschen hüllen sich in Schweigen. Niemand weiß, wie die Lage derzeit wirklich ist. Genau das ist es, was mich so unglaublich wütend macht. Diese Ahnungslosigkeit.

»Dürfte ich mich setzen, junge Frau?«
Eine ältere Dame reißt mich aus meinen Gedanken. Ich starre hektisch auf die Anzeige und springe auf, weil ich genau an dieser Station aussteigen muss. Verwirrt, aber dankbar beobachtet mich die alte Dame dabei, wie ich aus dem Bus haste.

Neben der Haltestelle verweile ich kurz, um wieder einen klaren Kopf zubekommen. Anschließend klatsche ich mir in Gedanken gegen die Stirn. In letzter Zeit bin ich wirklich zu nichts mehr zu gebrauchen. Vielleicht sollte ich in den Urlaub fliegen. Irgendwo ans andere Ende der Welt. Ich schüttle den Kopf. Mal wieder schweife ich ab.

Schnellen Schrittes laufe ich die Treppen hinauf zu meiner Wohnung, weil ich mich unheimlich auf mein bequemes Sofa freue.
Ich schließe die Tür hinter mir und kicke meine Schuhe achtlos durch den Flur, während ich meine Jacke einfach fallen lasse.
Mit meinem Handy bewaffnet, sinke ich auf das bequeme Objekt meiner Begierde.

»Dafür, dass du 'ne Frau bist, sieht es hier ziemlich wüst aus.« Ich schrecke auf und drehe mich um. Ein Paar blaue Augen funkelt mich amüsiert an.

»Verflucht, Blaine! Kannst du mich nicht vorwarnen, wenn du in meiner Wohnung rum spukst?« Während ich ihn weiterhin anfauche, geht er gelassen um das Sofa herum.

Noch immer amüsiert sieht er auf mich herab.
»Gib mir deine Nummer und ich schreibe dir, wenn du das nächste Mal durch die Wohnungstür trittst, eine kleine Nachricht.«

Als ich Blaine darauf keine Antwort gebe und stattdessen frage, wie er überhaupt in meine Wohnung gekommen ist, schnappt er sich meine Hand. Er hält mich am Handgelenk fest und entsperrt mein Handy mit meinem Daumen, ehe er mich los lässt. Dann setzt er sich mit meinem Handy und einem gespielt charmanten Lächeln zufrieden neben mich.

»Du hast vergessen abzuschließen. Hab die Tür mit 'ner Karte geknackt«, erwähnt er beiläufig, während er mit seinem und meinem Telefon rumhantiert. Geduldig beobachte ich das Schauspiel, bis er es mir schließlich zurückgibt.

»Komm nicht auf die Idee, mich anzuschreiben. Und erst recht nicht auf die Idee mir nicht zu antworten, falls ich dich anschreibe.«

Kurz nicke ich, weshalb Blaine sich von seinem Platz erhebt.
»Gutes Mädchen.«

Als er das sagt, läuft mir ein kurzer Schauer über den Rücken.
»Machst du jetzt einen auf Daddy oder was?«, frage ich deshalb spöttisch.

Ein breites Grinsen zeichnet sich auf seine Lippen, weshalb ich schmunzeln muss.
Er setzt sich auf den Sofatisch mir gegenüber und lehnt sich zu mir vor. Sein Grinsen ebbt ab, während sein Blick mich provoziert. Stechend und verführerisch zugleich.

INSANITY - Dark MindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt