05 'Mords ruhige Nacht

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Jeanne'
Im Taxi lehne ich meinen Kopf gegen das kalte Fensterglas. Die Laternen ziehen viel zu schnell an uns vorbei, doch die Augen schließen, ist auch keine gute Idee.
Evelyn hat vorgeschlagen, in der Nähe von meiner Wohnung essen zu gehen. Natürlich konnte ich diesen Vorschlag nicht abschmettern. Mein knurrender Magen hatte mich auf dem stillen Örtchen im Club bereits verraten.

»Wer ist der Typ, mit dem du vorhin so plötzlich verschwunden bist?«
Mit hochgezogenen Augenbrauen mustert sie mich, während ich meinen Kopf langsam vom Glas hebe.

»Der Typ von letztens. Er hat sich mir als Blaine vorgestellt. Er ist mir aktuell allerdings noch ein kleines Mysterium.«

»Ziemlich heißes Mysterium.« Schießt es aus ihr raus.
»Was habt ihr solange getrieben?«
Wissend zieht sie beide Augenbrauen hoch und grinst schiefer, als jemals zuvor.

»Oh, Eve. Weißt du, wir haben uns ausgiebig über Gott und die Welt, Lyrik und Ethik sowie gesunde Ernährung unterhalten.«
Mein verliebt sarkastischer Unterton lässt sie in schallendes Gelächter ausbrechen.

»Sicherlich. Währenddessen haben eure Zungen wild miteinander gefochten und danach haben eure Körper sich auf dem Klo lustvoll aneinander gerieben.«
Sie lacht nun noch lauter, weshalb auch der Taxifahrer mit einem Kichern in ihr Lachen einsteigt. Ansonsten hält er sich jedoch aus diesem doch sehr intimen Thema raus. Gut, dass ich betrunken bin.

»Wir haben uns kurz geküsst, mehr war nicht«, stelle ich schließlich klar. Kurz sieht mich die Brünette überrascht an, denkt dann kurz nach und lächelt schließ fröhlich.
»Klingt irgendwie romantisch.«
Träumend schaut sie aus dem Fenster, weshalb auch ich lächeln muss.

»Jedenfalls ist es das Romantischste, was mir je widerfahren ist«, erwähne ich mit einem kurzen Lachen. Doch Evelyn döst mit offenen Augen vor sich her.

Insgeheim hasse ich mich dafür, dass mich im Club diese plötzliche Angst überkam. Dabei empfand ich Blaines Berührungen keinesfalls als einengend oder aufdringlich. Genervt seufze ich. Mit Sicherheit wird er sich sowas in Zukunft verklemmen. Er wird mich behandeln wie ein Porzellanpüppchen und genau das wollte ich vermeiden. Wenigstens sagt Option Eins aus, dass ich ihn wieder sehen werde.

Als wir gegangen sind, war Blaine entgegen meiner Erwartung tatsächlich in ein Gespräch mit den anderen jungen Männern vertieft. Zwar sah die Unterhaltung nicht sonderlich heiter aus, aber sie schien ziemlich intensiv gewesen zu sein. Jedenfalls vermute ich das, weil der Blonde ständig wild mit seinen Händen herum gefuchtelt hat. Ein wahrer Meister der Gestikulation.

»Aussteigen, Jeanne!«
Wild wedelt Evelyn mit ihrer Hand vor meinem Gesicht rum, weshalb ich aus meiner Gedankenstarre aufschrecke.
Ich reiße die Tür auf, verabschiede mich vom Fahrer und haste auf den Gehsteig. Dann fährt er gemächlich davon. Evelyn sieht mich belustigt an.

»An das heiße Mysterium gedacht?«, fragte sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

»Quatsch«, entgegne ich gespielt gelassen. Tatsächlich ist das ja nicht gänzlich gelogen.

»Komisch. Ich hätte schwören können, ein wildes Funkeln in deinen Augen gesehen zu haben. Naja, hab' mich wohl geirrt.«
Neckend stößt mir die adrette Dunkelhaarige in die Seite, weshalb ich lächelnd mit den Augen rolle. Kurz darauf betreten wir die kleine Bar und lassen uns an einem Tisch in der Ecke nieder. Wenig später werden wir bedient.

»So kann man den Abend ausklingen lassen.«
Evelyn hält mir fröhlich ihr Weinglas entgegen, weshalb ich ebenfalls lächelnd mit ihr anstoße.
Zwar hätte ich mir ein deutlich spannenderes Ende für diesen Abend gewünscht, aber mit einem Gläschen Wein in einer mittelmäßigen Bar rumzuhängen, ist auch ganz nett.

INSANITY - Dark MindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt