23. Kapitel

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              Sonntag. Das war das erste Wort, dass mir in den Sinn kam, als ich die Augen öffnete. Es war Sonntag. Vereinzelte Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster und kitzelten meine Wangen. Sie tauchten das Zimmer in ein sanftes, goldenes Licht. Lächelnd nahm ich mir einen Moment die Zeit, all die Eindrücke in mich aufzusaugen. Um Hayes Gesicht zu mustern, dass ebenfalls von der Sonne bestrahlt wurde, wodurch seine kantigen Züge erst recht zur Geltung kamen. Ein sanfter, friedlicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht, während er schlief.
           Seine Arme waren noch immer fest um mich geschlungen. Er schien sich fast an mich zu klammern. Seine Brust hob und senkte sich in gleichmäßigen Atemzügen. Das Shirt von gestern hatte er nicht ausgezogen. Ich wusste nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte. Das Shirt hatte er von Lorcan bekommen. Es war ihm ein Stück zu groß. Ich wusste aber nicht, wie ich reagiert hätte, wenn er mit nackten Oberkörper geschlafen hätte. Vermutlich hätte ich kein einziges Auge zu bekommen.
          Eine wirre Strähne fiel ihm in die Stirn und warf einen Schatten auf seine Stirn und ein Teil seines Auges. Meine Finger kribbelten und ich ging ihrem Wunsch nach, Hayes die Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Als meine Fingerkuppe seine Haut dabei berührte, spürte ich, wie eine Art Stromschlag über meinen Arm rannte und ein feuriges Kribbeln hinterließ. Genau in dem Moment öffnete Hayes die Augen. Ein verschlafenes Grinsen legte sich auf seine Lippen. »Guten Morgen, Rieka«, sagte er mit einer Stimme, die vom Schlaf noch ganz rau war.
         Ein heißer Schauer rannte über meinen Rücken, als ich das schelmische Funkeln in seinen Augen sah. »Du weißt schon, dass es gruselig ist, Leute beim Schlafen zu beobachten und sie dann auch noch anzufassen?«, fragte Hayes und richtete sich auf. Röte schoss mir in die Wangen, während ich das Spiel seiner Muskeln beobachtete. Das Shirt lag nur leider nicht eng genug, so dass man nicht alles sehen konnte. Insgeheim verfluchte ich Lorcan dafür, dass er größer war. Doch als ich das realisierte, verfluchte ich mich dafür, so etwas zu denken. Das war abnormal.
              Doch was war in dieser Welt noch normal? »Da war nur diese Strähne. Ich wollte... also äh...«, stammelte ich. Hayes grinste mich breit an, zog mich zu sich und hauchte einen kurzen, spielerischen Kuss auf meine Lippen. »Das war nur ein Witz, Rieka. Du darfst mich ansehen und berühren so lange du möchtest. Ich will ja sogar, dass du mich mit diesem Funkeln in den Augen ansiehst«, wisperte er gegen meine Lippen, eher sich wieder von mir löste und aufstand. Mit leicht offenem Mund sah ich dabei zu, wie er seine Glieder streckte. Dabei rutschte das Shirt ein Stück nach oben und entblößte ein Stück seiner V-Line, die im Bund der Jogginghose verschwand und einen leichten Flaum an Haaren, der sich von seinem Bauchnabel bis zu seinem Hosenbund zog, wo er dann ebenfalls verschwand.
            Unbewusst biss ich mir auf die Lippen. Er war einfach verboten heiß. Wenn man jemanden wegen guten Aussehens verhaften konnte, wäre Hayes in meinen Augen der erste. Nach ihm kam dann gleich Lorcan. Es war ein Glück für die beiden, dass man Leute nicht wegen ihres guten Aussehens verhaften konnte, dennoch war es fast schon unfair. Wie sollte ich da bei klarem Verstand bleiben? Besonders, wenn er mich dann mit diesem intensiven Blick ansah, als wüsste er ganz genau, was mir im Kopf vorging.
          »Zieh mich bitte nicht mit deinem Blick aus, Rieka, sonst kann ich mich nicht mehr beherrschen«, sagte Hayes mit belegter Stimme. Ein Blick in seine Augen verriet mir, dass sie eine Nuance dunkler geworden waren. Schnell wandte ich den Blick ab und sah auf meine Hände. Röte schoss in meine Wangen und somit glichen sie sicher der Nase von Rudolph. »Tut mir leid. Ist eine schlechte Angewohnheit von mir«, murmelte ich nur. Diese schlechte Angewohnheit hatte ich komischerweise nur noch bei ihm.
        Klar hatte ich früher am Strand die Jungs natürlich angestarrt. Welches Mädchen hatte das im Geheim nicht getan? Doch jetzt waren diese Typen im Vergleich zu Hayes Garnichts mehr. Natürlich sahen sie vielleicht gut aus, aber Hayes war in meinen Augen noch so viel mehr als nur heiß. Er war fürsorglich, liebevoll und versuchte alles, um die zu schützen, die ihm wichtig waren. Die Leute verstanden ihn zu wenig. Das stimmte mich irgendwie traurig. Auch meine Mutter ging davon aus, dass Hayes ein Irrer war, der Hilfe brauchte. Dabei brauchte er nur jemanden, der ihn verstand.
         »Ist nicht schlimm. Es ist nur so, dass ich mich dann kaum zurückhalten kann und ich möchte nicht, dass wir den ersten Schritt der Bindung wagen, wenn du noch nicht mal die Wahrheit kennst«, sagte er leise. Sofort sah ich auf. Es klang so, als befürchtete er noch immer, dass ich meine Meinung ändern könnte, was ihn betraf. Dabei versuchte ich doch immer ihm klar zu machen, dass dem nicht so war. »Hayes, wie oft soll ich es noch sagen? Ich werde meine Meinung nicht ändern«, sagte ich zu ihm, doch er schien es nicht hören zu wollen. »Das weißt du nicht«, erwiderte er nur, bevor er einfach zur Tür lief. Wortlos sah ich ihm dabei zu, wie er in den Gang verschwand.
        Ich war allein. Mit meinen Gedanken. Im Haus hörte ich bereits erste Stimmen und das Klappern von Geschirr. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es 09:12 Uhr war. Vermutlich gab es bald Frühstück. Da ich sicher war, dass Hayes gerade im Bad war, blieb ich noch etwas im Bett und sah dafür aus dem Fenster raus. Lächelnd bewunderte ich die letzten Sonnenstrahlen, die wir vermutlich so schnell bald nicht mehr sehen würden. Ab morgen sollte der Regen kommen und darauf kam dann bald der Schnee. Der heftige Schnee. So sagte man es jedenfalls voraus. Ob das eintreten würde, wusste keiner so genau. Doch darüber machte ich mir noch keine Sorgen.
         Eher machte ich mir um Lucie sorgen. Darum, ob dieser Omega noch einmal kommen würde und was genau er gegen sie hatte. Hatte sie vielleicht jemanden aus seiner Familie getötet? Hatte sie vielleicht einen Freund von ihm verletzt? So viele Fragen, die doch unbeantwortet blieben. Keiner schien zu wissen, was er von Lucie wollte. Nicht einmal Lucie selbst. Und dann war da noch die Sache mit Raylan. Raylan war ihr Seelengefährte. Ihr Gegenstück. Würde sie ihn an sich ranlassen oder würde sie ihn von sich stoßen? Auch darauf fand ich momentan keine Antwort.
         Etwas, dass ich mit Sicherheit wusste war, dass wir mit den Kindern jetzt erstrecht nicht in den Wald gehen konnten. Die Ausflüge müssten weiterhin wo anders stattfinden oder wir mussten sie mit Spielen im Garten besänftigen. Alles keine Dinge, die man gerne tat. Na ja, eigentlich schon, aber die Kinder liebten die Ausflüge in den Wald. Ihnen das zu verwehren, kam mir vor, als würden wir sie in einem Gefängnis halten. Einfach so. Und ihnen dabei nicht mal den wahren Grund nennen. Es fühlte sich nicht richtig an, doch es war die einzig wahre Möglichkeit. Jedenfalls in meinen Augen.
          Tief in Gedanken versunken merkte ich nicht, wie die Zeit verging. Erst, als sich die Tür öffnete und Hayes ins Zimmer kam, merkte ich, wie viel Zeit vergangen war. Er war frisch geduscht und schien sich wieder etwas von Lorcan geliehen zu haben. Feuchte Strähnen gingen ihm in die Stirn, während ein graues Shirt von Lorcan seinen Oberkörper bedeckte, so wie eine weiße Jogginghose. Die Jogginghose saß besser als das Oberteil, was mir sagte, dass sie ungefähr die gleiche Beinlänge und Größe hatten.
           An den Oberschenkeln lag die Hose eng an, und war an den Unterschenkeln etwas weiter, bevor sie am Knöcheln wieder enger wurde. Selbst jetzt sah Hayes viel zu heiß aus. Da fiel mein Blick auf etwas in seiner Hand. Es schien Kleidung von Nera zu sein. »Nera meinte, ich soll dir das zum Anziehen geben«, sagte er und kam zu mir. Lächelnd nahm ich ihm die Kleidung ab, während noch immer eine unausgesprochene Frage zwischen uns lag. Gestern hatte er mir versprochen es mir heute zu sagen.
        Nur wusste ich nicht, wann das sein sollte. Allerdings wollte ich ihn auch nicht weiter drängen. Er würde selbst entscheiden, wann der beste Moment dafür war. Also stand ich auf, nahm Neras Kleidung und wollte das Zimmer verlassen, doch Hayes zog mich zurück. Fragend sah ich ihn an. Er allerdings lächelte nur leicht, bevor er noch einmal einen kurzen, spielerischen Kuss auf meine Lippen drückte. Allerdings reichte das nicht im Mindesten für mich aus, meine Begierde nach seinen Küssen zu stillen. Hayes gab mir aber keine Chance, den Kuss zu vertiefen, denn im nächsten Moment hatte er sich schon wieder von mir gelöst.
            Etwas schmollend sah ich ihn an, sah es dann aber ein und lief ins Bad, wo ich mich frisch machte. Nach guten 15 Minuten war ich fertig und föhnte noch schnell meine Haare. Erst nachdem ich sicher war, dass ich nicht wie der letzte Depp aussah, verließ ich das Bad und war ganz froh, dass Neras BH passte. Ich hatte ihn auf die engste Stufe stellen müssen, damit er passte und ich hatte die Träger verändern müssen, da Neras BH eine Größe zu groß war. Dennoch war ich froh, überhaupt einen zu haben. Zwar konnte ich es mir irgendwie leisten, ohne herumzulaufen, doch auf der anderen Seite wollte ich die ganz und gar nicht.
             Es fühlte sich falsch und ungewohnt an. Schon als kleines Kind hatte ich bei meiner Tante gesehen, dass es schlecht war, ohne BH herumzulaufen, wenn man ein Mädchen war. Außer man konnte es sich wirklich leisten. Doch ich konnte das nicht. Meine Tante war immer ohne BH herumgelaufen und sie hatte es sich beim besten Willen nicht leisten können. Ich war gerade ein paar Schritte gegangen, als ich im Augenwinkle sah, wie eine Tür aufging. Ein Schrei blieb mir im Hals stecken, als ich Lorcan erkannte. Ein nackter Lorcan.
           Dessen kleiner Freund gar nicht so klein war. Auch er riss seine Augen auf, als er mich erblickte. Röte stieg mir in die Wangen und ich kniff meine Augen schnell zusammen. »Äh... guten Morgen«, stammelte ich, dann hastete ich blindlinks zum Gästezimmer. Mit roten Wangen und wildklopfendem Herzen schloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich schweratmend dagegen. Nur um kurz darauf Hayes anzusehen, der mich verwirrt musterte.
            »Alles okay?« Ich nickte, dann schüttelte ich wieder den Kopf. Das machte ich drei Mal, bis Hayes schließlich zu mir kam, sanft meine Hände nahm und mich besorgt ansah. »Was ist passiert?« Sprachlos sah ich ihn einen Moment lang an, suchte nach den passenden Worten in meinem Kopf und versuchte das Gesehene irgendwie zu vergessen. Das war allerdings nicht so leicht. Wann sah ich schon nackte Männer? Besonders, wenn sie aus dem Schlafzimmer kamen, ihre Haare verwuschelt waren und sie verschlafen aussahen. Lorcan war es sicher nicht gewohnt, Gäste zu haben.
            »Lorcan... nackt... auf dem Gang...«, stammelte ich hilflos. Hayes runzelte die Stirn. Im ersten Moment wirkte er noch immer verwirrt, bis er meine Worte schließlich verstand. Schallend fing Hayes an zu lachen. Es war ein volles, kehliges, ehrliches Lachen. Ein Lachen, dass mir durch Mark und Knochen ging. Ich liebte es. Ich liebte es wirklich sehr. So sehr, dass ich spürte, wie mein Bauch zu kribbeln begann.
         Es war nur das Problem, dass die Situation, über die er lachte, überhaupt nicht toll war. Sie war mir sehr peinlich. Peinlicher ging es gar nicht. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass mir das passiert war. Natürlich war ich keine Nonne, aber das... das war einfach nur peinlich, während Hayes es amüsant zu finden schien. Näher wollte ich mit ihm auch gar nicht weiter darüber diskutieren.
          Im Gegenteil. Ich lauschte stattdessen seinem Lachen. Es war wohltuend und besser als jeder Hit des Jahres, bessere als jedes Lied, dass ich je gehört hatte. Wenn es nach mir ginge, könnte ich für den Rest meines Lebens sein Lachen hören und dabei keinen einzigen Song vermissen. Doch es ging nicht nach mir. Leider. Dennoch schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, als er weiter lachte. Mittlerweile war ich sicher, dass jeder ihn hören konnte. So laut lachte er. »Also eigentlich ist das nicht lustig«, murmelte ich, was ihn noch ein Stück lauter lachen ließ.
          »Doch, irgendwie schon. Besonders die Vorstellung. Ihr müsst beide so aussehen, als hättet ijr einen Geist gesehen«, brachte Hayes unter seinem Lachen gerade so hervor. Schmollend schob ich eine Unterlippe nach vorne. »Es ist nicht lustig, Hayes.« Doch mein Gefährte lachte einfach nur weiter. Erst, als von unten jemand rief, dass es Frühstück gab, hörte er langsam auf. Ich schmollte noch immer und meine Wangen waren noch immer rot. Ich konnte das alles nicht so wirklich glauben. Ich hatte Lorcan nackt gesehen. Nackt. Einfach so. An einem Sonntagmorgen.
          Und das obwohl ich mir immer gesagt hatte, dass mir das nie passieren würde. Immer, wenn das in Filmen, Serien oder Büchern passiert war, hatte ich mir selbst gesagt, dass das nie passieren würde. Heute war es passiert und es war mir furchtbar peinlich. Dennoch lief ich kurz darauf mit Lorcan nach unten und machte mich darauf gefasst, Lorcan zu sehen. Dieser saß zu meinem Glück schon am Tisch und hatte den Blick gesenkt. Nera kicherte und mir wurde klar, dass sie es wusste. Vermutlich hatte sie es gesehen. Oder gehört oder Lorcan hatte ihr es gesagt.
             Auch Lucie kicherte vor sich hin, was Raylan verwirrt die Stirn runzeln ließ. »Guten Morgen«, grüßten Hayes und ich synchron. Diese Worte echoten uns von den anderen zurück. Lorcan murmelte nur leise vor sich hin. Auch ihm schien das alles sehr peinlich zu sein. Mehr als dss sogar. Er schien kaum zu wissen, wie er mich ansehen sollte. Auch ich wusste nicht, wie ich ihn ansehen sollte. Deswegen tat ich es nicht und setzte mich stumm an den Tisch. Eine unangenehme Stille herrschte am Tisch. Niemand wagte etwas zu sagen. Besonders da ich ein paar Omegas unter den Anwesenden erkannte. Sie alle sahen betreten auf ihre Teller und wagten nicht, den Blick zu heben. Überhaupt nicht.
            Ich seufzte leise. Hayes und Lucie unterhielten sich angeregt über den heutigen Spieltag der NFL. Lucie sagte ihm immer wieder, dass die Saints gewinnen würden, während er meinte, dass sie auf jeden Fall verlieren würden. Beide stritten sich, lächelten sich aber dennoch an. Sie waren wirklich wie Geschwister und ich war froh, dass Lucie wieder lachen konnte. Als sie schallend über etwas lachte, dass Hayes gesagt hatte, leuchtete Zuneigung und Wärme in Raylans Augen auf.
            Man sah ihm an, dass sie ihm sehr wichtig war. So wichtig, dass er nicht wollte, dass es ihr schlecht ging. Es war fast wie ein Wunder. Jedenfalls in meinen Augen. Er schien sie sehr zu mögen. Durch ihr Lachen schien es auch ihm besser zu gehen. »Ich bin froh, dass ihr wieder lachen könnt«, sagte Nera in diesem Moment. Beide sahen sie an und grinsten rund um. In dem Moment glitt Lucies Blick zu Raylan und er lächelte sie an. Röte schoss in ihre Wangen und eine Sekunde später hatte sie den Blick abgewandt.
            Enttäuschung blitzte in seinen Augen auf, verschwand aber schnell wieder, als er sie länger betrachtete und über etwas nachzudenken schien. Nachdenklich sah ich zu Hayes, der seinen Muffin aß, den Nera extra gemacht zu haben schien. Auch auf meinem Teller lag ein Muffin, während bei den anderen Waffeln oder andere Leckereien lagen. Grinsend biss ich in den Muffin und genoss den leckeren Geschmack, der daraufhin meinen Mund erfüllte. Es schmeckte einfach zu gut. Viel zu gut. Genüsslich schloss ich für einen Moment die Augen.
            »Anscheinend schmeckt ihr den Muffin, Lorcan«, hörte ich Nera sagen. Überrascht riss ich die Augen auf und verschluckte mich fast an dem geriegen Bissen, den ich genommen hatte. Nera lachte leise, als Lorcan aufsah. Hayes klopfte mir auf den Rücken, damit ich mich ja nicht verschluckte. Lorcan wurde etwas rot, lächelte mich aber an. »Freut mich.« Peinlich berührt senkte ich den Blick und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Überhaupt nicht. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Das alles war wirklich unangenehm. Sehr unangenehm. »Ich könnte dich jetzt echt knuddeln, so knuffig bist du«, hauchte Hayes in mein Ohr, was die Lage nicht besser machte. Überhaupt nicht. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
             »Psst«, wisperte ich. Hayes lachte leise und küsste meine Wange. Er grinste mich breit an. »Ich liebe es, wenn du rot wirst. Tut mir leid.« Jemand am Tisch räusperte sich. »Flirten könnt ihr im Zimmer.« Hayes grinste Toran nur an, während ich rot anlief. Also noch roter. Dennoch stellte ich zufrieden etwas fest. Der Morgen schien für alle gut anzufangen. Lucie schien sich mit Raylan etwas zu verstehen und Hayes sah auch besser aus als gestern. Er sah fröhlicher aus. Nicht mehr so besorgt wie sonst. In seinen Augen war wieder ein Leben zu sehen. Sie funkelten mir förmlich entgegen.
         Wie zwei Sterne am Nachthimmel. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, da ich nicht mehr genau wusste, was ich tun oder sagen sollte. Alles war so komisch. Der Morgen hatte bereits komisch begonnen und ich konnte Lorcan noch immer nicht in die Augen sehen. Ich konnte es einfach nicht. Und ich wollte es auch nicht. Jedenfalls noch nicht. Unsicher nahm ich noch einen Bissen von meinem Muffin und genoss den Geschmack auf meiner Zunge. Er schmeckte einfach zu gut. Lorcan hatte eine gute Mischung getroffen. Eine sehr gute. Es schmeckte himmlisch. Fast wie von einer anderen Welt. Mein Blick glitt über den Tisch hinweg zu Lorcan. Sein Blick war auf Nera gerichtet. Als er meinen Blick allerdings spürte, hob er den Blick und sah mich an. Er schenkte mir ein kleines Lächeln und von dem Moment an fiel die Anspannung von mir ab. Generell war alles okay.
           Für den Moment zumindest. Niemand konnte sagen, was heute noch passieren würde, aber erst einmal waren alle entspannt und locker. Und ich fühlte mich mal wieder wohl und willkommen. Ich fühlte mich, als würde ich zu einer Familie gehören. Das Gefühl von Heimat hatte ich lange nicht mehr gehabt. Doch Hayes und das Rudel hier gaben mir dieses Gefühl. Das Gefühl von Heimat, Geborgenheit. Ein Gefühl, dass man niemals für selbstverständlich nehmen sollte. Niemals.

Hayes - "Sie gehört zu mir" ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt