#1 Libero

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Der Libero. Die Abwehr höchst persönlich. Der Retter in der Not. Der, der den Ball im Spiel hält, wenn jeder denkt es wäre vorbei. Der, der den Ball in der Luft hält, wenn ihn keiner mehr vor seinem Aufprall auf dem Boden hätte retten können. Der, der das vollste Vertrauen seiner Mannschaft genießt. Es ist eine so faszinierende Position, wenn der Libero weiß, was er zu tun hat. Er folgt seinem Instinkt, behält den Ball stets im Auge und versucht alles mögliche, um den Ball auch nur in letzter Not vor seinem Aufprall zu bewahren. Er ist es, der das ganze Spiel wenden lassen kann. Der eine Niederlage zu einem Sieg macht. Ja, das ist der Libero, unser Libero.

"Los Noya, schnapp ihn dir!"
Er springt geradeaus. Seine Hände sind nach vorn gestreckt, in der Hoffnung, der Ball würde nicht den Boden berühren. Er gibt sein bestes, alles was er hat um seinen Freunden den Sieg zu bringen. Jede Sekunde zählt während er wie in Zeitlupe zu dem Ball schwebt - nein, er fliegt - mit dem Ziel im Blick, dass er ihn retten wird. Kein Zweifeln lässt sich auf seinem Gesicht ablesen. Er vertraut auf seinen Fähigkeiten, darauf, sein Team nicht zu enttäuschen.
Mit einem lauten, dumpfen Knall landet er auf dem Boden. Seine Hand, flach zwischen Ball und Boden. Er hat ihn, er bringt den Ball zurück in die Luft. In den Himmel, der den Angreifern gehört. Der Himmel, den er wahrscheinlich nie erreichen wird. Aber dennoch kann er stolz auf sich sein, stolz auf jede noch so kleine, geschmeidige und schnelle Bewegung, welche ihn an sein Ziel bringt. Den Ball im Spiel zu halten.
Die Menge jubelt, er hat es es geschafft. Die Annahme des Balls ist perfekt gelungen. Dennoch lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen und wartet bereits auf den Nächsten. Denn auch der nächste Ball wird nicht den Boden berühren, weil er in seinem Gebiet ist. In seinem Reich wird nichts zu Boden gehen, außer er selbst. Der Ball ist stets in der Luft. Seine Augen sind fixiert auf ihn. Aber sein Körper jedoch ist übersäht mit blauen Flecken. Das einzige was ihn antreibt ist sein Wille, sein Stolz und das Vertrauen seines Teams. In seinem Gebiet ist er frei. Freier als jeder andere, wenn er durch die Luft fliegt um den nächsten Ball vor dem Aufprall zu beschützen. Und sollen ihn die Hände nicht mehr erreichen, so hat er seine Beine, seinen Körper. Irgendwie wird er ihn bekommen, sei es auch noch so schwer.

"Gut so Noya!"
Kurz darauf pfeift der Schiedsrichter. Das laute Pfeifen lässt die ganze Halle erstummen. Das Spiel ist vorbei. Wer hat gewonnen? Hat er den Ball noch bekommen? Ist das Spiel wirklich vorbei? Das ist es, was allen durch den Kopf schießt. Aber wie zu erwarten, Karasuno gewinnt.
Die Mannschaft bricht in Freude aus. Ihre Freudenschreie sind in der ganzen Halle zu hören. Selbst die Zuschauer jubeln mit dem Gewinner, aber gleichzeitig trauern sie auch mit dem Verlierer. Solche Emotionen kann man nun eben nicht einfach so nach einem so spannenden, langen und schweren Spiel zurückhalten. Auch wenn das andere Team diesmal verloren hat und die Verlierer frustriert sind, genau das ist es, was sie stärker macht. Ihr Wille zu gewinnen. Auch die Sieger bekommen mehr Mut und Selbstvertrauen durch den Sieg. Ihr Wille macht sie stärker. Es ist der Wille, am längsten auf dem Spielfeld bleiben zu dürfen - und das können eben nur die Sieger.

"Gut gemacht Jungs!"
Die Stimme des Trainers holt mich aus meinem Filmriss.
"Das war ein gutes Spiel, ihr habt alles gegeben und ich bin sehr stolz auf euch. Es gibt aber immer noch viel zu verbessern, vor allem eure Annahmen müssen einfach besser werden."
Trainer Ukai sieht dabei sehr zufrieden aus. Das ganze Team und auch er sind im Moment einfach sehr stolz auf ihre Leistung im heutigen Spiel gegen so starke Gegner. Sie haben es wirklich geschafft eine solch starke Mannschaft zu schlagen. Trotz, dass sie einen sehr guten Zuspieler haben, hat Karasuno gewonnen.
"Hai!", ruft das Team im Chor und verbeugt sich kurz vor Trainer Ukai. Nun bin ich dran. Die Jungs fahren morgen ins Trainingscamp, sie müssen sich da echt reinhängen, sonst werden sie es im Vorentscheid nicht weit schaffen.
"Wir fahren morgen ins Trainingscamp.", beginne ich. Die Blicke der Jungs sind nun auf mir und sie warten gespannt darauf, was ich zu sagen habe.
"Ihr habt bereits gegen Datekou gewonnen und auch gegen Aoba Johsai. Aber ihr solltet euch bewusst sein, dass nicht einmal Seijoh in den vorherigen Jahren gegen die Shiratorizawa gewinnen konnte."
Die Blicke der Jungs verändern sich schlagartig zu entschlossenen, aber auch teilweise ängstlichen Gesichtern. Sie wissen, dass das Trainingscamp hart werden wird.
"Also dürft ihr euch nicht ausruhen! Ihr dürft trotzdem nicht vergessen, was für ein starkes Team ihr seid. Habt Selbstvertrauen! Datekou hat eine eiserne Mauer, die wir durchbrochen haben. Seijoh hat Oikawa mit einem sehr starken, eisernen Aufschlag, den wir angenommen haben. Aber bei all den Talenten der anderen Teams, vergesst eures nicht. Wir, Karasuno, haben einen eisernen Willen! Lasst euch von kleinen Missgeschicken nicht unterkriegen. Man kann nun mal nicht jeden Ball annehmen - aber der Wille dazu zählt. Also Jungs, gebt euer bestes im Camp, trainiert bis zum Umfallen und zeigt den anderen Mannschaften, dass Karasuno wieder fliegt!"
Meine Worte scheinen Wirkung bei ihnen zu haben. Die Entschlossenheit des Teams schien die ganze Halle zu durchströmen. Eine solch starke Aura habe ich von ihnen schon lange nicht mehr zu spüren bekommen.
"Hai!", rufen sie wieder im Chor und bereiten sich nun für die Aufstellung nach dem Spiel vor. Ihre Schuhe quietschen auf dem Hallenboden während sie zu ihrer Außenlinie laufen und sich in einer Reihe, nach Nummern sortiert, aufstellen.
"Danke für das Spiel!", rufen beide Teams gleichzeitig und verbeugen sich als Zeichen der Dankbarkeit wieder voreinander, bevor sie sich zum Schluss die Hände reichen.
"Das waren schöne Worte, Mitsuyo.", sagte Ukai plötzlich neben mir und fing an dabei zu lächeln.
"Ich denke, dass es den Jungs etwas Mut gemacht hat. Vor allem weil es von einer ihrer Managerinnen kam.", sagt er und sieht dabei zufrieden auf die Mannschaft, die gerade dabei ist, den gegnerischen Spielern zum Abschluss die Hand zu geben.
"Die Jungs werden das schaffen. Es ist klar, dass sie noch viel üben müssen, aber genau deswegen fahren wir doch ins Trainingscamp!"
Meine Worte brachten selbst mich in diesem Moment zum lächeln. Ich bin zuversichtlich, dass Karasuno es bis zu den Nationalmeisterschaften schaffen wird.

Liberty [Oikawa x OC] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt