"Und du bist dir jetzt auch wirklich sicher, dass du unsere Managerin werden möchtest?", erkundigte sich Iwaizumi ein weiteres Mal, während wir zusammen mit Oikawa auf dem Weg nach Hause waren.
"Du hast sie doch vorhin gehört, natürlich ist sie sich sicher!", sagte Oikawa und grinste Iwaizumi dabei dümmlich an.
"Wieso lässt du sie nicht antworten? Es ist immerhin ihre Entscheidung, du solltest dich da nicht einmischen.", entgegnete er Oikawa genervt und sah dabei dann zu mir hinunter.
"Nunja, eigentlich bin ich mir da schon ziemlich sicher..", fing ich an und sah dann, nachdenklich über meine momentane Lage, in den langsam dunkel werdenden Himmel.
"Volleyball macht mir noch immer Spaß und ihr seid wirklich ein interessanter und bunter Haufen, die Zeit mit euch würde bestimmt lustig werden..", fuhr ich fort. Zwar war ich mir sicher, dass ich diesen Sport nicht aufgeben wollte und Managerin zu sein noch immer Spaß machte, aber das Thema Karasuno bereitete mir weiterhin Magenschmerzen. Managerin zu sein ist mein Hobby und bei Seijoh fühle ich mich bis jetzt auch wirklich gut aufgehoben, aber ich möchte meine Freundschaft zu Daichi, Koushi und Asahi nicht gefährden. Mir war klar, dass sie nicht sauer auf mich sein würden, aber ich hatte dennoch Angst davor, sie zu enttäuschen. Zusammen haben wir so viel erlebt und durchgemacht in den fast drei Jahren. Wenn sie jetzt sehen würden, dass ich ein anderes Team begleite, wären sie dann gekränkt? Ich wollte sie keineswegs enttäuschen oder gar verletzen. Aber dennoch begann ein neuer Lebensabschnitt für mich. Die ganze Zeit über an die Vergangenheit zu denken würde mich sicher nur jeden Tag aufs Neue kränken. Vielleicht war es an der Zeit, Entscheidungen nach meinem Willen zu treffen.
"Ich glaube, dass es langsam an der Zeit ist, an mich selbst zu denken und nach meinem Willen zu handeln.", sagte ich nachdenklich und starrte dabei weiterhin in den Himmel.
"Hast du das vorher denn nicht?"
Fragend richtete ich meinen Blick zu Oikawa, der mich neugierig ansah. Noch immer wusste er nicht davon, dass ich von Karasuno kam. Aber das sollte auch erstmal auf sich warten lassen. Sobald ich mit meinen Freunden gesprochen hatte, konnte ich auch ehrlich mit Oikawa reden.
"Doch, natürlich habe ich nach meinem Willen entschieden. Aber es gibt da immer noch so einige Probleme, die ich eigentlich vorher klären wollte. Wie ich dir auch vorhin sagte, ich würde mich schlecht fühlen, jetzt so plötzlich eine neue Volleyballmannschaft zu managen, obwohl ich meine Freunde für fast drei Jahre begleitet habe.", erklärte ich dem Lockenkopf, wobei mein Blick noch immer in den Himmel gerichtet war. Jetzt haftete er aber wieder an den schwarzen, in der Sonne schimmernden Vögeln. Egal wo ich auch hinsah, es schien so, als würden sie mich auf meinem Weg begleiten. Selbst hier unten konnte man ihre Schreie wahrnehmen, obwohl sie fast in dem tiefen Blau des Himmels zu verschwinden schienen - Krähen.
"Ich verstehe, dass du nichts überstürzen möchtest, aber wieso denkst du, dass deine Freunde enttäuscht sein würden? Das ergibt für mich einfach keinen Sinn.", sagte er und blieb stehen, woraufhin auch Iwaizumi und ich stehen blieben und uns zu ihm umdrehten.
"Sollten sie sich denn eigentlich nicht für dich freuen, dass du weiterhin Volleyball spielen und dein Hobby als Managerin noch immer ausführen kannst?", fragte er und sah mich dabei nachdenklich an.
Es war das erste Mal, dass ich Oikawa so nachdenklich sah. Er schien sich wirklich Gedanken um das Thema zu machen. Dabei war er aber der Grund, wieso ich so viele Probleme mit diesem Thema hatte. Würde Oikawa doch nur auch so nett zu anderen Volleyballspielern sein und Karasuno nicht immer wieder provozieren, müsste ich mir nicht so viele Gedanken machen. Aber dennoch würden sich die Jungs darüber freuen, das war ja auch eigentlich nicht das Problem. Bis jetzt standen sie bei jeder Entscheidung hinter mir, wieso sollte es sich also nun auch auf einmal ändern?
"Das ist nicht das Problem, Oikawa.", seufzte ich also. Natürlich konnte ich ihm nicht direkt ins Gesicht sagen, dass er eigentlich das Problem war. Er muss sich nicht mit meinen Freunden verstehen und sie müssen ihn auch nicht mögen, aber dennoch wäre es schön, wenn beide Seiten sich in meiner Anwesenheit einfach nicht provozieren. Bis jetzt wusste ich auch noch gar nicht, was wäre, wenn sie sich außerhalb des Volleyballs treffen würden. Klar, auf dem Spielfeld sind sie Rivalen und starke Gegner, aber wie sieht es außerhalb von diesem aus? Daichi, Asahi und Koushi würden sich sicherlich benehmen können, da war ich mir sicher. Ob Noya und Kageyama das aber konnten, wusste ich nicht genau. Oikawa würde sich sicherlich auch nicht perfekt benehmen können. Alleine wenn er Tobio sieht, ist er schon genervt.
"Was ist dann das Problem?", weckte mich Oikawa plötzlich aus meinen Gedanken, woraufhin ich meinen Blick, der zuvor dem Himmel gewidmet war, nun wieder auf ihn richtete.
"Weißt du.. es hat nichts mit der Freundschaft an sich zu tun, wenn du weißt was ich meine? Es ist eher das Verhältnis zwischen Seijoh und meiner alten Schule, was mir Gedanken macht..", erklärte ich ihm offen und hoffte, dass er einfach nicht nach meiner alten Schule fragen würde.
"Das Verhältnis zwischen beiden Schulen ist das Problem?", fragte er überrascht nach.
"Naja.. nicht direkt zwischen beiden Schulen. Eher das Verhältnis zwischen den beiden Volleyballmannschaften.", antwortete ich und versuchte meine Nervosität dabei hinunter zu schlucken. Oikawa schien für einen Augenblick nicht zu wissen, was er sagen sollte. Aber genau das war es, was mich nur noch nervöser werden ließ.
"Genug davon, Shittykawa. Du weißt genau, wie viele Volleyballmannschaften uns gegenüber feindlich gesellt sind, immerhin ist es auch dein Verdienst.", mischte sich Iwaizumi nach kurzer und bedrückender Stille ein. Er hatte wohl bemerkt, wie unangenehm diese Situation für mich war.
"Wenn du wirklich willst, dass Yui unsere Managerin wird, dann reiß' dich in Zukunft auch mal zusammen. Immerhin zweifelt sie an ihrer Entscheidung und der Grund bist ganz alleine du.", erklärte Iwaizumi seinem Gegenüber genervt, aber dennoch mit ernstem Unterton. Aber anstatt nun wieder kindlich zu quängeln, wie gemein Iwaizumi doch ist, nickte Oikawa nur einmal stumm.
"Verstehe.", brachte er schließlich nachdenklich hervor und setzte seinen Weg fort.
Still schweigend folgten Iwaizumi und ich ihm dann, bis wir an der Kreuzung ankamen, die auch gestern unsere Wege getrennt hatte.
"Bis Morgen.", nuschelte Oikawa ohne sich ein weiteres Mal zu uns umzudrehen und ging, sein Genick in den Nacken legend und in den Himmel blickend, weiter. Verwirrt darüber, das Oikawa seit Iwaizumis kleiner Ansprache so still verblieb, sah ich unsicher zu dem grünäugigen hinauf. Es war definitiv kein typisches Verhalten für den Kapitän Seijohs. Nahm er die Worte seines besten Freundes also wirklich ernst? Oder gab es einen anderes Grund, wieso er plötzlich so anders war?
"Ich weiß nicht genau, was er jetzt vor hat, aber..", brachte Iwaizumi hervor, seinem Freund hinterher schauend.
"Aber ich denke, dass er sich dein Problem ziemlich zu Herzen genommen hat.", beendete er seinen Satz und begann leicht bei seinen Worten zu schmunzeln. Hatte ich mit meiner Vermutung also wirklich recht? Nahm er sich Iwaizumis Worte wirklich zu Herzen und versuchte meine Zweifel zunichte zu machen? Wenn dem wirklich so war, hatte ich Oikawa als Person mehr als nur falsch eingeschätzt. Ich hätte nie gedacht, dass er sich so für andere und deren Probleme einsetzen würde. Vielleicht hatte es aber auch nur damit zu tun, dass er der Grund für dieses Problem war. Als Kapitän des Teams sollte er eigentlich solche Probleme versuchen zu vermeiden. Aber was auch immer der Grund für sein plötzliches Verhalten war, ich hatte das Gefühl, dass Oikawa sich die Worte seines besten Freundes ernst genommen hatte und wirklich etwas ändern wollte.
"Weißt du, wenn er in Zukunft wirklich etwas an seinem Verhalten ändert und Karasuno vielleicht auch zeigt, dass er sich geändert hat und nicht auf Streit aus ist, könnte sich so einiges verändern. Vielleicht wäre es die Chance für beide Teams, sich als Rivalen zu respektieren.", erklärte ich und musste bei dem Gedanken daran breit grinsen.
"Außerdem.. würde er auf dem Spielfeld stets ernst sein, nicht provozierend, herabwertend oder kindlich handeln, dann wäre er als Gegner umso angsteinflößender, als er so schon ist.", stellte ich fest und wandte meinen Blick dabei von Iwaizumi ab, um dem Lockenkopf noch einmal hinterher zu schauen, bevor wir schließlich unseren Weg fortsetzten.
Der restliche Weg nach Hause verlief ebenso still. Lediglich die Vögel am Himmel und der rauschende Wind, der die Blätter immer wieder zum Tanzen brachte, war zu hören. Aber diesmal war es keine unangenehme Stille. Ich genoss die Stille nach diesem anstrengenden Tag.
"Was möchtest du jetzt eigentlich unseren Klassenkameraden sagen? Schließlich hast du dich jetzt doch dafür entschieden, unsere Managerin zu werden, obwohl sie dir Club-Angebote gemacht haben."
Iwaizumis neugierige Stimme riss mich aus der Stille und ließ meinen Blick zu ihm hinauf gleiten. Erst nachdem ich seine Frage realisiert hatte, fiel mir ein, dass ich ihre Angebote ja vollkommen vergessen hatte.
"Ich denke, dass ich es einfach dankend ablehnen werde und sage, dass meine Leidenschaft für den Sport und mein Hobby als Managerin noch immer eine große Rolle in meinem Leben spielen.", erklärte ich und musste dabei an das Geschehen heute im Klassenzimmer denken. Noch immer würden alle neugierig sein, von welcher Schule ich eigentlich komme. An sich, war es eigentlich etwas ziemlich normales, aber auch etwas, was mich ziemlich bedrückte. Den Fragen, von welcher Schule ich komme, würde ich noch drei Tagen bestmöglich aus dem Weg gehen müssen. Zuerst musste ich am Wochenende nämlich mit meinen Freunden reden und dann auch Oikawa erklären, dass ich von Karasuno komme, bevor es meine Mitschüler wissen sollten. Wenn Oikawa nämlich erfahren sollte, von welcher Schule ich kam, dann durch mich persönlich und nicht durch Erzählungen. Vermutlich würde es irgendwie das Vertrauen brechen, was sich in nur so kurzer Zeit aufgebaut hatte. Denn alleine sein Verhalten vorhin hat mir gezeigt, dass er diese neue Freundschaft wohl ziemlich ernst nimmt und mich nicht enttäuschen will. Und auch wieder das.. war eine eigentlich ziemlich nette Geste von ihm..
Ich fühlte mich schlecht, wirklich mies, wenn ich daran dachte, dass er die ganze Zeit über so nett zu mir war, ich jedoch noch immer Geheimnisse vor ihm hatte. Es fühlte sich einfach nicht richtig an, eine Person zu belügen, die mir mit so viel Freundlichkeit und Aufrichtigkeit entgegen kam.
"Denkst du.. dass Oikawa enttäuscht wäre, wenn er erfährt, dass ich Geheimnisse vor ihm habe?", sprach ich meine Gedanken aus und sah Iwaizumi fragend an.
"Wäre da nicht jeder in dieser Situation enttäuscht?", stellte er mir eine Gegenfrage, die mir meine beantwortete. Natürlich wäre jeder in solch einer Situation enttäuscht. Wieso stellte ich diese Tatsache also überhaupt infrage? Die ganze Situation, in der ich mich befand, war einfach alles andere als schön. Es fühlte sich so an, als müsste ich eine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung zwischen Seijoh und Karasuno. Und würde es wirklich zu dieser Entscheidung kommen, dann war es eigentlich klar, auf welcher Seite ich stand. Aber egal wie ich mich entscheiden würde, es würde sich einfach falsch anfühlen. Und je länger ich darüber nachdachte, desto unwohler fühlte ich mich. Es gab definitiv zu viele Unklarheiten, die ich klären musste. Und noch drei Tage zu warten, bis ich erst mit meinen Freunden reden konnte, machte alles nur noch schlimmer. Sollte ich vielleicht zuerst mit Oikawa reden, damit diese Unklarheit schonmal aus dem Weg geräumt wäre? Oder wäre es besser, zuerst mit meinen Freunden zu reden? Anhand ihrer Reaktion wollte ich doch eigentlich meine Entscheidung treffen, oder? Oder entscheide ich wirklich nach meinem eigenen Willen?
"Mensch, Yui.. mach dich nicht so verrückt. Man kann dir ansehen, wie viele Gedanken du dir darüber machst.", unterbrach Iwaizumi meinen Gedankenfluss und riss mich in die Realität zurück. Vor meinem Zuhause kam ich schließlich zum Stehen und sah einmal zu dem großen braunhaarigen hinüber, der mich nur besorgt beobachtete.
"Tut mir leid..", brachte ich schließlich leise hervor. Natürlich wollte ich ihm keine Sorgen bereiten, aber diese ganze Sache wurmte mich so sehr, dass ich an fast nichts anderes mehr denken konnte. So frei ich mich auch beim Volleyball fühlte und so sicher ich mir vorhin bei meiner Entscheidung war, umso verzweifelter war ich jetzt, als ich realisiert hatte, wie überstürzt ich doch eigentlich gehandelt hatte.
"Versuch dich mal ein wenig zu entspannen. Wenn was sein sollte und du jemanden zum Reden brauchst, kannst du gerne rüber kommen, aber mach dich bitte nicht so verrückt.", sagte Iwaizumi, bevor er langsam die Straße überquerte und vor seiner Haustür zum Stehen kam.
"Du packst das schon, Yui.", sagte er noch einmal zum Schluss, bevor er seine Haustür öffnete und hinter ihr mit besorgtem Blick verschwand.
Für mich aber war es nun Zeit, Entscheidungen zu treffen. Um einen klaren Kopf zu bekommen, musste ich jetzt mit jemandem reden. Als ich nämlich Zuhause ankam war es bereits 17 Uhr. Es war die Zeit, in der ich diesen Jemanden am besten erreichen konnte. So wie immer, lernte er jetzt bestimmt.
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Liberty [Oikawa x OC]
Fiksi PenggemarYui Mitsuyo, das bin ich! Manche würde mich als hübsch, impulsiv oder auch als eine eigentlich sehr liebevolle Person beschreiben. Trotz meiner kleinen Größe war es schon immer mein Traum, einer Volleyballmannschaft beizutreten. Leider ist das jedoc...