49.Sternenklare Nacht

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Es war viertel vor sechs und ich lief unruhig in meinem Zimmer hoch und runter. Gleich müsste ich los zur Nachhilfe mit Colan und auch genau aus diesem Grund spürte ich diese Aufregung in mir. Die Aufregung die verhinderte, dass ich einfach noch ruhig auf meinem Bett sitzen konnte bis ich losgehen musste.

Aber es war nicht gut. Diese Aufregung. Ich durfte sie nicht zulassen. Denn ich wusste ganz genau, das sie mich nur noch mehr verletzlicher machte. Und ich wollte um keine Umstände noch verletztbarer sein als ich sowieso schon war. Es durfte nicht sein.

Ich blieb vor dem Spiegel am Kleiderschrank stehen und betrachtete mich. Die Mathebücher vor meiner Brust in meinen Armen verschränkt, die Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz nach hinten gebunden, weshalb jeweils auf beiden Seiten die vorderen Strähnen in mein Gesicht fielen, und meine Schulter die nach vorne gebeugt waren und mich dadurch noch kleiner aussehen ließen. All dies sprühte nicht vor Stärke, sondern nur von Schwäche. Denn ich war schwach.

Ich betrachtete mich noch einige Sekunden weiter so im Spiegel, bis mein Blick auf meine Uhr fiel und ich realisierte, dass ich jetzt lieber losgehen sollte um nicht zu spät zu kommen.

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Ich stieg die Sprossleiter zu dem kleinen Geheimversteck hoch und erkannte gleich Colan am großen Fenster stehen und in die Ferne starren. Ich hiefte mich noch die letzte Stufe hoch und stellte mich dann wieder in dem kleinen Dachboden auf. Dabei knartschten die Holzbarren, auf denen ich stand und Colan drehte sich etwas verschreckt zu mir um.

"Hey Mila!"

"Hey Colan..", verunsichert schaute ich kurz auf meine Füße. Und als ich wieder aufsah, sah ich Colan mit seinen Händen in den vorderen Hosentaschen auf mich zukommen. Auch er wirkte ein wenig zögerlich. Doch dann sah er mir direkt in die Augen, und wie auch die Male davor fesselte er mich mit seinem Blick voll und ganz.

"Es tut mir leid, dass ich vorhin so unhöflich gegenüber dir war.", dabei strich er sich mit seinen Fingern über seine Schläfe. "Ich..Es ist..", Ich  merkte wie Colan nach Wörtern suchte, die er aber nicht fand

"Ist schon okay, mach dir keinen Stress.", kam ich ihm somit dazwischen und Colan schien auch erleichtert, das ich das Wort ergriff.

"Okay, dann wollen wir anfangen?"

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Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Bestimmt einige Stunden hingen Colan und ich mit unseren Köpfen über den Mathebüchern und mein Kopf brummte nur so von Zahlen und Formeln. Wir hatten ein ganzes neues Kapitel durchgearbeitet und auch die Hausaufgaben haben wir für die nächste Mathestunde erledigt. Doch jetzt in diesem Moment wollte ich keine weitere Sekunde mehr an Mathe denken.

Ich klappte mein Mathebuch zu, mein Lernpensum war erreicht. Erschöpft lehnte ich mich nach hinten und schloss meine Augen. Wir  lernten am Fenster auf Strohballen, die davor ausgelegt waren. Ich nahm war, wie Colan die Mathbücher nahm und auf den Boden neben den Strohballen lag und dann hörte ich nur noch wie das Stroh neben mir raschelte, bis es still wurde. Ich öffnete etwas verwirrt meine Augen und sah dann Colan mit dem Kopf Richtung Fenster liegend. Sein eines Bein hatte er etwas aufgestellt und seine Hand auf seinem Oberschenkel liegen.

"Komm leg dich zu mir und sieh es dir an.", ertönte dann seine tiefe kratzende Stimme. Sein Kopf war dabei in meine richtung gedreht und er schaute mich sanft an. Seine Stimme und sein Blick, löste wieder das reine Chaos in mir aus, doch ich tat wie mir gebeten und legte mich neben Colan.

Kurz nachdem ich mich zurücklegte, staunte ich nicht schlecht. Es war eine wunderschöne sternenklare Nacht und die Sterne funkelten nur so an der Himmelsdecke.

"Wow, es ist wunderschön", hauchte ich, noch fast sprachlos von dem was ich vor mir sah. 

"Ja, das ist wahr.", hauchte Colan leise zurück.

"Kennst du dich mit Sternbildern aus?", fragte ich Colan dann, dabei neigte ich meinen Kopf leicht zur Seite um Colan anzusehen. Dieser schüttelte dann den Kopf und schaute dann ebenfalls zu mir.

"Nein leider nicht du etwa?"

Er sah mir direkt in die Augen und ich merkte jetzt erst wie nah wir uns gerade eigenlich waren. Ich hatte das Gefühl, das Colan jede Bewegung in meinem Gesicht warnahm. Aber es war mir nicht unangenehm das er mich so genau und direkt ansah, denn ich tat es nicht viel anders bei ihm und zum anderen fühlte es sich auch irgendwie gut an, so ehrlich von einem angeschaut zu werden.

Ich kam wieder zurück zu seiner Frage.

"Ja ein wenig. Siehst du da diesen einen sehr hellen Stern? Das ist der Polarstern, und er ist der Anfang des kleinen Wagens. Die vier Sterne in der Reihe und am Ende ist da ein kleines Rechteck. Erkennst du es?", ich versuchte mit meinem Finger die Form des Sternbilds in die Luft nachzuzeichnen.

"Ja..ich glaube ich sehe es..", kommt es von dem Jungen neben mir stolz herrüber.

"Und unter dem kleinen Wagen ist der große Wagen. Siehst du den auch? Er sieht ähnlich wie der kleine aus, nur in einer Nummer größer sozusagen.", erklärte ich weiter.

"Ah, da ja ich erkenne ihn.", antwortet er mir wieder mit einem stolzen Unterton, was mir ein kleines Schmunzeln auf meinen Lippen zauberte.

Ich ließ meinen Arm wieder auf das Stroh sinken und ließ mich wieder von dem Sternenhimmel verschlingen.

"Woher weißt du so dadrüber bescheid?", fragte dann irgendwann Colan in die Stille hinein.

Ein trauriges Schmunzeln stahl sich auf meine Lippen.

"Früher als ich kleiner war und die Nächte so sternenklar waren, wie jetzt gerade, ging ich mit meinem Vater oft zu einem Park in der Nähe, der einen kleinen Hügel hatte. Auf diesen Hügel saßen wir uns dann immer hin und mein Vater erzählte mir etwas über jegliche Sternenbilder, die er kannte. Manchmal hatte ich auch das Gefühl, das er sich einige davon selber ausdachte. Aber das war mir ziehmlich egal.", bei der Erinnerung an einige komischen Sternenbilder von dem mein Vater erzählte musste ich kurz leise auflachen.

Doch zur gleichen Zeit liefen mir auch die Tränen über die Wangen.

Dann spürte ich plötzlich eine Hand, die sich um meine lag und sie leicht drückte. Ich merkte wie Colan mich von der Seite beobachtete.

"Das ist eine schöne Geschichte.", sprach er leise zu mir.

"Ja da ist sie.", bejahte ich mich kratzender leiser Stimme, woraufhin Colan meine Hand noch mehr dückte und mit seinen Daumen sachte über meinen Handrücken streifte.

Ich wandte meinen verschwommenen Blick vom Sternenhimmel ab und sah zu Colan. Dieser drehte sich in diesem Moment auf die Seite und wischte mit seiner noch freien Hand vorsichtig über meine nassen Wangen um sie zu trocknen. Mein Atem stoppte und ich verlor mich vollständig in seine Augen.

Er lehnte sich vor und legte vorsichtig seine Lippen gegen meine von ihm getrocknete Wange.

"Weine nicht", hauchte er mir dann zart gegen meine Wange und seine Stimme ließ meine ganze Haut kribbeln. Dann drehte er meinen Kopf mit seiner Hand bestimmend zu Seite und hinterließ auch auf meiner anderen Wangen einen sanften Kuss. Zum Schluss hauchte er mir noch entgegen "Lächle lieber traurig." .

Dann entfernte er sich wieder soweit von meinem Gesicht, dass er mir in die Augen sehen konnte, was ich ebenfalls sofort tat.

"Okay..", flüsterte ich ihm leise zu.


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Helloooo,

neues Kapitel meine Freunde.

Und ich wollte mich herzlich bei euch allen Bedanken!! WIr haben 6K <3

Habt eine schöne Nacht,

bis bald <3

DieNyx

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