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Weylan

"Darf ich... darf ich mitkommen?"

Als ich diese Worte höre, ist all mein Kummer und meine Trauer wie weggewischt. Ich spüre, wie sich langsam ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet. Auch Ayveen macht Freudensprünge in meinem Inneren. Ohne nachzudenken schlinge ich meine Arme um ihre Taille und wirbele sie durch die Luft. Indira - meine Mate - wird mit mir zurückkommen! Und das ohne irgendwelche Abmachungen! Endlich kann ich ihr unseren Palast von der besten Seite zeigen. Wir können zusammen im Palastgarten spazieren gehen oder im Wald dahinter Jagen. Vielleicht könnten wir uns auch gegenseitig ein paar Tricks beibringen oder zusammen unsere Fähigkeiten austesten. Doch als sie sich in meinen Armen unmittelbar versteift, lasse ich sie schnell auf den Boden zurücksinken und trete einen Schritt zurück. "Entschuldigung. Ich wollte nicht... Ich dachte nur...", fange ich an. Doch Indira schüttelt nur ihren Kopf. "Nein, nein! Ist schon okay. Es... Es kam nur ein wenig überraschend." Sie starrt auf den Boden. "Also darf ich mit?", fragt sie erneut. "Natürlich! Da brauchst du gar nicht fragen!", erwidere ich schnell. Sie hebt ihren Kopf wieder und ihre grünen Augen blicken mich an. Sofort versinke ich darin. Dieses Grün ist das Schönste, was ich je gesehen habe. Schöner, als das frische Grün der Bäume im Frühling. Ich weiß nicht, wie lange ich ihr in die Augen geblickt habe, aber irgendwann wendet sie den Blick ab. "Können wir los?", fragt sie schnell, ehe mir eine Entschuldigung über die Lippen kommen kann. Ich nicke. "Klar." Kurz bin ich versucht, ihr meine Hand hinzuhalten, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie sie nehmen würde und ich will mir einen peinlichen Moment ersparen. Sie hasst mich vielleicht nicht mehr so wie früher, aber deshalb muss sie noch lange nicht in mich verliebt sein. Also laufe ich los. Nach ein paar Metern höre ich ihre leisen federnden Schritte hinter mir. Doch aus irgendeinem Grund werden die Schritte nicht lauter, sondern immer leiser. Erschrocken will ich mich schon umdrehen, als sich Ayveen zu Wort meldet.

Na klar werden ihre Schritte leiser, du Idiot! Ersten ist der Gegenwind stärker geworden, sodass die Geräusche von dir weg geweht werden und zweitens wechselt der Boden von Fels gerade in Gras mit Moos. Manchmal kannst du echt dumm sein!

Na herzlichen Dank!, brumme ich beleidigt. Ayveen ist wirklich wieder nett zu mir.

Aber immer doch... Aber glaub mir, ich würde es dich wissen lassen, wenn sie wegläuft. Aber das wird sie sowieso nicht.

Was macht dich da so sicher?, frage ich erstaunt.

Glaub mir, ich weiß es einfach., kommt es wie aus der Pistole geschossen zurück.

Ach so. Und deshalb muss ich dir natürlich glauben...

Natürlich! Hattest du denn einmal in Erwägung gezogen, dass ich lüge?

Nein! Gar nicht., gebe ich sarkastisch zurück. Dann werfe ich trotzdem einen Blick zurück, da ihre Schritte inzwischen komplett verklungen sind. Doch sie läuft noch immer im gleichen Abstand zu mir hinter mir her. Als sie bemerkt, dass ich mich umgedreht habe, huscht ein leises Lächeln über ihr Gesicht. "Ich habe mich schon gefragt, wann du dich nach mir umschauen würdest.", sagt sie mit einem leichten Grinsen. "Wie machst du das? So komplett lautlos laufen?", frage ich beeindruckt. Sie zuckt mit den Schultern. "Das war eines der ersten Dinge, die mein Vater mir beigebracht hat." "Das ist wirklich beeindruckend. Kannst du es mir auch beibringen?", frage ich. Ein schelmisches Lächeln huscht kurz über ihr Gesicht. Doch es ist so schnell wieder verschwunden, dass ich es mir wahrscheinlich nur eingebildet habe. "Na klar. Aber ich weiß nicht, ob du es kannst. Man sollte dafür nicht zu schwer sein und bei deiner Statur...", erklärt sie mir mit ernster Miene. "Das sind alles Muskeln!", erwidere ich empört. Vielleicht wollte ich sie damit aber auch beeindrucken. Leider bleibt die erwartete Reaktion aus. "Tja. Es ist trotzdem zusätzliches Gewicht.", sagt sie bloß. Doch sie dreht kurz den Kopf weg. Ein kleines siegesbewusstes Grinsen huscht über mein Gesicht. Anscheinend kann sie mir doch nicht widerstehen... Doch sofort dreht sie sich wieder zu mir herum. "Also.", beginnt sie. "Zuerst musst du dich ganz genau auf deine Umwelt konzentrieren. Und dann setzt du einfach einen Fuß ganz vorsichtig vor den anderen. Du musst es erst mal üben, aber irgendwann kann man dann immer schneller dabei laufen." "Okay." Ich konzentriere mich auf den Wald um uns herum. Dann setze ich langsam einen Fuß vor den anderen. Hinter mir höre ich ein leises Kichern. Als ich mich jedoch herumdrehe, steht Indira mit ernstem Gesicht hinter mir. Fragend sehe ich sie an. "Du machst das prima. Aber ich glaube, du musst noch ein bisschen üben. Man kann dich immer noch laut und deutlich hören." "Du willst mich verarschen!", rufe ich empört. Doch sie lacht nur. "Nope. Will ich nicht. Wenn du willst, kann ich es auch aufnehmen." "Nein, schon gut, ich glaube dir." Dann drehe ich mich wieder um und beginne von vorn. Irgendwann höre ich erneut ein leises Kichern hinter mir, doch als ich mich umdrehe, hat Indira noch immer ihre ernste Miene im Gesicht. Stirnrunzelnd drehe ich mich wieder nach vorn. Nach ungefähr 10 weiteren Minuten höre ich aber schallendes Gelächter hinter mir. Als ich mich dieses Mal herumdrehe, steht Indira nicht mit ernster Miene hinter mir, sondern hält sich lachend den Bauch. Ein paar Sekunden genieße ich den Klang ihres Lachens, dann räuspere ich mich leise. Sofort zuckt sie zusammen und sieht zu mir. Ihr Gesicht ist rot und ihre Augen tränen vom Lachen. "Was ist so lustig?", frage ich mit hochgezogener Augenbraue. Erneut dringt ein Lachen über ihre Lippen. "Du... Du...", japst sie. "Ich...?", frage ich sie gespielt entrüstet. "Du hast es ernsthaft geglaubt!", stößt sie hervor. Irritiert sehe ich sie an, was sie nur noch mehr zum Lachen bringt. "Das du mir das alles wirklich geglaubt hast! Das mit dem leise auftreten und dem auf die Umwelt konzentrieren!", ruft sie. "Du hast mich reingelegt?!", erwidere ich überrascht. Sie nickt. "Ja. Glaubst du im Ernst, dass man so lautlos gehen kann?" Vielsagen sehe ich sie an. "Und wie hast du es dann gemacht? Von dir habe ich wirklich kein Geräusch gehört. Und diesmal bitte die Wahrheit", schiebe ich hinterher. "Du musst einfach eine Schutzblase um deine Füße spannen. Dadurch werden die Geräusche isoliert. Wenn man es richtig macht, gelangen die Laute auch nicht nach außerhalb."

Hybrid, Aber Mate vom Prinz?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt