zweiter akt.

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Hendery bereits seit Stunden mit derselben Runde Schach gegen seinen ältesten Berater verwickelt, als die Nachricht ihn erreicht. Er sitzt in einem weißen Teepavillon, der in einem seiner hundert Gärten steht, und trägt ein weißes, sommerliches Hemd mit einer passend weißen Hose. Die blutroten Diamanten seiner Krone schimmern im hellen Licht der Mittagssonne.

„Majestät." Einer seiner zwölfhundert Diener in Zaubernussgelber Uniform verbeugt sich so tief vor ihm, dass seine Nase den steinernen Boden berührt. „Die Abgesandte der deutschen Königin ist soeben angekommen. Sie will über die Handelsverträge sprechen."

„Bringt sie zu mir." Hendery setzt gerade seinen ältesten Berater mit der weißen Elfenbeindame ins Schachmatt, als man dich in den Raum führt.

°•○●

Entgegen deiner Befürchtung meldet Hendery sich wirklich. Zwei Tage nachdem du ihn angesprochen hast schreibt er dir, als hättet ihr erst heute geredet. Du fragst dich, ob die Tage wirklich so sehr für ihn verschwimmen.

Du liest seinen Text und wirst sauer. Seine Ausarbeitung ist gut. Besser als deine, sehr gut. Du hast Hendery unterschätzt. Und dich selbst –über. Es ist peinlich. Sehr.

„Wie weit bist du", schreibt Hendery und du willst sterben. Die Uni schmeißen, das ganze Leben. Du kriegst es ja eh nicht hin.

Bevor du zurückschreiben kannst – was, weißt du ja selbst noch nicht –, schickt er dir eine Sprachnachricht: „Hey, zwei Sachen." Seine Stimme so nah an deinem Ohr ist merkwürdig intim, unangenehm angenehm. „Erstens - ich kann sonst noch was von dir übernehmen. Nur, was du noch nicht hast. Weil ich jetzt doch schneller fertig war, als gedacht." Du spürt förmlich, wie sich seine Mundwinkel heben, nur ganz leicht. Du siehst das amüsierte Blitzen in seinen Augen vor deinem Inneren und Hitze kriecht in deine Wangen.

„Und es gibt ‚ne Ausstellung zu dem Thema", fährt seine Stimme fort. „Ich meine, das wusstest du wahrscheinlich eh. Aber wenn du noch nicht da warst, können wir das morgen Nachmittag nachholen."

Du wusstest es nicht. Du warst nicht da. Du willst nicht mit Hendery hin, weil du das Blitzen in seinen Augen nicht ertragen könntest.

Und trotzdem stehst du am nächsten Tag vor dem Museum und wartest geschlagene zwanzig Minuten auf ihn.

Hendery sieht dich schon von weitem. Du siehst genervt aus und tippst gestresst auf deinem Handy herum. Mit dem karierten Kleid, der braunen Ledertasche und dem zerzausten Zopf siehst du aus, als hättest du zu sehr versucht so auszusehen, als würdest dazu gehören. Zu den schlau redenden Menschen, die in Museen gehen und Shakespeare nur im Original lesen. Hendery fragt sich, wem du etwas vormachen willst. Ihm? Den Menschen um dich herum? Oder dir selbst?

Er begrüßt dich mit einer braunen Zigarette zwischen den schlanken Fingern und einer unerwarteten Umarmung. Hendery riecht nach Rauch und süßer Kirsche, nach irgendeinem höllisch gutem Aftershave und –

Er lässt dich wieder los. „Hey." Er lacht leise als du versuchst deine Frisur zu richten, weil du nicht weißt wohin mit deinen Händen. Er ist kurz in Versuchung, einfach nach ihnen zu greifen. Verwirft den Gedanken jedoch wieder.

„Wir hatten doch vier gesagt." Du erinnerst dich, dass du eigentlich genervt bist. Dass du seit zwanzig Minuten in der Kälte auf ihn wartest.

„Ja", bestätigt Hendery und schiebt sich nur ein bisschen zu dicht an dir vorbei. „Die machen auch um fünf zu. Los geht's."

Du verdrehst die Augen und folgst ihm die gewaltigen Stufen hinauf.

Ihr durchwandert die Hallen schweigend. Die Ausstellung zu eurem Thema ist im letzten Raum, wahrscheinlich weil du nicht die einzige bist, die es absolut uninteressant findet.

his heroine. wkhWo Geschichten leben. Entdecke jetzt