Tag 3

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Die Angst etwas zu verlieren, kann den Menschen verändern.

Die ganze Nacht lang lag ich wach und ließ meinen Gedanken freien lauf, bis ein lautes Klopfen mich in die Realität zurückzog. Eine Tür, die ich vorher nicht einmal gesehen hatte, öffnete sich und Alicia stand mit Tränen in den Augen vor meinem Raum. Ein erleichtertes Lächeln zog sich über mein Gesicht und ich stürmte ihr entgegen und fiel ihr in die Arme. "Du lebst ja! Ich freue mich so dich zu sehen!", schluchzte ich, während auch mir die Tränen aus den Augen liefen. Als ich einen Blick über ihre Schulter warf sah ich noch drei andere Mädchen in unserem Alter, die uns mit leerem Blick anstarrten. Ich packte Alicia sanft an die Oberarme und stellte mich vor sie. "Was ist hier bitte los?", fragte ich mit zitternden Stimme.
"Nun... Bis Ende dieser Woche wird keiner von euch noch an Leben sein. Jeden Tag stirbt eine und deine hübsche Freundin, wird morgen ihr Opfer erbringen müssen.", erzählte der selbe Mann, der gestern mit mir sprach, während er langsam auf uns fünf zuging. Die Blicke aller anderen Mädchen wanderten schlagartig auf den Boden. Niemand wagte es auch nur ansatzweise ihn anzusehen. Ich war die einzige, die ihn anschaute. Also lächelte er mich nur an, während er rief:"Macht Tag 3 fertig. Ihr habt noch sechs Stunden. Also strengt euch an!" Alicia ging zu den anderen drei Mädchen und verschwand mit ihnen hinter einer Tür. Was war mit ihr los? Warum gehorchte sie diesem Fremden? Und warum sprach er nie von Namen, sondern immer von Tagen?
Ich spürte wie sich eine kalte Hand auf meine Schulter legte und meinen Körper zum Gehen brachte. "Und während die anderen sich um Tag 3 kümmern, reden wir beide ein wenig!" Ich gehorchte seinem Wille und ging mit ihm durch verschiedene Gänge. Doch traute ich mich nicht zu reden. "Frag einfach. Ich bin hier noch die nicht so schlimme Person. Und außerdem traust du dich ja sogar noch mich anzusehen...", unterbrach der Mann nach einiger Zeit das Schweigen. Ich holte tief Luft und stammelte leise :"Also wer bist du? Wer sind die anderen Mädchen? Warum sind sie nach Tagen benannt und warum müssen alle sterben? Was ist das hier alles?" Nach diesen Sätzen blieb ich ruckartig stehen, auch wenn seine Hand auf meiner Schulter mich weiterzuziehen versuchte. Ich sackte auf meine Knie und ließ hoffnungslos meinen Kopf hängen. Durch meine weißen Haare konnte ich erkennen, dass er sich, immernoch lächelnd, vor mich setzte und anfing zu erzählen:"Dummes, kleines Mädchen, aber gut, wenn du es unbedingt wissen willst. Also mein Name ist Caleb. Die anderen Mädchen, sind wie deine Freundin. Auch sie haben sich für einen Job hier angemeldet. Nach Tagen werden sie benannt, da jeden Tag eine von ihnen stirbt. Um es uns einfacher zu machen, benennen wir sie dann nach ihren Todestagen. Jetzt gerade wird Tag 3 für ihr Opfer gleich vorbereitet und hübsch gemacht. Sonst noch Fragen?"
Das alles konnte ich nicht so schnell verarbeiten. Also saß ich weiter still auf dem Boden. Tränen flossen mir allmählich aus den Augen und ich fing an zu zittern. Ich bekam vor lauter weinen kaum noch Luft und verschluckte mich immer wieder aufs Neue. Schließlich stand Caleb wieder vom Boden auf. Ich hob meinen Kopf und schaute ihn mit meinen verweinten Augen an. Er schüttelte nur den Kopf und ging den Flur weiter entlang. Bevor ich auch nur daran denken konnte weg zu laufen, packten mich zwei Männer mit Anzug an den Armen und schliffen mich zurück in den Raum, indem ich schon letzte Nacht verbracht hatte. Dort ließen sie mich unsanft auf den Boden fallen und schlossen die Tür. Doch ich blieb starr liegen und dachte nur an Alice, denn immerhin war sie meine beste Freundin.

Der GrafWo Geschichten leben. Entdecke jetzt