Tag 5

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Ehrlichkeit ist eines der größten Geschenke, das man bekommen kann.

Nachdem ich Alicia's Leiche einige Minuten beweint hatte , brachte mich Caleb erneut in meinen Raum. Auch wenn ich es nicht für möglich gehalten hätte, nach so einem Erlebnis zu schlafen, schlief ich die ganze Nacht, jedoch geplagt von furchtbaren Albträume, durch. In meinen Träumen hörte ich sie jedesmal um Hilfe schreien und verzweifelt meinen Namen rufen, bis ich schließlich aufwachte.

Nun lag ich weiterhin da, ich war zwar wach, aber bewegte mich kein Stück. Ich hatte es nicht geschafft die gestrigen Ereignisse in irgendeiner Weise zu verarbeiten. Es fühlte sich an, als sei mein ganzer Körper leer und von purer Dunkelheit umgeben.
Ich hörte währenddessen, wie die Tür meines Raumes sich langsam öffnete, doch ich blickte weiterhin nur starr an die Decke. Dennoch konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen, dass ein Mann vorsichtig auf mich zu ging und sich schließlich zu mir, auf mein Bett setzte.
"Das war sehr dumm von dir, dort hinein zugehen. Hätten wir nicht so einen großen Mangel an Mädchen momentan, wärst du dort an Ort und Stelle gestern noch gestorben!", sagte er mit einer tiefen, aber relativ sanften Stimme. Ich drehte mein Kopf ein wenig und schaute ihn an. An seiner Kleidung erkannte ich, dass dies der Mann war, der am gestrigen Tag auf dem Thron saß. Doch strahlte er nun weniger Hass und Zerstörung aus, als ich es gestern wahrgenommen hatte. Er hatte pechschwarze, mittellange Haare, stechendrote Augen und ein markantes Gesicht. Auch er trug eine Art von Anzug, dieser war jedoch noch mit viel mehr Details geschmückt, als die der anderen.
Als er merkte, dass ich nichts zu ihm sagte und ihn lediglich zurückhaltend musterte sagte er, während er mir tief in die Augen blickte :"Es tut mir Leid, dass du das gestern mit ansehen musstest. So eine Situation hatte ich bis jetzt noch nie. Das muss wirklich schlimm für dich gewesen sein." Ich war verwirrt. War dieser Mann gerade nett zu mir? Was wollte er überhaupt in meinem Zimmer?
"Wie starb sie?", fragte ich nach einer langen Zeit in leisem Ton. Der Mann seufzte und sagte dann lediglich :"Durch mich."
Mein Blick wandte sich schlagartig von seinen Augen ab und ich konnte fühlen wie mein Herz immer schneller und schneller schlug. Ich drehte mich auf die Seite, sodass ich mit dem Rücken zu ihm lag und versuchte meine Angst zu verbergen.
"Du läufst weder vor mir weg, noch flehst du um Gnade. Caleb hatte also recht, als er sagte, du seist anders als die sonstigen Mädchen.", erzählte er ein wenig überrascht, mit sanfter Stimme. Ohne vorher zu überlegen, erklärte ich ihm daraufhin :"Warum weglaufen oder unnötig flehen, wenn sowieso feststeht, was passiert. Außerdem freu ich mich schon darauf Alicia dann wiederzusehen." Mein Herz sprach diese Worte schneller, als mein Gehirn darüber nachzudenken konnte. Doch letztendlich stimmte es. Sollte ich keine gute Fluchtmöglichkeit bekommen, werde ich mich nicht mehr wehren. Denn durch Alicia's Tod hatte ich schon längst alles verloren.
"Mhh. Das ist eine sehr traurige Denkweise, Kleines", äußerte er, "Doch glaub mir bitte, auch ich habe Mitleid mit all meinen Opfern." Ich konnte ein leichtes Zittern in seiner Stimme erkennen und drehte mich zurück auf meinen Rücken. Doch als ich ihn erneut anschauen wollte, war er verschwunden. Und die Dunkelheit umschlossen mich erneut.

Der GrafWo Geschichten leben. Entdecke jetzt