Tag 4

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Ein geliebten Menschen zu verlieren, ist manchmal schlimmer als der eigene Tod.


Am nächsten Tag war ich das einzige Mädchen, welches nicht nach draußen gelassen wurde. Ich hörte immer wieder aufs Neue die Stimmen der anderen beiden Mädchen und Alicias Stimme. Man ließ mich sicherlich hier im Raum, nachdem Caleb gestern gesehen hatte, dass ich mich in seiner Gegenwart anders verhalte, als die restlichen Mädchen. Doch der Gedanke daran, dass Alicia heute ,auf eine mir noch unbekannte Weise, sterben sollte, ließ mir keine Ruhe. Ich lief in dem Raum auf und ab und spielte in meinen Kopf tausende Szenarien durch.                                    Ich fragte mich, ob es noch möglich sei zu entkommen und ob es möglich sei meine beste Freundin zu retten. Diese Fragen schwebten mir bis zum Nachmittag noch durch den Kopf.

Plötzlich klopfte es dumpf an der Tür meines Raumes. Alicia öffnete die Tür und lief mir entgegen. Durch ihren Schwung brachte sie uns beide zum Fallen und drückte ihren Körper fest gegen meinen. "Ich wollte mich verabschieden", sagte sie mit leiser verweinter Stimme, "Ich habe dich ganz doll lieb Delia. Und es tut mir unendlich leid, dass ich dich da mit hineingezogen hab." Sie drückte ihren Kopf, während dieser Sätze, fest an meine Schulter. Ich ging mit meiner blassen Hand durch ihre hübschen, blonden Haare und fing ebenfalls an zu weinen. Auf einmal hörte ich immer näher kommende Schritte. Dann wurde Alicia mir ruckartig aus meinen Armen gezogen. Ich blickte auf und stellte mich hin. Caleb hatte sie an ihrem Arm hochgezogen. "Es reicht jetzt, wir kommen sonst noch unpünktlich.", sagte er mit einem starren Blick und zog meine Freundin an ihrem Arm, in Richtung der Tür. Mein Blick fiel urplötzlich auf seinen klimpernden Gürtel. Ein glänzender Schlüssel war dort befestigt. Auch wenn ich nicht wusste, ob ich durch diesen Schlüssel aus meinem Raum entkommen könnte, schoss mir eine Idee durch den Kopf. Ich lief den beiden hinterher und fiel Alicia erneut um den Hals. Caleb verdrehte nur die Augen und schliff sie weiter mit. Da dieser meine Freundin mit sich zog, waren die Körper der beide nahe aneinander und somit schaffte ich es durch diese Umarmung in die Nähe des Schlüssels zu gelangen. Als ich es schaffte diesen zu greifen, ließ ich weinend von Alicia ab und ging zu Boden. Während Caleb die Tür lediglich zufallen ließ, blickte ich Alicia mit rötlichen Augen an und rief:"Ich hab dich auch lieb und mach dir bitte keine Sorgen um mich." Dann fiel die Tür zu und der ganze Raum war wieder dunkel.
Nun versuchte ich mit dem geklauten Schlüssel die Tür zu öffnen und als ich nach einer gefühlten Ewigkeit auch endlich das Schlüsselloch fand, funktionierte es und die Tür sprang vor mir auf.


Während ich überlegte in welche Richtung ich gehen sollte, hörte ich auf einmal einen lauten Schrei, welcher den Klang von Alicia's Stimme hatte. Ohne wirklich darüber nachzudenken, rannte ich so schnell ich konnte in die Richtung dieses Schreies.                                                                Dies führte mich vor eine riesige und prachtvoll geschmückte Metalltür. Mit aller Kraft drückte ich dagegen und schließlich öffnete sie sich. Ein großer Raum, indem vieler der mit Anzug bekleideten Männer standen, kam zum Vorschein. Ganz hinten stand ein gewaltiger Stuhl, der schon fast wie ein Thron aussah. Auf diesem saß ein weiterer Mann, doch ich konnte sein Gesicht nicht erkennen. Und dann sah ich sie...
Während mich alle Männer in diesem Saal mit stechenden, bösen Augen ansahen, blendete ich das alles aus und lief zu Alicia, welche blutverschmiert und mit offenen Augen und offenem Mund vor diesem Thron auf dem Boden lag. Ich setzte mich zu ihr und legte ihren Kopf auf meinen Schoß. Meine Furcht war in diesem Moment wie ausgelöscht, denn alles was ich fühlte war tiefe Trauer. Ich strich ihr durch ihr wunderschönes blondes Haar, ließ schließlich meinen Kopf auf ihren fallen und weinte bitterlich. Ich wusste es bereits in diesem Moment, doch ich wollte es nicht wahrhaben. Sie war tot...                                                                                                          Dabei hatte ich mich nicht einmal richtig verabschiedet, da ich mir so sicher war sie retten zu können, denn immerhin war sie meine beste Freundin.


Der GrafWo Geschichten leben. Entdecke jetzt