Er hatte es geschafft! Mit schmerzendem Flügel hatte er die unnatürliche steinige Anhöhe gefunden und war an ihr hochgeklettert. Ein Kraftakt, der ihm die letzten Energien raubte. Aber er war nicht alleine auf der luftigen Anhöhe. Einen dicker fetter grauer Vogel hatte über ihm ein Nest gebaut und brütete darauf. Warnend gurrte die Taube ihn an. Sie mochte es überhaupt nicht, dass ein Jäger ihrem Nest zu nahe kam. Wenn er recht überlegte, gegen einen Bissen zu essen hatte er nichts. Doch er war langsam, unerfahren und verletzt. Der Vogel schaffte es, ihm einen bösen Kratzer am Auge zu verpassen, bevor sie in die Lüfte flog und floh. Hinterließ ihr Nest mit ihren unausgebrühteten Eiern.
Mit wehmütigem Blick folgte er ihr mit den Augen. Er wollte auch fliegen. Er wollte frei sein. Auf dem Boden gefangen zu sein war beinahe beengend. Sein Flügel schmerzte so unglaublich. Bei jeder Bewegung winselte und fauchte er. Um den Schmerz zu erleichtern, versuchte er sein Gelenk nicht zu bewegen. Was sich schwieriger gestaltete als gedacht. Er musste schlafen. Er musste heilen, wenn er wieder frei sein wollte.
Er schaute sich kurz in seinem neuen Nest. Das Heim eines anderen wäre jetzt für den Moment sein eigen. Es war ein wunderbarer Ort, ruhig und mit einer Sicht, die er nur aus den Lüften kannte. So hoch, dass er über die Tannenspitzen hinwegschauen konnte. Weit in die Ferne. Diese Sicht war ihm vertraut. Der blaue Himmel. Die grünen Tannen. Aber was direkt unter ihm lag, war ihm vollkommen fremd. Er hatte seine Neugier nur kurz stillen können, als er auf dem Boden war. Der Instinkt sich in Sicherheit zu bringen war größer gewesen und seine Entdeckungen waren auf das Nötigste zusammengefasst. Unter ihm war eine große Fläche mit etwas Schwarzem und Hartem bedeckt. Es hatte sich eigenartig unter seinen Klauen gefühlt und hatte einen sehr eigentümlichen Geruch. Er konnte keine Vergleiche in seinem Kopf machen. Es war kein Waldboden, dass mossig und feucht roch. Keine glatte Eisfläche, dass glatt war und frisch roch. Es war rau, schwarz und irgendwie unnatürlich. Nichts, was er kannte.
Von hier aus konnte er ein Wesen auf der schwarzen Fläche sehen. Es war wie der Vogel im Himmel, der ihm den Flügel verletzt hatte. Ein weiteres stummes Wesen. Was für Wesen waren das?
Auf der anderen Seite der Struktur lag noch ein Feld. Von hier konnte er alles im Augenschein nehmen. Es sah nicht so aus wie die Fläche über die er gerannt war. Dieser war nicht schwarz, sondern braun. Mit ein paar Flecken Grass. So als wäre eine große Herde über dieses Feld gelaufen. Vielleicht hunderte von Herdentiere die sich hier sammelten. Kleine Strukturen konnte er klar ausmachen. Welche aus Holz und aus Stein. Instinkt hatte ihn hier hochgetrieben und er begann automatisch sein neues Revier genau in Augenschein zu nehmen. Mutter hatte es ihm gesagt, wie man Revier beschützt, aber heute machte er es zum ersten Mal. Er suchte nach Unterschlupfen, nach Gefahren und am wichtigsten nach Beute. Heute würde er überleben. Die Eier im verlassenem Nest waren sogar noch warm. Aber wie lange sollte er hier überleben? Wie lange musste er heilen?
Wo auch immer er hier gelandet war, er war glücklich, in der Höhe zu sein.
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Die Erben der Drachen - Glacia
FantasyGlacias Elterns sind bei einer eigentlich harmlosen Fahrradtour ums Leben gekommen. Nun zieht sie zu der Familie ihres Vaters: Die Dracos. Aber diese Großfamilie in Kanada ist keine übliche chaotische Familie. Nein, diese Familie stammt von einem Dr...