Die Erben der Drachen - Glacia

Kapitel 7 - Teile einer Kette

Der Wecker klingelte viel zu früh und viel zu schrill. Meine Hand haderte über den Sznooze Button und ich hoffte schon, dass ich mich noch einmal umdrehen könnte bis meine Mutter kam und mich endgültig aus dem Bett schmiss. Die schockierende Erkenntnis weckte mich augenblicklich auf. Meine Eltern waren tot. Ich lebe nicht mal mehr in Deutschland. Meine Familie war ein großer Haufen Freaks zu denen ich niemals gehören konnte. Schon am frühen Morgen erwachte ich mit einem schmerzendem Herzen. Wie ich dieses dumpfe Gefühl hasse.

Schnell versuchte ich mir einen Weg durch unseren Labyrinthe artigen Garten zu bahnen. Der Weg war zwar gepflastert aber nicht ausgeschildert und ich war seit Jahren nicht mehr hier gewesen. Ich lief an noch halb geschlossenen Blüten, dicken Sträuchern und Büschen mit kleinen satten Beeren vorbei auf der Suche nach dem gläsernen Gewächshaus. Die Sonne kratze langsam am Horizont und gab der Umwelt eine verschlafene und doch schöne Atmosphäre. Wenn ich nicht so müde und gestresst gewesen wäre, hätte ich es vielleicht genießen können. Stattdessen bog ich bei einer Kreuzung links ab in der Hoffnung doch noch richtig zu sein. Und tatsächlich hatte ich endlich mal Glück. Keine 50 Meter weiter stand das in der Morgensonne glänzendes Gewächshaus und vor ihr vier Dracos.

„Wurde aber auch endlich Zeit.", fauchte Saphira genervt. Tante Laura, Onkel Janik, Ivana und Saphira warteten ungeduldig vor dem Gewächshaus. Ich nuschelte eine nicht ernst gemeinte Entschuldigung die mit einem frustrierten Achselzucken entgegen genommen wurde.

Über die Jahre haben wir nur wenige Male meine Familie hier besucht. Meine Mutter wurde nie wirklich gerne gesehen und je älter ich wurde desto mehr wurde ich zu einem Außenseiter. Ich hatte alle Verwandten irgendwann mal kennen gelernt aber das letzte Mal war bereits 4 oder 5 Jahre her. Obwohl ich von den Fähigkeiten meiner Verwandten wusste, stockte ich als ich meinen Onkel sah. Onkel Janik war eines der wenigen Dracos die eine Äußere Ausprägung der Gaben hatte. Auf seinem Kopf wuchsen schwarze gezwirbelt Hörner und unter seiner dicken grauen Jacke versteckte er ein paar Fledermausähnliche Flügel. Er war groß, schlank und weiste die klassischen Draco Merkmale auf: rote Haare, grüne Augen und eine starke Ausstrahlung. Wegen seiner Flügel sah er immer aus als würde er mit einem Buckel gehen. Ich wusste, dass die meisten meiner Onkel und Tanten selten in die Kleinstadt gingen. Unter Menschen zu sein, die nicht wussten, wer sie sind und was sie tun könnten, mochten die Dracos meisten nicht. Sie mieden große Menschenansammlungen wie die Pest und waren lieber mit Familie unterwegs. Auch viel lieber mit entfernten Verwandten aus fremden Ländern. Aber Onkel Janik durfte seit seine Hörner aufgetaucht waren und sie so groß wurden das man sie nicht unter einer Mütze verstecken konnte, nicht mehr unter Menschen. Ihm war es sogar von Großpapa Lui verboten worden. Mein Vater hatte früher gerne gescherzt das der Drache der Familie nur zu Halloween aus seiner Hölle gekrochen ist. Anders als Janik war Tante Laura klein, mollig und beinahe 40 Jahr jünger als er. Ihre rostroten strubeligen Haare verdeckten ihr rundes Gesicht. Sie war eine bissige Person. Wortwörtlich gemeint. Ihre Fähigkeit bestand darin, eine ätzende Substanz auszustoßen wenn sie etwas biss. Ihr Körper war gegen diese aggressive Substanz immun aber alles andere... Naja sagen wir es so: Angeblich hat sie einen Jungen angeknabber als sie jung gewesen war und der hatte üble Hautverbrennungen und einen hässlichen Ausschlag gegeben.

„Genug Zeit verschwendet, Glacia!", grummelte Tante Laura

„Wir müssen die Pflanzen innen gießen und düngen. Saphira nimm Glacia mit und fangt an schon einmal die Stachelbeeren zu ernten. Das wird wahrscheinlich für den Einstieg am einfachsten sein.", gab Onkel Janik ruhig und entspannt die Anweisung. Sowohl ich als auch Saphira wollten protest einlegen aber der buckelige Mann hob nur eine Hand und brachte uns beide zum schweigen.

"Ich will es garnicht erst hören. Wenn ihr die zwei großen Körbe voll gemacht habt, könnt ihr drinen ein paar Zuccinis und Tomaten ernten und dann alles in die Küche bringen. Dann seid ihr für heute fertig. Ivana und Laura helfen mir mit dem gießen, düngen und umpflanzen." Damit drehte er sich um und ging, gefolgt von Ivana und Tante Laura ins Gewächshaus.