I think I fell in love today (Kurzgeschichte)✔

Liebesbrief von Herzen

14. Februar 1998

Alter: 12

Lieber Mailo,

Ich mag dich, und nicht nur so wie ich die anderen Jungs aus unsere Klasse mag. Dich mag ich nämlich besonders. Ich mag dein Haar, denn es erinnert mich an Schokolade, und Schokolade ist meine Lieblingssüßigkeit. Ich könnte sie den ganzen Tag essen!

Außerdem mag ich deine Augen. Sie erinnern mich an das Meer und nicht nur an ödes grünes Moos so wie meine.

Ich finde es toll, dass du Harry Potter genauso gerne magst wie ich, obwohl wir in verschiedenen Häusern sind, aber ich bin mir ziemlich sicher ein Gryffindor kann auch einen Hufflepuff zu seiner Freundin nehmen.

Ich finde dich toll und hoffe, dass du mich genauso toll findest, wie ich dich. Falls du das tust, triff mich bitte nach der Schule vor dem Sportplatz.

Deine

Ivy.

Sorgfältig falte ich das Briefpapier, das Mom mir geschenkt hatte zusammen und stecke es in meinen selbstgebastelten Herzbriefumschlag. Stolz schaue ich das letzte Mal auf den Glitzerrand, den ich gestern mit meinem neuen Glitzerbastelset zwei Stunden lang ordentlich gestaltet hatte. Ich habe mir extra viel Mühe für Mailo gegeben.

Heute ist Valentinstag und ich bin genau seit 10 Wochen in Mailo verliebt. Ein Kribbeln breitet sich wie immer in meinem Bauch aus, wenn ich an Mailo denke. Mom sagt, das sind die Schmetterlinge, die in meinem Bauch herumschwirren, weil ich verliebt bin.

Das Rufen von Mama unterbricht meine Gedanken. Ich stehe von meinem Schreibtischstuhl auf und schnappe meine Schultasche, während ich Mailo's Brief im oberen Fach verstopfe.

♥♥♥

Mein Herz pocht laut in meiner Brust, als ich den Schulflur entlang laufe. Ich habe extra meine schwarzen Converse angezogen und mein grünes Lieblingsshirt. Mama hat gesagt, dass es meine Augen betont. Mein schwarzes langes Haar trage ich das erste Mal offen, obwohl ich meine Locken hasse. Aber Emersyn hat mal gesagt, dass ich mit offenen Haaren viel älter aussehe. Und das will ich. Ich will nicht mehr wie ein Baby für Mailo aussehen. Ich bin fast ein Teenager. Bald würden mir Brüste wachsen. Ich kann es kaum abwarten! Vielleicht würden sich meine Augen im nächsten Jahr auch verändern? Ich bin es satt diese Brille zu tragen!

Ich komme an Mailo's Schließfach vorbei, meine Finger zittern, als er sich umdreht und mir ein kleines Lächeln schenkt. Seine Lippen sehen anders aus, als die von den anderen Jungs. Sie sind voll und leicht geschwungen. Außerdem ist sein Gesicht nicht wie das der anderen Jungs voller Pickel, sondern sieht weich aus. Wie es wohl sein würde, wenn ich erst einmal seine Freundin sein würde? Dürfte ich ihm dann wohl durchs Gesicht streichen?

Ein aufgeregtes Flackern breitet sich in meinem Inneren aus.

„Hi Ivy, was geht?"

Selbst seine Stimme klingt anders, als die der anderen Jungs. Ich weiß von Mama, dass es noch ein bisschen länger dauern würde, bis Jungs in den Stimmbruch kamen, aber irgendwie klingt Mailos Stimme trotzdem tiefer.

„Hi Mailo.", gebe ich schüchtern von mir.

Meine Hände, in denen ich den Brief halte, zittern plötzlich.

Ich hole einmal tief Luft, bevor ich all meinen Mut zusammen nehme und schließlich Mailo den Brief in die Hand drücke.

„Ich... ich hab da was für dich...", stottere ich hervor. „Fröhlichen Valentinstag.", ich lächele ihn schüchtern an, bevor ich meinen Blick auf den Boden senke und meine Converse eingehend studiere.

Für einen kurzen Moment herrscht Stille zwischen uns, bevor ich ein Räuspern höre.

„Ähm Ivy..?"

Bei seiner Stimme schießt mein Kopf nach oben. Ich sehe plötzlich Mitleid in seinen blauen Augen aufblitzen, als er sich mit seiner rechten Hand durch seine schokoladenbraunen Haare fasst.

„Nimm es mir nicht böse, aber du bist eine gute Freundin für mich. Ich mag dich wirklich Ivy, aber ich bin nicht in dich verliebt..", das letzte Wort flüstert er und ich sehe, wie er vor Scham rot wird.

Demütigung wallt in mir hoch, gekoppelt mit einem Gefühl, als ob mir jemand etwas Spitzes in die Brust rammt.

Hektisch mache ich einen Schritt nach vorn und reiße einem perplexen Mailo den Brief aus der Hand, bevor ich mich umdrehe und mit Tränen in den Augen über den Flur renne.