Herzschmerz

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14. Februar 2005

Alter: 19

„Ivy denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?"

„Natürlich ist das eine gute Idee. Du magst Basketball und unser Collegeteam ist eines der Besten."

„Ja, aber nur wegen Chase Lee."

Ein Stich durchfährt mein Herz, bei der Erwähnung seines Namens, mein Blick wandert ohne zu suchen, sofort auf die Nummer 15.

So sehr ich Em vorgab, dass ich über Chase Lee hinweg war, tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich es immer noch nicht war. Selbst nach zwei Jahren.

Ich schlucke den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat herunter.

Das Spiel befindet sich in den letzten fünf Minuten des letzten Viertels.

„Quatsch, ein Team besteht aus fünf Spielern. Nicht die ganze Welt dreht sich um Chase Lee", gebe ich so überzeugend wie ich kann vor mir.

Aber dein Herz Ivy, dein Herz dreht sich immer noch um Chase.

Mein Atem stockt vor Aufregung in meiner Kehle, als ich Chase dabei beobachte, wie er zu einem fadeaway ansetzt.

Die Fans neben mir sind schon aus ihrem Stühlen, bevor er den Ball versenkt und unserem Collegeteam zum Sieg verhilft.

Ich kann nicht anders, als zu grinsen.

„Ivy...", höre ich Em neben mir seufzen.

„Was denn..?", murmele ich, versuche den Schmerz in meinem Herzen, der mich plötzlich überwallt herunterzuschlucken.

Manchmal weiß ich selbst nicht, wie es noch so wehtun kann. Es war zwei Jahre her, aber ich schätze seine erste große Liebe vergaß man nie.

„Es tut dir nicht gut, ihn immer wieder zu sehen. Es wird Zeit, dass du dich wieder mit anderen Jungs triffst. Was ist mit diesem Typen aus deinem Kunstgeschichte Kurs. Er scheint nett zu sein und fragt dich bestimmt schon seit zwei Wochen nach einem Date..."

„Em, er ist überhaupt nicht mein Typ", gebe ich von mir, während meine Augen weiterhin auf Chase gerichtet sind.

Das Spiel ist vorbei und er läuft mit einem Grinsen über das Spielfeld. Mit einem Grinsen, das so viel authentischer ist, als es je gewesen ist, als er mit mir zusammen war. Mir wird schlecht.

„Natürlich ist er dein Typ, Ivy. Er ist dunkelhaarig und hat blaue Augen. Du vergleichst ihn nur zu sehr mit Chase.", gibt sie sanft von sich.

„Aber nicht jeder Kerl ist so ein Arschloch wie Chase Lee", fügt sie hinzu.

Ja, das ist es ja gerade... Keiner ist Chase Lee.

Ich drehe meinen Kopf zu Em, ihre dunkelroten Haare sind zu einem Pferdeschwanz gebunden, während sie mich mit ihren braunen Augen besorgt anschaut. Nicht zum ersten Mal wundere ich mich, wie sie wohl biologisch entstanden ist, denn die Kombination von ihrer Haar- und Augenfarbe hatte ich bis jetzt nur an ihr gesehen.

Sie war selten und nicht so gewöhnlich, wie ich es war.

Vielleicht hätte mich Chase zu seiner Freundin genommen, wenn ich so aussehen würde wie Em?

„Ich weiß, Em", gebe ich mit einem gespielten Lächeln von mir, so als ob es mir gut gehen würde und ich schon längst über Chase hinweg war.

Aber sowohl Em, als auch ich wissen, dass das nicht der Fall ist. Es ist eine unausgesprochene Tatsache zwischen uns. Wir kannten uns jetzt seit 10 Jahren und in der Zeit lernte man den anderen zu lesen.

Ein lautes Gejubel bricht um uns herum aus, gefolgt von Anfeuerungsrufen.

Verwirrt ziehe ich die Stirn in Falten und drehe meinen Kopf wieder zum Spielfeld, noch bevor Em's Worte ihren Mund komplett verlassen können.

„Ivy nicht hin..."

Doch Em ist zu spät. Ich habe sie bereits erblickt und ich kann meinen Blick nicht von ihnen wenden.

Sie hat ihre Beine um seine Hüfte geschlungen, während sie sich leidenschaftlich küssen.

Sie.

Die, die sein Herz geködert hat.

Rachel, die trotz dass sie eine offene Beziehung hatten, immer noch an seiner Seite stand.

Ich wusste, dass es inzwischen ziemlich Ernst zwischen Ihnen war, doch trotzdem tat es so verdammt weh, sie zu sehen. Tat es weh die Leidenschaft zwischen den beiden zu sehen, die kleinen Berührungen wahrzunehmen, wie die Tatsache, dass er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, oder ihre Hand auf dem Flur nahm.

All die Sachen, die er bei mir nie getan hatte. Dennoch hatte ich ihm mein größtes Geschenk gegeben.

Meine Jungfräulichkeit.

Ich konzentriere mich mit all meiner Willenskraft, meine Miene nicht zu verändern, doch der Schmerz muss sich auf meinem Gesicht widerspiegeln, denn plötzlich spüre ich Ems Hand, die meine tröstend drückt.

Chase lässt Rachel herunter und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn.

Es ist nur eine winzig kleine Geste, dennoch zerreißt sie mir das Herz.


I think I fell in love today (Kurzgeschichte)✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt