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Natürlich kam ich trotzdem auf den letzten Drücker an.
Das war bei mir immer so. War wohl einfach persönliches Pech.
Egal wie früh ich los fuhr, wie viel Zeit ich hatte oder wie wenig Verkehr unterwegs war.
Ins Büro kam ich morgens regelmäßig völlig aus der Puste herein gestürzt, weil mal wieder plötzlich eine Straße gesperrt worden war oder der Müllwagen vor mir her fuhr.

Auf dem letzten Stück der Strecke gab es auf der Landstraße einen Rückstau, weil eine Ampel ausgefallen war.
Als ich heute morgen los fuhr, konnte ich das natürlich nicht riechen.

Trotzdem suchte ich als allererstes die Toilettenräume auf, als ich die Hotellobby betrat.
So viel Zeit musste sein.

Meine Haare waren von dem Wind völlig zerzaust, bemerkte ich, als ich in den Spiegel schaute.
Ich sah irgendwie leicht derangiert aus.
Ein bisschen so , als hätte ich das Wort Chaos Queen direkt schon auf der Stirn stehen.

Ich nahm meine Bürste aus meinem schwarzen Lederrucksack und versuchte noch schnell, etwas Ordnung in meine blonden Strohhaare zu bringen.
Schnell zog ich mir notdürftig meinen schwarzen Lidstrich nach und rückte den kleinen Silberring in meiner Nase zurecht.
Kathrin war bereit für das spannende Seminar.

Als ich den großen Tagungsraum des Hotels betrat, waren die meisten Plätze natürlich schon belegt.
Ich war ja spät dran, wie gesagt.
Leider kannte ich auch auf den ersten Blick niemanden.
Wie auch, denn schließlich konnten sich Unternehmen aus ganz Deutschland hierfür anmelden.
Und da eine muntere Gesprächigkeit herrschte, mussten die meisten Teilnehmer mindestens zu zweit angereist sein.
Ach Jessi... Es wäre echt toll gewesen, wenn du wann anders krank geworden wärst.

Schnell stellte ich fest, dass ich mir meinen Platz gar nicht aussuchen konnte, da es Namensschilder gab.
Ich fand meinen Namen und den dazu passenden Sitzplatz eingepfercht zwischen zwei kräftigeren Herren Mitte Vierzig mit wenig Haaren.
Gehörten die irgendwie zusammen oder sahen die sich ganz zufällig nur derart ähnlich?

Beide nickten mir freundlich zu, als ich mich auf meinen Platz setzte.
Während der kräftige Herr zu meiner linken, Martin laut Namensschild, sich und freundlicherweise auch mir Kaffee eingoss, musterte ich die restlichen Seminarteilnehmer.

Ungefähr dreißig Leute waren in diesem Raum.
Mehr Männer als Frauen.
Und natürlich trugen fast alle Herren ein Hemd und ihre besten Lederschuhe.
Richtig spießig! Genau wie die Frauen! Bluse, Hemdbluse, Tunika, Ballerinas.
Ich war die einzige, die eine Jeans mit Rissen trug mit zerlatschten, knallroten Chucks dazu.
Was mir übrigens scheißegal war.
Ich verkleide mich ungerne, ich gehe am liebsten als ich selbst!

Room 122 - Just One NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt