~13~

100 1 0
                                    

Ok, langsam aber sicher kann ich das andauernde umziehen nicht mehr ertragen. Zum Abendessen trage ich nun ein schlichtes hellblaues Kleid. Meine Haare sind offen und ich trage keinen Schmuck, da mir nicht danach ist. Ich betrete den Speisesaal als eine der ersten und setze mich auf meinen Platz. Charlotte setzt sich nicht viel später neben mich. Sie trägt ein pastellrosafarbends Kleid und ihre Haare zu einem Dutt im Nacken. "Und? Wie ist es gelaufen?", fragt sie interessiert. Ich wollte gerade ansetzten etwas zu sagen, als sich ein roter Schopf in mein Blickfeld schiebt. Tuesday setzt sich neben mich und begrüßt uns. Sie trägt ein Kleid mit einem weißen, trägerlosen Oberteil das in einen bronzefarbenen Rock übergeht. "Ihr seht bezaubernd aus!", sagt sie und lächelt uns an. "Aber du erst", meine ich. "Danke", meint sie. "Ich frage mich ja, warum die Prinzen die sieben eingeladen haben", wirft Charlie ein. "Ich habe da schon so eine Idee", gestehe ich. Ich werde von drei verwunderten Augenpaaren angesehen. Hanna hat sich still neben Charlie niedergelassen und scheibar gehört worüber wir geredet haben. "Nunja, ich musste nach dem Treffen mit den Prinzen in den Krankenflügel", setze ich an. Die Mädchen sehen mich geschockt an. Selbst Charlie wusste davon noch nichts. "Es war nur mein Magen, der kam mit der plötzlichen Vielfalt des Essen nicht klar", lüge ich schnell. Die Gesichter entspannten sich wieder. "Auf jeden Fall wollten die Prinzen wohl nach mir sehen", will ich meine Gedanken ausführen, werde jedoch von einem leisen quieken seitens Charlie unterbrochen. "Darf ich?", frage ich leicht genervt. Sie nickt schnell. "Also als sie in den Krankenflügen kamen, haben sie darüber diskutiert ob sie mich auch nachhause schicken sollen...", sage ich und lasse es auf sie wirken. "Also meinst du...?", fragt Tuesday. Ich nicke nur. Kurz darauf treffen auch die letzten Ladys ein und als das Königspaar erschienen ist und alle geknickst haben, wird serviert.
Ich esse diesmal zwar alles, aber nichts komplett auf. Und ich muss sagen, das Dessert, heute frische Erdbeeren mit Sahne und Schokoladenstreußel, war es echt wert bei den anderen Gängen kürzer zu treten.

Als wir Ladys von Erica zu unseren Zimmern gebracht werden, wende ich mich flüsternd an Charlotte: "Ich komme gleich zu dir, um dir alles zu erzählen, ok?" Sie nickt lächelnd.
Ich betrete mein Zimmer und habe es relativ eilig fertig zu werden. Meine Zofen helfen mir schnell und als ich in meinem Nachthemd da stehe, verabschieden sie sich und gehen. Ich ziehe mir die Schrickjacke wieder über und schlüpfe in die Ballerinas bevor ich die Tür öffne. Was mich auf dem Korridor erwartet, schockt mich ein wenig. Zofen tragen Kleider weg, Ladys liegen sich weinend in den Armen und in dem Chaos erkenne ich auch die Prinzen. Während Jakob etwas unbeholfen versucht die Ladys zu trösten, erklärt sein Bruder ganz rational, warum sie ausgeschieden sind. Als würde das jetzt helfen. Ich verdrehe leicht die Augen, bevor ich die Tür zu meinem Zimmer leise schließe und mich an der Wand entlang zum benachbarten Zimmer bewege und klopfe. Auf ein herein öffne ich die Tür einen Spalt weit, drücke mich durch diesen und schieße sie hinter mir.

"Hey, was ist den da draußen los?", begrüßt mich eine fröhliche Charlie, die genauso gekleidet ist wie ich und im Schneidersitz auf ihrem Himmelbett sitzt. "Die Abreise der sieben wird vorbereitet", antworte ich ihr kurz und setze mich zu ihr. "Also wirklich", meint die Französin. Ich nicke stumm. Nach einer Weile des Schweigens greift sie das Thema auf, weshalb ich überhaupt da bin: "Wie wars denn?" "Also Charlie, ich muss dir erstmal was beichten", fange ich an. Sie sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Als ich im Krankenflügel war, war das nicht wegen meinem Magen", erzähle ich. Der Blick wandelt sich sofort in einen eher besorgten Gesichtsausdruck. "Was war los, Beth?", fragt meine Freundin. "Also, letzte Nacht hatte ich einen Unfall...", beginne ich, "Ich war in der Bücherei und da bin ich auf Prinz Jakob getroffen." "Was?", unterbricht sie mich geschockt. "Psst!", warne ich sie und lege meinen Finger an die Lippen, während ich eine Weile lang die Tür an starre. Als sich nichts tut wende ich mich wieder ihr zu. "Also, auf jeden Fall war ich total überfordert mit der Situation und bin dann weggelaufen. Und auf der Treppe bin ich dann abgerutscht und habe mir beim Sturz ordentlich die Rippen geprellt", erzähle ich fertig.
"Oh Gott! Aber dir geht es gut?", erkundigt sie sich. Ich nicke. "Also zusammenfassend: du kanntes den Prinzen schon vorher und er wollte dich näher kennen lernen. Vermutlich macht er sich Vorwürfe, dass er an deiner Verletzung Schuld ist und kümmert sich deshalb um dich", meint sie. Ich nicke: "Auch wenn ich hoffe, dass er mich wirklich näher kennen lernen will." "Ist da etwa jemand verliebt?", stichelt die Französin grinsend. "Ich habe mich nur etwas verguckt, aber da bin ich nicht die einzige. Im ganzen Land werden die beiden doch angehimmelt", verteidige ich mich. "Ja, aber du hast eine reelle Chance", stellt Charlie fest, "Also, wie war das Date?" Ich verdrehe genervt die Augen. "Erstens war es kein Date, wir haben uns nur getroffen um uns kennen zu lernen", als ich das sage, schaut mich Charlotte mit diesem Sicher!-Blick an, "und zweitens war es ganz schön." Die Erwartung in ihren Augen zwang mich förmlich weiter zu erzählen.  "Naja, er hat mich abgeholt und auf einen Balkon mit einer atemberaubenden Sicht auf den Palastgarten gebracht. Wir haben Tee getrunken, Küchlein gegessen und uns unterhalten. Er wollte mehr über mich wissen und ich habe hauptsächlich geantwortet. Naja, er hat mir ein paar Komplimente gemacht und mich teilweise echt überfordert. Ich wusste echt nicht wie ich darauf reagieren sollte", erzähle ich und werde zum Schluss hin etwas rot. "Süß", befindet Charlie, "Ich glaube ihr zwei seit für einander geschaffen." "Ach, komm schon! Nach einem Treffen?", sage ich etwas mutlos. Ja, ich habe mich in den Prinzen verguckt, aber das heißt ja noch lange nicht, dass er wirklich Interesse an mir hat. Ich meine er kann das alles auch nur aus Mitleid machen. Ich bin ja ganz froh noch hier zu sein, schließlich greife ich dadurch meiner Familie unendlich unter die Arme, aber wenn es vorbei ist? Was dann? "Beth, du sollest ins Bett. Bis morgen", verabschiedet sich meine Freundin besorgt von mir. Sie umarmt mich noch einmal zum Abschied und ich verlasse ihr Zimmer.
Auf dem Flur räuspert sich jemand hinter mir. Wie vom Blitz getroffen reiße ich meinen Kopf hoch und drehe mich um. Es war doch tatsächlich der König. Ich knickse sofort tief. "Stehen Sie auf, Lady Elisabeth", weist er mich an. Ich tue wie mir befohlen. "Lady Elisabeth, ich weiß zwar nicht warum Sie im Zimmer ihrer Konkurrentin waren, ich hoffe Sie führen nichts im Schilde, aber ich bin froh Sie zu treffen." Darauf folgt ein kurzes Schweigen. Dann redet der Regent Illeás weiter: "Sie sind sich sicherlich im Klaren darüber, dass Sie eine der wenigen Ladys der unteren Kasten sind. Dies hat einen gewissen Grund, den ich Ihnen sicher nicht zu sagen brauche. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie bereits ein Treffen mit meinem Sohn Jakob hatten. Ich möchte sie warnen. Werden Sie einem meiner Söhne den Kopf verdrehen, kann ich nicht dafür garantieren, dass Sie noch lange unter uns weilen. Und das wäre doch zu schade für ihre Familie, nicht wahr?", während er mir diese Rede vorträgt, stolziert der König um mich herum. "Gute Nacht, Lady Elisabeth", verabschiedet er sich von mir. "Gute Nacht, eure Majestät!", erwidere ich und gehe in mein Zimmer. Ich fühle mich so aufgewühlt. Warum? Ich muss dem König folge leisten. Für meine Familie, für mich und für Jakob.

Selection - No ChoiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt