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Ich schließe meinen besten Freund in die Arme. "Was ist los Sissi?", fragt er mich und wir setzen uns auf die Mamorbank. "Ich muss mit jemandem reden und du kennst und verstehst mich", erkläre ich mich. "Du warst heute morgen nicht im Schutzraum, wo wart du?", spricht er gleich eines der Themen an. "Ich war in der Bibliothek. Ich konnte nicht mehr schlafen, habe mich fertig gemacht und bin in dann dort hin. Da habe ich Holly getroffen und wir haben geredet, bis wir einen Schuss gehört haben. Wir haben uns dann in den Bänken versteckt", erzähle ich, "Ich weiß nicht, wie lang es gedauert hat, bis ein paar Rebellen gekommen sind." Die Erinnerung treibt mir Tränen in die Augen. Chris streichelt beruhigend meinen Rücken. "Sie haben die Bibliothek durchsucht, uns aber nicht gefunden. Dann... dann gab es eine Schießerei", erzähle ich unter Tränen, "Und... eine Leiche... Sie ist auf meine Kiste gefallen. Ich weiß nicht, wann wir da rausgeholt wurden, aber es muss nach acht gewesen sein." "Komm her", meint Chris und umarmt mich. Ich weine mich an seine Schulter aus. Als ich mich beruhige, sehe ich auf seinen Anzug. "Oh nein, ich versaue dir das Jackett", stelle ich fest. "Halb so schlimm, kann man waschen", winkt mein bester Freund ab. Ich leg meinen Kopf auf seiner Schulter ab und genieße die Stille.

"Da ist doch noch was. Irgendwas willst du mir noch sagen", bricht Chris das Schweigen. "Naja, also, ähm" druckse ich herum. "Sissi?", fragt er in einem Tonfall, der eine ehrliche Antwort verlangt. "Chris, du musst das aber für dich behalten, ja?", bitte ich ihn und halte ihm meinen kleinen Finger hin. Er hakt seinen ein und schaut mir in die Augen. "Du nimmst es mit ins Grab?" – "Ich nehme es mit ins Grab", bestätigt er. Ich lege meine Hände in den Schoß und atme einmal tief durch. „Also", beginne ich, "Ich weiß ich kenne ihn noch nicht lange und auch nicht gut und ich behandle ihn auch nicht so, als würde ich gerade die Wahrheit sagen und es ist mir wirklich wichtig, dass du ihm das nicht sagst, denn ich bezweifle, dass er auch so über mich denkt, aber... ichhabemichinPrinzJakobverliebt!" "Warte, was?", fragt Chris mit gleichzeitig zusammen- und hochgezogenen Augenbrauen. Es sieht echt komisch aus und ich muss mir ein Lachen verkneifen. "Ich habe mich verliebt. In Prinz Jakob", gebe ich den Inhalt meiner Aussage wieder. Auf dem Gesicht des aschblonden jungen Mannes breitet sich ein Lächeln aus. "Was?", frage ich leicht eingeschnappt und schiebe die Unterlippe leicht vor. "Nichts, ich freue mich nur für dich", meint er und lächelt mich an. Na toll, was soll ich denn jetzt daraus schließen?

Chris hat mich wieder in mein Zimmer gebracht. Ich habe ihm nichts von der Drohung des Königs erzählt, da ich ihn nicht in Schwierigkeiten bringen will, aber die Quittung in Form eines erdrückenden Gefühls hat natürlich nicht auf sich warten lassen. Ich sitze inzwischen mit Kate und Zoe auf dem Balkon und wir spielen "Mensch ärgere dich nicht". Der Appell des Titels wird von Kate komplett übergangen, die immer wieder fluchend und schimpfend in Kauf nimmt, dass ich sie bei jeder Gelegenheit schamlos rausschmeiße. Trotzdem lachen wir viel und ich bekomme natürlich auch eine Retourkutsche nach der anderen. Anne sitzt auf meinem Bett und näht. Ich habe zusammen mit meinen Zofen ein Kleid designet, was ich so wenn ich hier in meinem Zimmer bin, anziehen kann. Es klopft. Ich fahre wieder vollkommen verschreckt zusammen. Kate streichelt mir beruhigend den Arm, während Zoe aufsteht und die Tür öffnet. Davor steht Falco. Das hatte ich ja ganz vergessen. "Oh, principessa! Es tut mir so leid was heute früh passiert ist. Aber schieben wir das zur Seite und widmen wir uns dem eigentlichen Grund meines Besuchs. Ich hörte ihr wollt wieder eure natürliche Haarfarbe?", redet der Italiener drauf los. Ich nicke lächelnd.
Ich will kein Mitleid, für das was passiert ist, anderen geht es viel schlimmer. Ich meine zum Beispiel die Soldaten, die bei solchen Angriffen ihr Leben für Leute, wie mich lassen und wenn sie überleben, nicht mal um ihre Kameraden trauern können. Ich meine ich habe so ein Glück hier zu sein. Ich kann sorglos essen und trinken, ohne mir Gedanken machen zu müssen, dass meine Geschwister nichts mehr abbekommen. Meine Familie bekommt Geld und ich eine medizinische Versorgung, solange ich hier bin. Die Rebellen sind nun mal die Kehrseite. Und die nehme ich gerne an, für all das, was mir hier ermöglicht wird.

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