Kapitel 4

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Platsch! Zum zweiten Mal in so wenigen Stunden, landete Yara in kaltem Wasser. Es dauerte eine Weile bis sie sich wieder an die Wassertemperatur gewöhnte.

Verdutzt sah sie sich um. War sie wieder Zuhause? Das Wasser war salzig wie das Meer und ein Haufen bunter Fische schwamm um sie herum. Als sie jedoch zu den Fischen hinschwamm, um sie zu begrüßen, konnte sie nicht zu ihnen gelangen.

Es war als würde eine durchsichtige Wand sie von den Fischen fernhalten wollen. Immer und immer wieder versuchte sie es, prallte aber jedes Mal ab. Yara schwamm herum und versuchte auf einer anderen Seite zu den Fischen zu gelangen. Aber jedes Mal schwamm sie gegen noch so eine durchsichtige Wand.

Schließlich gab Yara auf. Nein, dass hier war nicht ihr Zuhause. Sie erkannte, dass diese durchsichtige Wand einen Käfig für sie darstellte, damit sie nicht entkommen konnte.

Da bemerkte Yara an einer der Wände eine seltsame eine Bewegung. Vorsichtig schwamm sie darauf zu, wohl wissend, dass dort die Wand war, die sie aufhalten würde.

Da waren Menschen. Aber sie schienen nicht wie sie im Wasser zu sein. Ihre Haare waren trocken und blieben unbewegt am Boden – so lange konnten Menschen die Luft nicht anhalten. Yara wusste das aus Erfahrung, sie hatte sie oft genug beobachtet, wenn sie tief unten nach Perlen und Muscheln suchten.

Aus staunenden Augen sahen die Menschen Yara an. Einige der jüngeren, Kinder, deuteten aufgeregt mit ausgestrecktem Finger auf sie und sprachen etwas, doch Yara konnte sie nicht hören. Immer mehr Menschen kamen zu den anderen und starrten sie an.

Mit einem Mal fühlte Yara sich sehr verletzlich. Wie ein Insekt unter einer Lupe. Der Ort war ihr so vollkommen fremd und dann waren da diese Menschen, die sie keine Sekunde aus den Augen ließen. Verzweifelt sah sie sich um. Sie wollte sich verstecken. Einen Ort finden, an dem die Menschen sie nicht sehen konnten. Weiter unten im Wasser entdeckte Yara einen größeren Felsen.

Am liebsten wäre sie schnell dorthin geschwommen, aber ihre Erfahrungen mit den Wänden ließen sie vorsichtiger sein. Langsam schwamm sie auf den Felsen zu und war sehr froh, dass sie den Weg zum Felsen ungehindert schaffte.

Yara verkroch sich und rollte sich wie ein Embryo zusammen. In dieser Ecke war es schön dunkel.

Es erinnerte sie an das Schiffswrack, dass sie vor wenigen Stunden entdeckt und erforscht hatte. Da war sie noch glücklich. Da war sie Zuhause. Wieso hatte sie nur unbedingt dieses Schiff sehen wollen? Wäre sie doch einfach nach Hause geschwommen, dann wäre sie nie in dieser misslichen Lage gelandet.

Endlich ungestört vor den Menschenaugen, liefen Tränen über Yaras Wangen. Es war ein gutes Gefühl den Tränen endlich freien Lauf lassen zu können. Langsam entspannte Yara sich und sie versuchte sich zusammenzureißen. Es musste einfach einen Weg hier raus geben.

Also du fängst jetzt an zu schwimmen, um herauszufinden, wie groß dein Gefängnis ist. Ignorier die Menschen einfach! Vielleicht gibt es doch irgendeinen Weg hinaus und wenn nicht wird dir bestimmt auch etwas einfallen. Du kannst nicht einfach aufgeben und den Rest deines Lebens wie ein Vogel im goldenen Käfig sitzen!

Entschlossen wischte Yara sich die Tränen aus ihrem Gesicht und schwamm nach oben. Sie schwamm jede Wand ab, untersuchte jede Ecke. Aber da war nur Glas zu finden.

Als Yara ganz nach oben schwamm, durchbrach sie die Wasseroberfläche. Sie atmete die salzige Luft des Meeres. Doch als sie sich hier oben umsah, entdeckte sie wieder nur Wände und oben drüber ein Gitter aus Metall. Durch das Gitter kam die Meeresluft hier hinein. Doch sie würde nie hinaus können.

Yara machte kehrt und schwamm wieder nach unten, zurück zu dem Felsen. Dabei bemerkte Yara nicht, dass sie beobachtet wurde. Und zwar nicht nur von den Menschen vor dem Glas.

The Great EscapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt