Es war Evan, der Fischerjunge. Zum dritten Mal begegneten sie sich. Yara sah, dass er einen metallenen Kübel neben sich am Boden stehen. Was da wohl drin war. Yara sah zu, wie Evan in den Kübel griff und im nächsten Moment landete etwas vor ihr im Wasser.
Zögerlich, aber neugierig schwamm Yara auf das Ding zu und wich aber erschrocken zurück, als sie erkannte was es war. Evan hatte einen toten Fisch in ihr Becken geworfen.
Angeekelt schnappte sich Yara den Fisch und warf ihn zurück. Dass er dabei ausgerechnet in Evans Gesicht landete, hatte sie nicht geplant, trotzdem fing sie an zu lachen, als sie sein verdutztes Gesicht sah.
Wütend ließ Evan den Kübel stehen und verließ die Plattform.
„Was hast du gemacht, du flügellose Schnecke?", rief plötzlich Amadahy, die unbemerkt hinter Yara aufgetaucht war. Yara erschrak und drehte sich zu der Wasserfee um.
„Das war doch mein Abendessen!"
„Du isst Fische?", fragte Yara entsetzt und angeekelt.
„Eine Delikatesse. Hast du das noch nie probiert?"
„Tut mir leid, aber ich rede mit Fischen. Sie sind doch lebendige Wesen. Ich könnte nicht annähernd auf die Idee kommen, einen von ihnen zu essen."
„Dann bist du also eine Vegetarierin? Hm, Meerjungfrauen sind komisch."
„Das hat doch nichts mit Vegetariern zu tun! Und außerdem, wir sind komisch?? Wenn hier jemand komisch ist, dann sind das wohl immer noch Wasserfeen."
„Pfff.", zuckte Amadahy die Schultern. „Trotzdem hast du mich um mein Abendessen gebracht."
„Tut mir leid. Aber du könntest doch auch mal Algen probieren."
„Algen?? Und wo bitte willst du hier Algen herbekommen? Wir sind nicht mehr im Ozean. Wach auf kleine Meerjungfrau. Dieser Käfig wird zwei Mal in der Woche gereinigt. Algen haben hier nicht die geringste Chance. Und sonst findest du nur Plastikpflanzen und Steine. Du kannst das Zeug gerne probieren, wenn du willst. Ich glaube aber nicht, dass es schmeckt, geschweige denn kannst du es verdauen."
„Oh.", sagte Yara entsetzt und schaute noch einmal zu dem Eimer hinauf. Musste sie hier wirklich Fische essen?
„Mach dir nichts draus, der kommt sicher wieder.", brummte Amadahy und tauchte wieder ab.
Tatsächlich dauerte es nur wenige Minuten, bis Evan wieder zurückkam. Er hatte einen zweiten Kübel bei sich. Yara wurde schlecht. Sicher waren in dem Kübel auch Fische und die waren bestimmt für sie gedacht. Sie konnte keine Fische essen!
Sie tauchte ab und schwamm zu Amadahy.
„Essenszeit.", brummte sie leise und verkroch sich in einer Ecke. Sie würde bestimmt nicht zusehen wie Amadahy Fische verzehrte und sie selbst hungerte lieber, als auch nur einen davon zu probieren.
Amadahy blieb eine Sekunde stehen und sah sie mit schiefem Kopf an. Dann zuckte sie die Schultern.
„Dann bleiben eben mehr Fische für mich.", grinste sie und schwamm nach oben.
Yara blieb in ihrer Ecke hocken und wartete, dass Amadahy wieder zurückkam.
Lange Minuten saß sie da und versuchte sich nicht vorzustellen, wie Amadahy ihre Fische aß.
Plop! Um sich abzulenken legte Yara sich auf den Rücken und ließ Luftblasen nach oben steigen. Da stupste sie jemand an der Flosse an.
„He du flügellose Schnecke. Da schwimmt grüner Salat oben, der ist wahrscheinlich für dich. Schmeckt ekelhaft, hab schon versucht.", sagte Amadahy und schauderte vor Ekel.
Yara sah auf.
„Keine Fische mehr?"
„Glaubst du ich hätte dir welche übrig gelassen?"
„Nein?"
„Jetzt geh schon, sonst verwelkt der Salat."
Yara schwamm nach oben. Tatsächlich. Da schwamm eine Alge auf der Wasseroberfläche. Grüner Salat? Yara kicherte in sich hinein. Dann schnappte sie sich die Alge und biss genüsslich hinein.
Sie schmeckte zwar nicht so gut wie Zuhause – irgendwie fehlte das Salz – aber gegen Fisch war das ihr Leibgericht.
Glücklich schwamm Yara wieder zum Boden des Aquariums und ließ sich auf einen Haufen Steine fallen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass sie dabei den Bodenbelag aufwirbeln würde.
Hustend setzt Yara sich wieder auf und sah auf die Stelle, die sie soeben frei gelegt hatte. Dort war etwas, das aus dem Sand herausragte.
DU LIEST GERADE
The Great Escape
FantasyVor vielen, vielen Jahren, als es noch Fabelwesen in der Welt gab, lebte eine Meerjungfrau namens Yara. Sie lebte in den wärmeren Gewässern der Karibik. Sie liebte ihre Heimat und das Wasser, aber sie verbrachte auch sehr viel Zeit an der Wasserober...