Chapter 5

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Ein mir bekanntes Kinderlachen ertönt. Und es ist besonders, weil man es in diesem Haus nicht oft zu hören bekommt. Automatisch steigt auch meine Laune und glücklich laufe ich in die Küche in der Hoffnung Ausnahmsweise mal mit der gesamten Familie in Frieden am Tisch sitzen zu können und ohne Streitigkeiten zu essen. Zu Beginn der Konversation erschien auch alles noch recht harmonisch. Meine Mutter fragt mich, wie ich mit den Hausaufgaben vorankomme. „Ich habe echt zu viele Vokabeln für Spanisch zu lernen". Während sie mir über meinen Kopf strich,  antwortet sie mir: „Ach du bist immer so fleißig. Ich bin so stolz auf dich."    Diese Aussage lässt mich innehalten. Sowas hatte sie noch nie zu mir gesagt, geschweige denn mir gezeigt. Verwirrt blicke ich also zu ihr auf und beobachte erschrocken, wie sich etwas in ihrem Gesicht tut. Die Mundwinkel verziehen sich übermäßig nach oben zu einem bösartigen Lächeln. Ihre Gesichtsform ändert sich von klein und rundlich zu unnatürlich lang und auch die Farbe wirkt nun gefährlich rot. Wenn ich sie jetzt anschaue, kann ich nur an eine Art Teufel denken und die Angst überkommt mich. Laut aufschreiend renne ich aus der Küche, werfe einen letzten Blick über die Schulter und kann nur noch ihre unnatürlich langen Arme nach mir greifen sehen, bis ich endlich aufwache.

Erschrocken, schwer keuchend, setze ich mich in meinem Bett auf. Erneut hat mich ein Alptraum heimgesucht, der mich mit einem unguten Gefühl in den Tag starten lässt. Ich versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bringen, atme tief ein und aus.Doch Zeit, um darüber nachzudenken, bleibt mir nicht, denn: Ich bin wieder mal zu spät. Dementsprechend springe ich förmlich aus dem Bett und eile ins Bad um schnell zu duschen und das Zähneputzen abzuhaken. Ein Outfit zu finden, fällt mir nicht schwer, da es eh auf eine all-black Kombination hinauslaufen wird. Daher bin ich in Windeseile umgezogen und schon auf dem Weg zu meinem Motorrad.

Mein Bauchgefühl sagt mir, dass heute etwas anders ist. Während ich zur Schule fahre und die Umgebung betrachte, fallen mir die unbedeutendsten Kleinigkeiten auf. Vielleicht sind es die wenigen Wolken am Himmel, vielleicht die wenigen Sonnenstrahlen, die zwischen den Blättern der Bäume hindurch strahlen oder vielleicht auch die Hundewelpen aus der Nachbarschaft, die heute verdächtig ruhig sind. Oder ich lasse mich von meinem Träumen der letzten Nächte beeinflussen, denn das Bild meiner Mutter hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt und scheint mich nicht loszulassen. Sie sah genauso aus wie an dem letzten Tag, an welchem wir uns gesehen haben. Die Haare nach hinten geflochten, tiefe Schatten unter den Augen, die einen tristen Ausdruck von sich gaben und kleine Falten im ganzen Gesicht.

Erneut schaue auf die Uhr , nur um festzustellen, dass ich es in diesem Tempo nicht rechtzeitig schaffen werde und drücke heftig aufs Gas, was mich nur etwa zehn Minuten zu spät kommen lässt. Hastig begebe ich mich zu meinem Spanischkurs, setze mich auf meinen gewöhnlichen Platz in der letzten Reihe und steige einfach in die Aufgaben mit ein, soweit meine Konzentration es zulässt.

Es klingelt zur Pause und ich bin mal wieder einer der ersten, der den Raum verlässt. Auf dem Weg zu meinem Schließfach treffe ich Jordan, den ich mit einem Handschlag begrüße. "Kommst mit eine rauchen?" fragt er mich, was ich mit einem Nicken bestätige und wir uns somit zu dem Raucherbereich unserer Schule begeben. Bevor wir schon angekommen sind, fällt mir Derek dort auf. Ich kann diesen Typen irgendwie echt nicht leiden und meide ihn daher wenn möglich. Dennoch stellen wir uns, mit genügend Abstand, auch dazu. Ich zünde meine Kippe an und inhaliere den Rauch. Grundsätzlich bin ich kein Dauerraucher, aber die ein oder andere Zigarette genehmige ich mir wohl. Aus dem Augenwinkel betrachte ich wie Derek mit einem Mädchen redet und sie immer weiter in die Ecke drängt. Ich höre von ihr ein leises: „Lass mich bitte gehen", worauf Derek nur ein lüsterndes Schnauben von sich gibt. Ich kann sehen, wie seine Hand sich an ihrem Bein hocharbeitet und das Mädchen, Ashley glaube ich, ihn noch einmal leise bittet: „Derek, lass es bitte". Und das ist zu viel für mich. Meine halb aufgerauchte Zigarette schmeiße ich auf den Boden und mache zwei große Schritte, bis ich bei den beiden angekommen bin und Derek an seinem Kragen von Ashley wegziehen kann. Meine Stimme ist gefährlich leise, als ich zwischen zusammengebissenen Zähnen von mir gebe: „Du sollst sie in Ruhe lassen."
„Sonst was?" kontert er frech. Ich weiß, dass er mich nur provozieren will, aber gerade pumpt einfach zu viel Adrenalin durch meine Adern, um klar denken zu können. Ich weiß aber auch, dass ich mir nicht noch einen Besuch beim Rektor erlauben kann. Meinen Blick fokussiere ich wieder auf Derek, der gerade in dem Moment ausholt und mich an meinen Schultern kräftig nach hinten schubst. „Huh Ashton, ich weiß wie gerne du mir jetzt eine reinhauen würdest. Kommst ganz nach deinem Vater, was?". Dieses Arschloch ist einer der wenigen, der meine Vergangenheit zumindest etwas kennt. Derek und ich waren vor der Highschool noch befreundet und einmal hatte ich ihm vom Verhalten meiner Eltern erzählt, danach aber realisiert, dass ich diese lieber niemandem anvertrauen sollte und mich eher verschlossen zu halten. Und genau diese Information verwendet er jetzt gegen mich.

Meine Augen wandern schnell durch die Gegend, doch glücklicherweise befinden sich nur die typischen Raucher hier, die ihre Aufmerksamkeit natürlich auf uns gerichtet hatten. Meine Atmung wird schneller und unkontrollierter und ich merke auch, wie meine Hände zu zittern beginnen. Jetzt kann ich mich auch nicht mehr zurückhalten und hole aus, um direkt auf Dereks Wange zu treffen. Sein Kopf schellt zur Seite und als ich den hasserfüllten Blick aus seinen Augen sehe, bereue ich es jetzt schon überhaupt hergekommen zu sein. Derek springt förmlich auf mich drauf und begräbt mich unter seinem schweren Körper. Ein oder Zwei Schläge kassiere ich, ehe ich es schaffe uns umzudrehen, sodass ich nun die Oberhand habe. Ich haue von der Seite gegen seinen Bauch und merke gar nicht, dass ich wie in einer Art Rausch bin. Wie durch Watte höre ich Jordan meinen Namen rufen, doch realisiere das erst, als er mich packt und von Derek wegzerrt. ich schaue auf meine Hände mit den blau angelaufenen knöcheln und dann auch Derek, der sich gerade mit Hilfe seines freundes vom Boden aufrappelt. Seine Lippe ist aufgeplatzt und Blut läuft aus seiner Nase, was mich dazu führt mich zu wundern, wie ich wohl aussehe.

Jordan dreht mich zu sich und fragt mich etwas aufgebracht. „Alter, was hast du dir dabei gedacht?". Ich zucke nur mit den Schultern. Er fragt mich erneut: „Geh dich waschen, ich tische Ms Dollan schon irgendeine Ausrede auf."
„Danke man.", sage ich nur kurz gebunden, klopfe ihm einmal auf die Schulter und gehe rein, um mein Gesicht zu waschen.

Noch während ich da im Bad so stehe und mein Gesicht unter die Lupe nehme, was wirklich nicht so übel aussieht, ertönt die Durchsage : „Ashton Brown bitte ins Sekretariat. Ashton Brown bitte.", hoffentlich ist es nicht wegen der Schlägerei, denk ich mir . [...]

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[11.04.20]
Was macht Ashton da nur und was will der Rektor wirklich von ihm?
erste Tipps?

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