Kuba one shot für Dich ♥

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 „Entschuldigen Sie bitte die Störung. Mein Name ist Jakub Blaszczykowski. Ich suche eine junge Frau Namens (Y/N).“ misstrauisch höre ich in den Hörer hinein, lausche der nicht akzentfreien Stimme, die in mein Ohr klingt. „Müsste ich sie kennen, Herr Blaszczykowski?“

Ein erleichterter Laut verlässt den Mann am anderen Ende der Leitung. „Es tut mir wirklich Leid Sie zu stören, Frau (Y/L/N). Ich bin wahrscheinlich der Letzte, mit dem sie reden möchte, aber ich musste sie anrufen. Mit der Gefahr, dass sie gleich einfach auflegen werden, werde ich ihnen gleich erzählen, woher sie mich kennen oder besser gesagt, woher ich sie kenne. Aber ich bitte sie, legen sie nicht auf.“

Er scheint auf eine Antwort zu warten, aber ich gebe ihm keine. Ich will hören, was er zu sagen hat. Will wissen, woher mich der Fremde kennt. „Gut, ok. Sie kennen mich von ihrem Autounfall. Ich… ich bin der andere Teilnehmer des Autounfalls.“

Bei seinen Worten erstarre ich zur Salzsäule. „Wieso rufen sie mich an!?“ keife ich giftig in das Stück Hartplastik, welches ich nun hart gegen meine Ohrmuschel presse. „Ich möchte mich entschuldigen.“ flüstert er. Die Vorsicht in seiner Stimme ist noch hörbarer geworden.

„Entschuldigen!? Sie möchten sich entschuldigen!? Für was denn genau!? Das sie in mein Auto hinein gefahren sind und es vollkommen zerstört haben?! Das sie mich ins Krankenhaus befördert haben!? Das sie daran Schuld sind, dass ich im Rollstuhl sitze? Das ich die Hüfte abwärts gelähmt bin!? Das mein Mann mich verlassen hat, weil er mit keinem Krüppel zusammen sein will!? Das ich jetzt allein bin, meinen Beruf, den ich über alles geliebt habe, aufgeben musste, weil ich ihm im Rollstuhl nicht ausüben kann!? Das mich alle so behandeln, als wäre ich kein richtiger Mensch mehr?!

Suchen sie es ruhig aus, Herr Blaszczykowski. Suchen sie sich ruhig aus, für was genau sie sich bei mir entschuldigen wollen.“

Heiße Tränen fließen meine Wangen herunter. Ich rede nicht viel darüber, wie meine jetzige Lage ist, fresse es lieber in mich hinein. So genau habe ich es noch nie von mir gegeben. Meine Stimme ist lauter geworden, ins unermessliche gestiegen. „Bitte, lassen sie uns reden. Es tut mir so unendlich Leid, was ich getan habe. Ich stehe vor ihrem Haus. Bitte lassen sie mich rein. Ich möchte mich mit ihnen gern unterhalten, ihnen sagen, wie unendlich Leid es mir tut. Bitte.“

„Von wo zur Hölle haben sie meine Telefonnummer und meine Adresse?“ Misstrauisch ziehe ich meine Stirn in Falten, spüre, wie meine Augenbrauen sich in die Mitte ziehen. „Von meinem Anwalt. Ich habe ihn gebeten, sie mir zu geben, weil ich mich einfach persönlich entschuldigen möchte. Da sie zu keiner Verhandlung gekommen sind, nur ihren Anwalt geschickt haben, hatte ich nicht die Möglichkeit, mich bei ihnen persönlich zu entschuldigen. Bitte, lassen sie mich hinein, (Y/N).“

Ohne weitere Worte von ihm entgegen zu nehmen, breche ich den Anruf ab, lege das schnurlose Telefon wieder an seinen Platz. Was denkt sich dieser Mann eigentlich!? Er versaut mir mein Leben in nur wenigen Momenten und denkt nun wirklich, dass ich ihn sehen möchte?

Aber ich muss ihn sehen. Ich muss den Mann, der mir alles genommen hat, zu mindestens ein einziges Mal in die Augen sehen. Nur einmal sehen, wer mich innerlich getötet hat. Ich richte meinen Rollstuhl in Richtung der Haustür, lege meine Hände an die Räder und bewege mich zur Haustür fort. Ich öffne sie, platziere mich im Türrahmen und sehe mich draußen um.

Ein teuer aussehendes Auto steht in der Auffahrt, mit verdunkelten Scheiben.Das ist nicht mehr der Wagen von dem Unfall. Wahrscheinlich war das Fahrzeug auch vollkommen zerstört worden. Als er mich sieht, öffnet er die Autotür, steigt aus und läuft kleinen Schrittes auf mich zu. „Ich danke ihnen.“ Sind die ersten Worte, die er mir persönlich gibt. Er streckt seine Hand aus,als er direkt vor mir steht, die ich aber nicht ergreife. Ich rolle zurück, sodass er in mein Haus treten kann und bahne meinen Weg vor in die Küche.

„Möchten sie einen Kaffee?“ ich wende mich nicht zu ihm, während ich zur Kaffeemaschine rolle. „Das wäre sehr freundlich.“ Polnisch. Sein Akzent klingt definitiv polnisch. „Ich hätte sie nicht hinein lassen sollen.“ Gebe ich von mir,nachdem der Kaffee durchgeflossen ist und ich ihm eine Tasse reiche. „Glauben sie mir, es tut mir unglaublich Leid. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, würde ich es tun, ich schwöre es ihnen. Ich denke die ganze Zeit an sie. Es tut mir unglaublich Leid, dass ich ihnen das angetan habe, dass müssen sie mir glauben. Das ich ihr ganzes Leben in seinen Mauern erschüttert habe tut mir vom Herzen Leid. Das vom Richter auferlegte Schmerzensgeld ist mir nicht genug, (Y/N). Ich möchte ihnen helfen, auf jede nur mögliche Art und Weise.“

Ich sehe ihn an und sehe keinen bösen Menschen. Ich sehe einfach nur einen Menschen, der zur falschen Zeit am falschen Ort war. Der eigentlich nicht meiner Vorstellung des Menschen gleicht, den ich mir im Krankenhaus vorgestellt habe. Er scheint eigentlich ein Friedliebender Mensch zu sein. Nicht böse. Nur gut.

„Das Geld reicht vollkommen. Dadurch konnte ich mein Haus behindertengerecht umbauen und meine Scheidung wird davon auch noch finanziert werden. Ist schon in Ordnung.“ gebe ich leise von mir, nippe dabei an meinem Kaffee. Unter dem Wimpernkranz hindurch beobachte ich den jungen Mann mir gegenüber, wie er ratlos in der Küche umher sieht. „Nein. Ich möchte ihnen helfen. Es ist mir wichtig. Nicht für meinen Seelenfrieden – in den Himmel werde ich nicht mehr kommen. Aber einfach für mein Gewissen und weil sie mir wichtig sind.“

„Wieso bin ich ihnen wichtig, Herr Blaszczykowski?“ Bei meinen fragenden Blick muss der Mann leise auflachen. „Manchmal braucht es Situationen, die man so nicht haben möchte oder die normalerweise nie so passieren dürften, um Menschen zusammen zu bringen. 

Erlauben sie mir, sie heute Abend auszuführen? Einfach, um sie besser kennenzulernen. Bitte.“

„Ich denke, dass es keine gute Idee ist. Die meisten Restaurants sind eher nicht für Rollstühle gemacht und es ist mir peinlich.“ Wenn ich jetzt noch den Grund wissen würde, weshalb ich so ehrlich zu diesem Mann bin.

Vielleicht ist es wirklich seine Ausstrahlung.

„Ich kenne Eines, das ist definitiv auch für Rollstuhlfahrer geeignet. Sollte sie jemand dumm angucken oder gaffen, werde ich höchst persönlich dafür sorgen, dass er damit aufhört. Bitte. Kommen sie mit mir, (Y/N).“

Ich sehe in seine Augen, die mich so treu und entschuldigend anblicken. Etwas in mir sträubt sich, gerade mit ihm fort zu gehen, aber der andere Teil, der diese harmlose Person vor sich sieht, weiß die Antwort schon längst.

„Gut, ok. Ich fahre mit ihnen Essen.“ 

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