Chapter 4

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Connor nickte zum Takt der Musik. 
„Just beat it." sang Michael Jackson aus dem Radio. Emily hatte ihm ein Mixtape zusammen gestellt. Lange hatte es in seinem Auto gelegen. Unberührt. Nun dachte er sich, er könnte es sich endlich einmal anhören. Das Mixtape war ein Geburtstagsgeschenk von Emily gewesen. Natürlich war er überrascht, dass er ein Geschenk von Emily bekam. Dann war er überrascht, dass es ein Geschenk war, welches so aufwendig herzustellen war. Glücklicherweise hatte Connor einen Kassettenspieler als Radio in seinem Auto. Ein Grund mehr, wieso Emily unbedingt seinen Wagen haben wollte. Er fand es süß, wie ihre Augen aufleuchteten, wenn sie ein altes Auto sah. Ein altes Auto, das sie mochte. Ihre Augen leuchteten immer auf, wenn sie etwas altes sah. Taschenuhr: Augen leuchteten. Plattenspieler: Augen leuchteten. Vinylplatte: Augen leuchteten. Schreibmaschine: Augen leuchteten. Connor's schwarz-weißer Ford Mustang: Augen leuchteten. Es war amüsant. Emily hatte all ihre Lieblingslieder auf das Mixtape gepackt. Die Songs auf dem Mixtape gefielen ihm. Emily's Geschmack war, was Songs anging, sehr gut, aber auch kritisch. Was ihr nicht gefiel, war auch nicht gut. Für Emily gab es nur schwarz und weiß. Entweder gut oder schlecht. Was Musik betraf. Connor kannte Emily noch nicht lange. Erst seit eineinhalb Jahren war er in Oakdale. Das Theater zwischen Emily und Julia hatte er nicht mitbekommen, da er sich erst ein Jahr danach mit ihnen angefreundet hatte. Thomas hatte ihm von dem großen Streit, zwischen den beiden Mädchen erzählt. Den Grund wusste Thomas jedoch auch nicht. Emily verlor kein Wort über den Grund. Genauso wie Julia. Sie beide hielten, was das angeht, den Mund. Wenn es darum ging, Julia bloßzustellen, Emily mit genervten Kommentaren zu kontern oder einen Streit anzuzetteln könnten sie beide nicht den Mund halten. Sowohl Emily als auch Julia. 
Das nächste Lied wurde abgespielt. Connor musste schmunzeln. Es war klar, dass Emily dieses Lied auf das Mixtape packen würde. 
„Should I stay or should I go." summte er. Emily hörte dieses Lied so gut wie jeden Tag. Dass es ihr nicht auf die Nerven ging irgendwann, war ein Wunder. Connor musste lachen. Wie er und Emily Freunde werden konnten, war ihm aus suspekt. Vor allem, da sie Raucherin und er sehr anti gegen Raucher war. So sehr regte es ihn auf, dass seine Mutter Zigarette nach Zigarette rauchte. Es würde sie doch nur krank machen. Alles woran er dachte war seine kleine Schwester Charlotte. Er dachte nur daran, dass es ihr nicht gut tun würde. Es würde sie krank machen. Und im schlimmsten Fall, würde sie auch anfangen zu rauchen. Connor's Griff um das Lenkrad wurde fester. Immer fester. Charlotte war sein ein und alles. Niemals würde er zu lassen, dass seiner kleinen Schwester etwas passieren würde. Er hielt vor seinem Haus an. In der Einfahrt stand das Auto seiner Mutter. Sie war also Zuhause. Connor liebte seine Mutter. Mehr als alles auf der Welt. Sie und Charlotte waren das wichtigste für ihn. Würde ihnen etwas passieren, wäre er am Ende. Er musste sich alleine um sie und seine Schwester kümmern. Sein Vater ist nach Charlotte's Geburt abgehauen mit einer anderen Frau. Vorher schon hatte er Connor's Mutter betrogen und diese wusste das leider auch. Eigentlich hatte Connor keinen Vater gehabt, denn der Mann, der sich seinen Vater nannte, war nie Zuhause gewesen. Nie war er für Connor da. Nie interessierte er sich für Connor. Er war ihm egal. Und das hatte den blonden Jungen ziemlich verletzt. Dass er keinen Vater hatte, der ihm all diese Dinge zeigen konnte. All diese Dinge, die für einen Jungen wichtig waren. Er hatte ihm nie gezeigt, wie sich ein richtiger Mann zu verhalten hatte. Connor's Vater war mit einer einfachen Schlampe durchgebrannt. Eine von diesen Frauen, die Leopardenleggins tragen. Eine von diesen Frauen, die für Geld alles tun würden. Das war der Grund wieso Connor so ein Fuckboy war. Die Gefühle der Mädchen waren ihm egal. Er machte sich an die Mädchen ran, die in seinen Augen Schlampen waren. Sie wollten doch nichts anderes, als flachgelegt zu werden. So wie sie sich anzogen, bettelten sie doch danach. Wegen Mädchen wie ihnen hatte er nie einen Vater gehabt. Es war für ihn wie eine Art Rache. Auch wenn er seinen Vater hasste. Wären diese Frauen nicht gewesen, dann wäre sein Vater vielleicht geblieben. Das dachte er zumindestens. Connor schloss die Tür seines Zuhauses auf. Im Gegensatz zu seinen Freunden hatte er nicht so ein großes Haus. Es war ein kleines braunes Haus, das Ähnlichkeit mit einem Bungalow hatte. Für Connor war es genug. Mit dem Anwesen, das Thomas hatte, konnte er sein Haus nicht vergleichen. Dazwischen lagen Welten. Kaum hatte Connor die Tür aufgeschlossen, schon fiel Charlotte ihm um den Hals.
„Hey, hey, hey. Lass deinen großen Bruder doch erst mal reinkommen, bevor du ihn so umhaust." sagte er und lachte. Seine kleine Schwester schenkte ihm nur ein strahlendes Lächeln. Sie freute sich immer wenn Connor von der Schule kam. Jedes Mal sprang sie im um den Hals.
„Du bist spät." verkündete sie.
„Ich war ein wenig unterwegs." log er. Er war nicht einfach nur unterwegs gewesen, sondern bei einem Mädchen gewesen. In Salida. Die Fahrt dort hin dauerte knapp 45 Minuten. Kein Wunder, dass er erst so spät Zuhause war. Doch seiner Schwester und seiner Mutter gegenüber wollte er das nicht erwähnen. Seine Mutter war sowieso nicht davon begeistert, wie viele Mädchen Connor mit nach Hause brachte. Und seine Schwester war zu jung um es zu verstehen. Ohne weiter drauf einzugehen, nahm er seine kleine Schwester auf den arm und trug sie mit sich in die Küche, wo seine Mutter dabei war das Mittagessen zu machen. Curry mit Reis. Sein Lieblingsessen.
„Hm, Mom das riecht fantastisch." sagte er und gab seiner Mutter zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Die blonde Frau lächelte zufrieden. Auch wenn sie von ihren Mann verlassen wurde und sich alleine durchbeißen musste, waren Connor und Charlotte immer ein Lichtblick für sie gewesen. Für sie beide würde sie alles tun. Solange es ihnen gut gehen würde. Es machte sie unglaublich stolz, wie sehr Connor versuchte seiner Mutter unter die Arme zu greifen. Vor Niemanden hatte Connor so einen Respekt, wie vor seiner Mutter. Sie war eine Kämpfernatur und schaffte es alleine zwei Kinder groß zuziehen. Ohne sie zu fragen, nahm Connor seiner Mutter den Kochlöffel aus der Hand. 
„Komm, ich kümmer mich ums Essen. Du kannst dich auf die Couch legen." Sie sah fertig aus. Connor hatte Schuldgefühle. Den ganzen Tag war er unterwegs gewesen ohne auch nur einmal daran zu denken, dass seine Mutter vielleicht seine Hilfe gebraucht hätte. Schließlich musste sie arbeiten, danach Charlotte aus dem Kindergarten abholen, einkaufen und sich auch noch ums Essen kümmern. Wenigstens Charlotte abholen können, das hätte er tun sollen. Aber er hatte nur an sich und den Spaß gedacht, den er hatte. 
„Tut...tut mir leid, dass ich so spät erst Zuhause bin. Ich hab die Zeit vergessen und...-"
„Und du warst bei einem Mädchen." Sie kannte ihren Sohn besser als jeder andere. Er konnte sie nicht anlügen.
„Mom, ich-"
„Connor, wie lange willst du noch so weiter machen? Du kannst nicht herum laufen und jedem Mädchen das Herz brechen." Es war nicht so, dass sie das ‚Fuckboy-Verhalten' ihres Sohnes nicht mitbekommen hätte. Und es erinnerte sie stark an ihren Exmann. Weshalb sie nicht wollte, dass Connor sich so verhalt. Nicht so wie sein Vater.
„Du bist wie dein Vater." Connor ballte die Fäuste. Das war kein Kompliment. Für ihn war es das schlimmste was man nur zu ihm sagen konnte. Der Begriff ‚Fuckboy' berührte ihn nicht. Aber wenn seine eigene Mutter ihm sagte, er war wie sein Vater, dann fühlte er sich schlecht. Er schämte sich. 
„Willst du so sein wie er?" Sie legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Ohne etwas zu sagen schüttelte er den Kopf. Er hatte seine Mutter enttäuscht. Ich habe sie enttäuscht. Dieser Satz flog durch seinen Kopf. Tränen sammelten sich in seinen Augen. Sie fielen in das Curry. 
„Hey, Tiger. Du brauchst nicht weinen." sagte sie und wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht. Sie war stolz auf ihm. Auch wenn er sich genauso verhielt wie sein Vater. Sie war immer stolz auf ihm. Connor warf seine Arme um den Körper seiner Mutter. Obwohl es ihm  leid tat und er eigentlich seine Mutter nicht enttäuschen wollte, sich ändern würde er nicht. Das wusste er. Doch für seine Mutter würde er versuchen, mehr Zuhause zu sein, ihr noch mehr zu helfen. Plötzlich fing sie an zu husten. Erst leicht, doch dann wurde es immer stärker.
„Mom?" Wortlos zeigte die ältere Frau auf den Schrank im Flur. 
„Charlotte, hol schnell Mom's Medizin." rief er. Sofort lief das kleine Mädchen zum besagten Schrank und holte die kleinen Tabletten heraus. Wie der Blitz kam zu angerannt und übergab die Tabletten ihren großen Bruder. Dieser hatte in der Zwischenzeit ein Glas mit Wasser befüllt und überreicht nun seiner Mutter Tablette und Glas. Mit zitternden Händen nahm sie das Glas und schluckte die weiße Tablette runter. Sie hörte auf zu husten und setzte sich auf einen Küchenstuhl. 
„Ich werde den Tisch decken und das Essen fertig machen. Leg dich jetzt bitte auf die Couch." Ein sanftes Lächeln schlich über die Lippen der blonden Frau. Sie nickte, stand auf und gab ihren Sohn einen Kuss auf die Wange. 
„Ich bin stolz auf dich." sagte sie noch, bevor sie im Wohnzimmer verschwand. Erst lächelte er, doch dann liefen ihm wieder Tränen über die Wangen. Was würde er ohne sie machen. Er war ohne sie verloren. Angst machte sich in ihm breit. Die Angst bald alleine dazustehen mit Charlotte. Denn bald würde er mit Charlotte alleine sein. Mrs. Heaton hatte Krebs. Und es gab nichts was man noch tun könnte. Nichts als die Zeit zu genießen, die sie noch zusammen hatten. Connor wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Der Gedanke daran, seine Mutter zu verlieren, war für ihn unerträglich. Er konnte sich nicht vorstellen wie er Charlotte alleine großziehen sollte. Die kleine Charlotte verstand nicht mal was überhaupt los war. Mit ihren vier Jahren verstand sie nicht was Krebs war und wieso es ihrer Mutter so schlecht ging. 
„Eines Tages werde ich es dir erklären." sagte Connor immer nur, wenn sie fragte was los war. Das kleine Mädchen ahnte ja nicht, dass ihre Mutter bald nicht mehr bei ihr sein würde.

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