Anders

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Hallo und willkommen bei meiner Geschichte!

Disclaimer: Alle Ähnlichkeiten der Charaktere zu real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Die Rechte an dem Musical Elisabeth liegen bei VBW, Sylvester Leavy und Michael Kunze. Ich verdiene hiermit auch kein Geld.

Hoffe es gefällt euch!

Lg Sourislino

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Ich war schon immer anderes.
Im Kindergarten merkten die anderen Kinder schon, dass ich nicht war wie sie. Ich wurde ausgelacht, weil ich nicht zurückschlug, wenn sie auf mich losgingen. Oft bekam ich das enttäuschte Gesicht meines Vaters zu sehen, weil ich mich weigerte hinauszugehen, um mit den anderen Jungen Fahrradrennen zu fahren und lieber in meinem Zimmer blieb, um mich mit meinen Büchern zu beschäftigen.
Sein ganzer Stolz war mein älterer Bruder, er machte alles, was mein Vater von einem Sohn erwartete. Nicht nur einmal kam er mit einem blauen Auge und zerrissener Hose nach Hause. Mein Bruder hatte im Gegenteil zu mir, auch viele Freunde, die er oft mit nach Hause mitbrachte.
Wenn der Garten voller Jungen war, die sich gegenseitig mit Erde bewarfen, sich fast umbrachten und Krieg spielten, saß mein Vater auf der Terrasse und sah ihnen lächelnd zu. Ab und zu rief er meinem Bruder noch Tipps zu, wie er den Arm halten musste, um die Erde weiter zu schmeißen. Manchmal beobachtete ich meinen Vater vom Wohnzimmerfenster aus, wie er meinem Bruder beim Rangeln zusah und einen vollauf zufriedenen Gesichtsausdruck aufsetzte. Ich verstand einfach nicht, was an dem ganzen Herumgerenne und Geschreie so toll sein sollte. An manchen Tagen, wenn mein Vater auf der Terrasse saß, bemerkte er mich, wie ich zusammengekauert auf der Couch saß, mit einem großen dicken Buch in der Hand. Dann warf er mir diesen Blick zu. Dieser Blick schmerzte unheimlich, es lag Enttäuschung und Unverständnis darin.
Die Jahre vergingen und ich hatte noch immer keine Freunde gefunden. Meine einzigen Freunde waren meine Bücher. Ich las jeden Tag mehrere Stunden, nur mit einem Buch in der Hand fühlte ich mich wohl. Alles war einfach besser in all den bunten Fantasiewelten, wo hinter jeder Ecke ein Abenteuer wartete, das es zu bewältigen gab.
Mein Vater warf mir noch immer manchmal so einen Blick zu, aber je älter ich wurde, desto mehr vermied er es mich anzusehen. Er verbrachte lieber Zeit mit meinem Bruder, ging mit ihm in den Wald um Pfeil und Bogen zu schnitzen oder zeigte ihm wie man angelte. Obwohl mein Bruder so viel Aufmerksamkeit von meinem Vater bekam, liebte ich ihn trotzdem. Er konnte ja nichts dafür, dass ich anders war. Manchmal, wenn mein Vater schon schlief, schlich ich mich in sein Zimmer und kroch zu ihm unter seine Decke. Entweder erzählte er mir begeistert von den Abenteuern die er mit seinen Freunden erlebt hatte, oder ich las ihm aus einem Buch vor. Es waren zwar keine Bücher die mir gefielen, es ging meistens um einen Soldaten, der in einem blutigen Gemetzel andere Menschen in die Luft sprengte, aber mein Bruder liebte diese Bücher und ich liebte es Zeit mit ihm zu verbringen.
Kurz nach meinem zehnten Geburtstag rief mich mein Vater in sein Arbeitszimmer, was mich sehr überraschte. Es war nicht so, dass er nie mit mir sprach, meistens unterhielt er sich kurz vor dem Schlafengehen mit mir über meinen Tag oder fragte mich nach der Schule, in sein Arbeitszimmer hatte er mich aber noch nie gebeten.
Ich erinnerte mich noch, wie nervös ich gewesen war. Zu der Zeit hatte ich nämlich gerade ein Buch über einen Jungen gelesen, der auf ein Internat geschickt wurde, weil er zu schlimm war. Mir fiel zwar nicht ein, was ich verbrochen haben könnte, aber ich hatte trotzdem ein flaues Gefühl im Magen.
Als ich ihn fragte, worüber er mit mir sprechen wollte, meinte er, dass ich nach dem Sommer auf ein Gymnasium gehen würde und mein Leben nicht so weiter gehen konnte wie zuvor.
Er erklärte mir, dass ich öfters außer Haus gehen müsse und schlug mir vor, einen Sport zu machen.
Auf dem Tisch hatte er ein paar Broschüren liegen. Die meisten waren für Tanzworkshops, mein Vater hatte mich wohl dabei beobachtet, wie ich heimlich in meinem Zimmer getanzt hatte. Ich sehe noch heute seinen Blick vor mir, er sah nicht enttäuscht aus, eher als hätte er sich etwas Schlimmes eingestanden und versuchte jetzt das Beste daraus zu machen.
Als ich diesen Blick sah, schob ich die Broschüren weg und erklärte meinem Vater, dass ich lieber Fußball spielen gehen wollte. Ich wollte nur einmal in meinem Leben meinen Vater glücklich machen und das tat ich auch.
Er war wie Feuer und Flamme, meldete mich sofort für einen Fußballkurs an und kaufte mir einen Haufen Bälle und ein Tor.
Ab diesem Zeitpunkt verbrachte ich meine Zeit damit, mit meinem Vater und meinem Bruder im Garten Fußball zu spielen. Zu meiner und meines Vaters Überraschung, war ich gar nicht so schlecht, zwar würde ich nie ein Profifußballer werden, aber ich war einer der Besten in meinem Team.
Aufgrund meines neuen Hobbys fand ich auch schnell Freunde in meiner neuen Schule. Eigentlich wollte ich gar nicht den ganzen Tag nur über Fußball reden, aber es tat so gut, endlich dazu zu gehören.
Ich wurde immer besser darin, mich so zu benehmen wie alle anderen. Als die Matura nahte, begannen all meine Freunde sich mit Mädchen zu treffen. Bald schon hatten fast alle eine Freundin, oft fragten sie mich, warum ich mich denn nicht auch mit einem Mädchen treffen wollte. Ich verstand überhaupt nicht, was denn so toll an Mädchen sein sollte, aber um nicht anders zu sein traf ich mich eben mit ein paar. Jedoch konnte ich mich nie für eines begeistern, was ich vor meinen Freunden aber schön für mich behielt.
Als es Zeit für die Uni wurde, begann ich auf Wunsch meines Vaters ein Jurastudium. Eigentlich interessierte ich mich kein kleines bisschen für Jura, aber ich wollte nicht schon wieder anders sein.
In der Uni gab es so einen Jungen, er hieß Ben. Irgendetwas an diesem Jungen faszinierte mich einfach unglaublich. Es kam immer öfter vor, dass ich mich am Abend mit Ben in einer Bar traf.  Er redete mir ein, dass ich mehr aus meinem Leben machen sollte, als nur immer zu versuchen dem Durschnitt zu entsprechen. Irgendwann erzählte ich ihm, dass ich früher im Geheimen gesungen und getanzt hatte, da nahm er mir das Versprechen ab, dass ich mich für ein Stipendium für ein Musicalstudium bewerben würde. Das tat ich auch und zu meinem Überraschen wurde ich sogar angenommen.
So begann ein Doppelstudium, wovon ich meinem Vater lange Zeit jedoch nichts erzählte. Ein Musicalstudium galt auf jeden Fall nicht als normal.  Obwohl ich meine ganze Zeit mit Lernen verbrachte, traf ich mich trotzdem weiterhin mit Ben. Ich konnte nur noch an ihn denken, egal wo ich war oder was ich gerade machte. Eines Tages, als wir in der Bar saßen, erzählte ich Ben davon. Er sah mich ernst an und meinte mit nüchterner Stimme, dass ich wohl schwul sei.
Das brachte mich zum Nachdenken. Konnte das wirklich sein? Immerhin hatte ich mich wirklich nie für Frauen interessiert und wollte am Liebsten den ganzen Tag mit Ben verbringen. Dieser meinte, dass er kein Problem mit meinem Schwulsein habe, aber er es leider nicht erwidern konnte.
Ich hatte aber ein Problem damit, ich wollte nicht schwul sein. Auf gar keinen Fall, das machte mich nur schon wieder anders.

Jedes Blatt hat zwei Seiten (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt