Kapitel 5

677 44 16
                                    

Stille breitete sich im Raum aus, als die Erkenntnis, dass Bea kein göttliches Elternteil hatte, die Halbgötter erreichte.

"Wie kann das sein?" Percy war der Erste, der die Frage aussprach, die allen auf der Zunge lag. "Sie hat gegen Monster gekämpft. Sie konnte mit Blackjack reden. Sie hat Ambrosia bekommen. Wie ist das möglich?"

Weder Chiron, noch Bea beantworteten die Fragen. Es würde später noch genug Zeit geben den anderen Halbbluten alles zu erklären.

"Trägst du es noch bei dir?", wollte der Zentaur stattdessen wissen und näherte sich Bea.

"Du weißt, dass es gefährlich ist", ergänzte Chiron ernst, als sie nicht antwortete.

"Es ist das Einzige, das mich jahrelang am Leben gehalten hat!", widersprach Bea schnippisch. Chiron wusste schon längst über alles Bescheid, da musste sie nicht weiter vor sich hin schweigen, sondern konnte sich gefälligst auch verteidigen.

"Du kennst die Risiken, Bea", sagte Chiron eindringlich und schaute ihr direkt in die braunen, sonst so sanften Augen. Doch jetzt waren sie mit Wut gefüllt. "Du bist schlauer als dein Vater, Bea. Mach nicht den selben Fehler."

Eine Sekunde später sprang Bea auf und stürzte sich wutgeladen auf Chiron. "Lass meinen Vater daraus!", schrie sie wutentbrannt und holte zu einem Schlag aus.

Aber Percy und Liam waren schneller gewesen. Beide Halbgötter waren zeitgleich aufgesprungen und packten nun je einen von Beas Armen.

"Lasst mich los!", keifte das Mädchen die beiden gnadenlos an und probierte sich mit aller Kraft zu befreien.

Chiron hatte sich keinen Schritt bewegt, sondern starrte Bea weiterhin ruhig und forschend an. Er hatte keine Angst vor ihr, das brauchte er nicht. Dennoch beunruhigte ihn ihr Verhalten auf eine andere Art und Weise.

"Beruhige dich, Bea", sprach der Zentaur sanft. "Wir wollen dir nichts böses, das weißt du."

"So wie du Simon nichts böses wolltest?", rief Bea vorwurfsvoll aus. "Du hast ihm das angetan! Wegen dir ist das alles passiert! Weil du zu feige warst!"

Sie probierte sich immer noch aus den Griffen der Halbgötter zu winden, aber Liam und Percy waren viel stärker. Sie würde niemals durch reine Kraft etwas gegen sie ausrichten können.

Bea war eigentlich selten wütend. Die wenigsten Leuten wagten es sie zu provozieren oder gleich anzugreifen. Und normalerweise hatte sich Bea unter Kontrolle, aber bei Chiron war das ein anderer Fall.

Sie hatte ihm nicht begegnen wollen, weil sie genau wusste, dass es auf so etwas hinaus laufen würde. Sie wäre in der Unterzahl, hätte keine Chance, könnte nicht fliehen und musste machtlos erleben, wie Chiron sie belog und sie behandelte, als wäre sie unwissend und dumm.

Sie war keines von beidem. Die Auswirkungen des Artefakts, das sie seit dem Tod ihres Vaters besaß, waren ihr gut vertraut. Und wenn sie niemand auf so eine Art behandelte, konnte sie gut dagegen ankämpfen.

Aber jetzt konnte sie es nicht. Ihre Wut und Aggression auf Chiron und alle anderen in diesem beschissenen Camp wuchs weiter und weiter, bis sie nichts anderes mehr wahrnehmen konnte.

Da war Chiron, der sie belog und für dumm verkaufen wollte. Es war seine Schuld, was Simon passiert war, aber Chiron stritt das ab. Er wagte es tatsächlich zu behaupten, dass das Artefakt das Problem wäre.

Und dann waren da noch Percy, Annabeth, Will, Nico und Liam. Sie hatte von Anfang an deutlich gesagt, dass sie niemals, unter keinen Umständen in dieses Camp wollte. Und doch brachten sie sie gegen ihren Willen hier hin und ließen sie mit Ambrosia unvorstellbare Schmerzen durchleben. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt überlebt hatte.

Drachenauge || Percy Jackson ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt