Kapitel 9

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Die nächsten Tage vergingen wie im Flug.

Bea genoss es, sich nicht selber um alles kümmern zu müssen. Sie hatte immer ein gemütliches Bett, in dem sie schlafen konnte, es kamen keine Monster, die sie angriffen und ums Essen musste sie sich auch nicht kümmern. Es fühlte sich an wie ein 5 Sterne Hotel. Nur ohne die Sauna und den Whirlpool.

Am vierten Tag kam Percy auf sie zu. Zwischendurch hatte sie ihn und seine Freunde gesprochen, aber meist hatte sie alleine das Gelände erkundigt und die Ruhe genossen. Sie fand es hier deutlich schöner als in den überfüllten Straßen New Yorks.

"Chiron würde dich gerne mal sprechen", erklärte der Sohn Poseidons und lächelte sie freundlich an. "Du bist ihm scheinbar seit vier Tagen erfolgreich aus dem Weg gegangen."

"Das war keine Absicht", erwiderte Bea. Eine Lüge. Selbstverständlich war sie Chiron aus dem Weg gegangen. "Ich werde gleich zu ihm gehen."

Percy zog grinsend die Augenbrauen hoch. "Geh doch lieber jetzt, sonst vergisst du es noch. So ganz ohne Absicht natürlich." War ja klar, dass er sie durchschaute. "Hör mal, Bea", sein Ton wurde ernster, "Chiron will dir nichts böses. Niemand hier will das. Also lass dich doch einfach drauf ein."

Bea wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, also nickte sie bloß. "Ich werde dann jetzt zu Chiron gehen. Wenn er mir den Kopf abreißt, bist du Schuld. Nur damit das klar ist."

"Als wenn Chiron gegen dich eine Chance hätte" erwiderte Percy amüsiert. "Ich würde dich außerdem mal gerne beim Training sehen. Ein paar hier könnten sicherlich etwas von dir lernen."

"Keine Sorge, Wasserratte. Ich bring dir schon noch bei, wie du einen Werwolf fertig machst." Mit diesen Worten wandte sich Bea ab und ging zum Haupthaus. Sie hatte sich schon lange genug vor diesem Gespräch gedrückt.

Die Eingangstür war wie immer offen, also konnte Bea ungehindert eintreten. Auch die Tür zu Chirons Büro stand einen Spalt offen, aber sie klopfte zunächst, um dann auf das gerufene "Herein" reinzugehen.

"Percy hat gesagt, dass du mich sprechen wolltest."

"Ja, das stimmt. Willst du dich setzen?", bot Chiron freundlich an und deutete auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Heute saß auch Chiron - wohl nicht auf einem normalen Stuhl, sondern in seinem magischen Rollstuhl. Wieso er das tat, wusste Bea nicht aber es gefiel ihr, nicht zum Zentaur hochschauen zu müssen.

"Wie geht es dir, Bea? Gefällt es dir hier im Camp? Ich hoffe, deine Mitbewohner haben dich freundlich empfangen."

"Wieso der Smalltalk?", fragte Bea skeptisch, antwortete dann aber, als Chiron sie bloß erwartungsvoll anblickte. "Ist ganz nett hier. Meine Wunde ist fast vollständig verheilt und Lou ist auch ganz nett."

"Das freut mich zu hören", sagte Chiron und schien sich ehrlich darüber zu freuen, dass Bea im Camp gut klarkam. "Also ziehst du es in Betracht hier zubleiben?"

"Ich weiß nicht", gestand Bea. "Es ist ja alles schön und gut, aber ich bin anderes gewohnt."

"Und was, wenn ich fragen darf?"

Bea zögerte. Bis vor vier Tagen hatte sie Chiron abgrundtief gehasst und hätte sich niemals vorstellen können, mit ihm ein vernünftiges Gespräch zu führen. Aber hier saß sie nun und überlegte ernsthaft ihm etwas zu erzählen.

"Seit Mom gestorben ist...", fing sie zögerlich an. Sie hatte noch nie jemandem davon erzählt. "Ist es nicht so leicht für mich. Ich bin erst 17, aber ich wollte nicht ins Heim, also muss ich mir seitdem andere Orte suchen, wo ich schlafen und essen kann."

"Wie lange ist es her?", fragte Chiron mitfühlend nach. Ausnahmsweise machte Bea das Mitleid nichts aus, da sie wusste, dass auch Chiron mit dem Verlust zu kämpfen hatte.

"2 Jahre."

"Das tut mir leid."

Stille breitete sich im Raum aus, als beide ihren Erinnerungen an Alessia nachhingen. Nach ein paar Minuten räusperte sich Chiron. "Du bist hier immer willkommen, Bea."

"Das weiß ich", gab sie zurück und zwang sich ein Lächeln auf. "Aber ich werde nicht immer hierbleiben. Es gibt Dinge, die erledigt werden müssen."

"Deine Jagd auf Monster?" Bea schaute den Zentaur überrascht an. "Annabeth hat mir davon erzählt."

"Und? Willst du mir jetzt sagen, dass es gefährlich ist? Dass mich die Monster töten könnten? Dass ich die Kontrolle über das Drachenauge verlieren könnte?"

"Das weißt du selbst gut genug", Chiron schüttelte den Kopf und seufzte einmal. "Aber du könntest es in Betracht ziehen, andere um Hilfe zu fragen."

"Alleine kann man am besten arbeiten", widersprach Bea. "Die Monster sind das geringste Problem."

Chiron zog erstaunt die Augenbrauen hoch und Bea realisierte, dass sie zu viel gesagt hatte. "Was ist dann das Problem?"

"Nichts", winkte Bea ab, "ich komm schon klar." Sie konnte Chiron wohl schlecht davon erzählen, dass nicht nur Monster das Drachenauge in die Hand bekommen wollten, sondern auch Halbblute.

Bis jetzt war es meistens nur Zufall gewesen, wenn sie auf ein Halbblut getroffen war, das ihr Artefakt erkannte und für sich beanspruchen wollte. Aber irgendwann würde es ans Licht bekommen, dass sie ein Drachenauge besaß und das würde Probleme mit sich bringen.

Chiron wusste, dass ihm etwas verheimlicht wurde, aber er ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen schob er Bea die Haarnadel über den Schreibtisch zu, welche sie beim letzten Mal in der ganzen Hektik nicht mitgenommen hatte.

"Danke." Bea nahm sich die Haarnadel und strich über die vertraute Spitze. Sie hatte sie von ihrer Mutter geerbt und seitdem trug sie sich immer bei sich. Die etwa zehn Zentimeter lange Nadel war zwar sehr altmodisch, aber nach ein paar Monaten des Übens, konnte Bea ihre Haare nun zu einer vernünftigen Frisur stecken und im Kampf gut damit umgehen.

"Du kannst gehen, wenn du möchtest", sagte Chiron schließlich. "Denk einfach daran, dass du bei Problemen mit mir reden kannst - oder auch mit Annabeth und Percy. Wenn du das Camp verlässt, könntest du ja vielleicht vorher Bescheid geben."

"Okay", stimmte Bea zu ohne lang drüber nachzudenken. Ob sie auf Chirons Angebote eingehen wollte, könnte sie immer noch wann anders entscheiden. Dann stand sie auf und verließ das Haupthaus.

Vielleicht waren Chiron und Camp Half-Blood doch gar nicht so schlimm.

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Hallo zusammen,

heute nochmal ein etwas kürzeres Kapitel :0

Ich hoffe, ihr hattet einen guten Start in die Woche. Ich bin zwar unheimlich müde, aber der erste Tag ist schon mal geschafft. Folgen ja nur noch 4 weitere XD

Bis Donnerstag, thegreeni

Drachenauge || Percy Jackson ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt