⋆ ⊱ 3 ⊰ ⋆

93 6 0
                                    

Hört euch das Lied oben an (dann versteht ihr vllt. auch den Anfang des Klappentextes besser) :)

~~~~~~~~~~

"Joy! Joy! Joy! Joy! Joy!" Aufgeregt riss Jay die Tür zum Wohnwagen auf, rannte an seinen mehr oder weniger irritierten Eltern vorbei und in sein Zimmer, welches er sich mit seiner Schwester teilte. Dabei wiederholte er immer wieder schnell hintereinander ihren Namen.

"Was gibt's, Jay?" Jocelyn sah nicht einmal von ihrem Buch auf, als ihr Bruder ins Zimmer stürzte.

Inzwischen teilten sie sich natürlich nicht mehr dasselbe Bett, sondern jeder hatte eines; Jays stand an der linken Wand und Jocelyns gegenüber der Tür unter einem Fenster. Da der Wohnwagen allerdings nicht gerade groß war, mussten die beiden sich mit einem gemeinsamen Zimmer begnügen. Manchmal war das nervig (zum Beispiel, wenn sie sich umzogen, weil dann immer einer von ihnen ins Badezimmer gehen musste) aber grundsätzlich kamen sie klar.

"Du wirst nicht glauben, was gerade passiert ist!" Während Jay zu erzählen begann, schmiss er seinen selbst erfundenen Flugapparat sowie seine Pilotenbrille achtlos zur Seite. Er setzte sich neben Joy aufs Bett, welche sich nun ebenfalls aufrichtete, und berichtete davon, wie seine gebastelten Flügel scheiterten, er abstürzte und auf dem Dach eines Hochhauses landete. "Und da saß plötzlich so ein alter Mann mit langem, weißen Bart und der meinte so, hey, willst du ein Ninja werden? Und ich nur: Klar, auf jeden Fall!" Jay hielt inne. "Gut, so einfach war das dann doch wieder nicht, aber der springende Punkt ist, dass ich bald zum Ninja ausgebildet werde!" Er strahlte über beide Wangen. "Ist das nicht abgefahren? Oh, ich sollte packen!" Wie von der Tarantel gestochen rannte Jay durchs Zimmer, stopfte wahllos Klamotten in eine Tasche und bemerkte dabei gar nicht Joys betretenen Blick.

"Ähm... Jay, ich freu mich echt für dich und so, aber, äh..." Sie strich sich eine ihrer dunklen Strähnen aus dem Gesicht. "Was wird dann aus mir? Aus uns? Gehst du etwa ohne mich weg?"

Jay hörte auf, zu versuchen, seine überfüllte Tasche gewaltvoll zu schließen, und sah mit aufgerissenen Augen zu seiner Schwester. "Oh...", machte er. "Daran... hab ich nicht gedacht... Aber das wird schon, ich meine, ich bin ja nicht ewig weg."

Joy meinte, sich verhört zu haben. "Also willst du wirklich einfach gehen und mich zurücklassen?"

"Du hast doch noch Mum und Dad!", versuchte er, sie aufzumuntern. "Außerdem sind wir keine Kinder mehr, Joy. Irgendwann werden sich unsere Wege sowieso trennen, spätestens dann, wenn wir einen eigenen Beruf haben und Familien gründen."

"Du bist meine Familie, Jay", betonte sie und ballte dabei die Hände vor Wut zur Faust. "Und du hast mir ein Versprechen gegeben, immer für mich da zu sein, erinnerst du dich?"

"Ja... Aber das war vor Ewigkeiten, da waren wir fünf Jahre alt! Und ich bin ja nicht aus der Welt." Tröstend legte er eine Hand auf Joys Schulter. "Eines Tages werde ich zurückkommen, und dann hast du einen Bruder, auf den du stolz sein kannst. Einen Bruder, der ein Ninja ist!"

"Ich will dich aber so, wie du jetzt bist." Sie schlug Jays Hand weg und hoffte, die aufkommenden Tränen unterdrücken zu können. "Und ich will nicht, dass unsere Wege sich jetzt schon trennen..." Oder überhaupt irgendwann. "Bitte, Jay..." Flehend sah Joy ihrem Bruder in die Augen. "Bitte geh nicht."

Jay wich ihrem Blick aus. "Ich werde morgenfrüh aufbrechen."

Joy wich zurück, als hätte Jay sie geschlagen, doch dann entschied sie, dass sie es leid war, zu weinen, und ihre Trauer wurde durch Wut ersetzt. "Schön, dann hau doch ab", zischte sie, stieß Jay zur Seite und stapfte aus dem Raum.

"Jocelyn? Liebes, wo gehst du hin?", fragte Edna besorgt, doch Joy antwortete nicht. Sie lief nach draußen zu ihrem Vater, der an einem Auto herumhantierte, und fragte, ob sie sich den Autoschlüssel borgen könne. "Klar, aber fahr vorsichtig und sei vor Anbruch der Dunkelheit zuhause."

Ed wollte noch fragen, ob Joy geweint hatte, doch dazu kam er nicht, da sie bereits im Auto saß und wegfuhr.

-

Als sie am Abend wieder nach Hause kam, schlief Jay bereits. Zumindest sah es so aus, denn er tat eigentlich nur so. Stumm legte Joy sich in ihr Bett und versuchte, zu schlafen.

Am nächsten Morgen wurde sie durch die Strahlen der aufgehenden Sonne geweckt. Neben sich fand sie einen Brief, doch von Jay keine Spur.

Joy,

Ich bin auf dem Weg, um Meister Wu aufzusuchen. Mum und Dad wissen Bescheid. Sie werden von nun an auf dich aufpassen. Keine Sorge, ich werde irgendwann wiederkommen, versprochen. Bis dahin hast du Mr Bär, der dir Gesellschaft leistet.

Bis bald,

- Jay

Aufgewühlt krümpelte sie den Zettel zusammen und warf ihn in den Mülleimer. Ihr Blick blieb an Mr Bär hängen, den sie sich in den vergangenen Jahren mehr oder weniger mit Jay geteilt hatte. Traurig nahm sie den Bär an sich und rollte sich auf ihrem Bett zusammen.

-

Die nächsten Wochen hörte sie so gut wie nichts von Jay. Sie half ihren Eltern auf dem Schrottplatz und lebte ihr Leben wie bisher, aber doch komplett anders, denn ihr bester Freund, mit dem sie alles gemacht hatte, war nicht mehr bei ihr.

Eines Abends fasste Joy einen Entschluss. Sie packte sich eine kleine Tasche mit Klamotten, Proviant, etwas Geld und - nach einigem Zögern - Mr Bär und verließ den Schrottplatz, ohne Lebewohl zu sagen oder zurückzublicken.

Das Einzige, was sie ihren Eltern hinterließ, war ein Zettel auf dem Küchentisch mit der Nachricht:

Mir geht's gut, macht euch keine Sorgen. - Jocelyn

Sie war als Kind allein gewesen, also konnte sie jetzt, als Teenager, sicher auch allein zurechtkommen. Womöglich würde sie ihre Eltern vermissen, doch ohne Jay wollte sie nicht auf dem Schrottplatz leben.

Als ihr der Vorrat an Essen und Geld ausging, fiel Joy in alte Muster zurück und begann, wieder zu stehlen. Nach bloß einem halben Jahr wurde sie die beste und meist gesuchte Diebin Ninjagos. Da man sie nie erwischte und keiner je ihr Gesicht sah, nannten die Bewohner der Stadt sie bloß Das Phantom. Es dauerte eine Weile, doch Joy lernte, ihr neues und gleichzeitig altes Leben zu mögen.

Derweil trainierte Jay mit Sensei Wu, Cole und Zane in einem Kloster, um zum Ninja ausgebildet zu werden. Oft genug dachte er an Joy, schaffte es aber nie, sich zu überwinden, ihr einen Brief zu schreiben, sondern bat seine Eltern immer bloß, ihre Grüße auszurichten. Eines Tages stand in Ed und Ednas Antwort, Joy sei von Zuhause weggelaufen.

Und das war für lange Zeit das letzte, was irgendwer von Jocelyn Walker hörte.

~~~~~~~~~~

Die ersten drei Kapitel sollten eigentlich der Prolog werden, das wäre aber sehr lang gewesen. Wundert euch nicht, von jetzt an wird aus der Ich-Perspektive geschrieben.

𝐃𝐚𝐫𝐤 𝐒𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰𝐬 // 𝐂𝐨𝐥𝐞 𝐇𝐞𝐧𝐜𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt